Bochum. .

Ein toter kleiner Specht stoppte vor gut fünf Wochen alle Rodungen: In Grumme hatte der Unternehmer Reich mit seinen Betriebsexpansionsplänen an der Vierhausstraße Nachbarn gegen sich aufgebracht.

Denn das Bundesnaturschutzgesetz verbietet Baumfällungen während der Nistzeit der Vögel. Nachdem Reichs Nachbar Andreas Böker, Sprecher der Interessengemeinschaft Vierhausstraße, dann einen kleinen Specht verletzt auf dem Gehweg gefunden hatte, der trotz Versorgung kurz darauf starb, waren Tierschützer alarmiert. Böker verständigte die Behörden.

Stadt stoppte Fällungen

Die Folge: Die Stadt Bochum als Untere Landschaftsbehörde stoppte die Fällungen. Die Bezirksregierung in Arnsberg sanktionierte die Entscheidung, die Baustelle stillzulegen, zunächst bis zum Ende der Nistzeit. Maßgabe war, dass Gutachter das Gelände in Augenschein nehmen.

Das ist auf Veranlassung der Stadt in der Zwischenzeit geschehen. Michael Grothe, Leitung Naturschutz, Landschaft und Grünplanung, erklärte dazu auf WAZ-Anfrage: „Das Ergebnis war eindeutig; danach gilt keine gefährdete Vogelart als betroffen.“

Es wurden keine Nester gefunden

Berthold Witteler vertritt Firmenchef Herwarth Reich als Rechtsanwalt. „Es wurden keine Nester gefunden. Während eines anschließenden Treffens zwischen Grünflächenamt, Arnsberg und dem Unternehmer wurde dann die Situation erörtert.“

Dazu Julia Beuerlein, Sprecherin der Bezirksregierung: Das Bundesnaturschutzgesetz erlaube unter bestimmten Bedingungen die Befreiung von Vorschriften, in diesem Fall vom Einhalten der Brutphase. „Bei diesem Termin wurden erstmals Argumente vorgetragen, die auch in unseren Augen ein überwiegendes öffentliches Interesse am Fortgang der Arbeiten bestätigten.“ Bereits tags darauf sind laut Rechtsanwalt Witteler die restlichen Bäume abgesägt worden. „Den grünen Schutzstreifen zur Autobahn A40 hin will Reich stehen lassen.“ Ohnehin sei festgestellt worden, dass 40 Prozent der Bäume krank gewesen sei, doch auch dort habe kein Vogel genistet.

Anwohner bleibt misstrauisch

Anwohner Andreas Böker bleibt misstrauisch. „Klar habe ich die fortgesetzten Baumfällungen mit dem Fernglas genau beobachtet.“ Böker räumt indes ein, dass ihm während dieser Arbeiten kein Vogel aufgefallen sei, der etwa von der Säge aufgeschreckt und vertrieben worden sein könnte.

Das Bochumer Unternehmen Reich, das in diesem Jahr 65 Jahre alt wird, steht unter Zeitdruck, um Verträge einhalten zu können. Anwalt Berthold Witteler: „Eigentlich war der Umzug für die Woche nach Weihnachten geplant.“ Reich baut Kupplungen für die Industrie, für Schiffe, für Windräder und Bagger. Neben der Montagehalle entsteht auch ein neues Sozialgebäude auf dem Grundstück, das Reich einst von der Stadt erworben hat. Mehr als fünf Millionen Euro investiere Reich in die Betriebserweiterung und in neue Umwelttechnik. Damit verbunden sei ein Aufstocken der Belegschaft von jetzt 100 auf dann 120 Mitarbeiter.