Bochum. .

In der Innenstadt, wo viele rote Ampeln stehen, „gibt es kein Auto, das schneller ist als wir“. Das sagt der Streifenpolizist Kevin Ehnert. Er gehört zur Fahrradstaffel des Bochumer Polizeipräsidiums.

„Wir sind Exoten“, sagt der Fahrrad fahrende Polizeikommissar Kevin Ehnert. Viele Bürger, die sie auf der Straße im Sattel sähen, hätten sofort ein Bilderrätsel im Kopf: „Fahrrad? Polizei? - Finde den Fehler!“

Der 31-Jährige ist einer von vier Bochumer Polizeikräften, die nur mit Muskelkraft Streife fahren. Zu der Staffel gehören auch Jennifer Jung, Volker Specht und Stefan Heimbach. Gegenüber motorisierten Streifenbeamten haben sie viele Vorteile: Sie sind beweglicher und spurtschneller, kommen auch in unzugängliche Ecken, sind häufig in Fußgängerbereichen unterwegs und viel spontaner ansprechbar für die Bürger. Man werde auf der Straße, sagt Ehnert, „absolut wahrgenommen“. Allein der große Schriftzug „Polizei“ auf den strammen Oberschenkeln ist ein Hingucker.

„Bisher haben wir nur gute Resonanz bekommen“

Die kleine Fahrradstaffel ist ein Pilotprojekt. Seit April - und zunächst bis September - probiert die Polizei aus, wie nützlich die Radprofis in Uniform sind. „Bisher haben wir nur gute Resonanz bekommen“, sagt Ehnert. Vor allem strampeln sie zwar in Wattenscheid, wo ihre Heimatwache steht, sie kommen aber auch mal in andere westliche Stadtgebiete von Bochum.

Ihr Fahrrad sieht völlig zivil aus, in der Satteltasche aber steckt alles, was ein Streifenpolizist so braucht: Alko- und Drogentester, Kamera, Zahlgerät für Ordnungsbußen, Formularordner. Außerdem tragen die sportlichen Beamten ein Funkgerät bei sich, Handschellen, Handschuhe, Pfefferspray und eine Pistole. Und sie fahren nur mit Helm. Die Polizei muss Vorbild sein.

Das Fahrradfahren auf Gehwegen ist das absolute Topthema

Das absolute Topthema der Fahrradstaffel ist das Fahren auf dem Bürgersteig. Das ist im Regelfall zwar verboten, aber viele Radler meinen, dass sie dort sicherer sind als auf der Autostraße. Polizeioberkommissar Stefan Heimbuch (32), auch privat leidenschaftlicher Radsportler, widerspricht dem aber: „Wir müssen den Leuten klarmachen, dass das ein Trugschluss ist. Dieses Sicherheitsgefühl sei nur ein subjektives. Auf Gehwegen gebe es mehr Radunfälle als auf der Straße. Autos würde dort oft ein- und ausparken und aus Einfahrten hervorkommen. Außerdem würde unterschätzt, wie stark Fußgänger durch Radfahrer erschrocken seien. „Der Bürger klatscht Beifall, wenn wir einen ansprechen.“ Wer als Radfahrer auf dem Gehweg erwischt wird, muss mindestens fünf Euro abdrücken, in der Fußgängerzone zehn Euro.

„Lobby für Radfahrer“

Dennoch begreifen sich die Fahrrad-Polizisten als „Lobby für Radfahrer“. Man sehe „die Welt aus der Sicht der Radfahrer“ und habe ein Auge darauf, wie sich andere Verkehrsteilnehmer gegenüber Radfahrern verhalten. Gemeint sind zum Beispiel Falschparker auf Radwegen. In der Satteltasche haben die Beamten auch Knöllchen griffbereit. Ohnehin sei es für sie „kein Problem, auch Autos anzuhalten“. Zumal in der Innenstadt: „Da gibt es kein Auto, das schneller ist als wir“, sagt Ehnert. Wegen der vielen roten Ampeln.

„Ältere Menschen freuen sich total, wenn sie uns sehen“

Oft ziehen die Beamten aber an abgelegenen Orten ihre Kreise, wo ein Polizeiwagen nicht hinkommt, weil es dort schlecht befahrbar ist. Etwa auf Friedhöfen, wo immer wieder Grabschmuck aus Kupfer gestohlen wird. „Ältere Menschen freuen sich total, wenn sie uns sehen“, sagt Heimbuch. Außerdem gehen sie Bürgerhinweisen nach: zum Beispiel auf illegale Müllkippen und Probleme auf Bolzplätzen. Aber auch Verkehrsunfälle und Ladendiebstähle nehmen sie vor Ort zu Protokoll. Und auch bei der Verkehrserziehung in Schulen sind die Fahrrad-Polizisten aktiv beteiligt.

Ein Problem in allen Großstädten ist für viele Radler das Radwegenetz und seine Qualität. Heimbuch sagt dazu: „Für alle Radfahrer ist es wünschenswert, wenn die Radwege weiter ausgebaut werden.“

25 bis 35 Kilometer radeln die Polizisten an einem Tag. Sie hoffen, dass das auch ab September so weitergeht, wenn das Pilotprojekt endet. „Ziel ist es, dass man das flächendeckend macht, in ganz Bochum“, sagt Kevin Ehnert. Die Polizeiführung wird dann entscheiden.