Bochum. . In der Wohnung des Bochumers Willi Hartmann weht ein Hauch von Geschichte. Der Vermessungstechniker hat über viele Jahre eine historische Sammlung mit alten Dokumenten und Reliquien der Stadt Bochum zusammengetragen. Die WAZ hat ihn besucht.
Dieser Ort ist ein wahres Museum, auch wenn man von der unscheinbaren Fassade des Hauses in Bochum-Ehrenfeld kaum darauf schließen würde. Tritt man aber in die Wohnung des „Bochumer Willi“ ein, spürt man förmlich den Hauch der Geschichte. An den Wänden und in den Schränken gibt es kaum einen Platz, an denen sich nicht Reliquien der Bochumer Zeitgeschichte finden lassen.
Willi Hartmann lebt nicht nur in Bochum, er lebt Bochum. Die Sammelleidenschaft des 1939 geborenenen VfL-Fans begann mit der Dortmunder Übernahme der Schlegel-Brauerei Ende der 60er-Jahre. Bei einem Gang über den Flohmarkt entdeckte er einen Krug der alten Bochumer Brauerei. „Von da an war der Virus geweckt“, erzählt Willi: „Das ist mein Hobby, ich gehe dafür nicht in Kneipen oder Peep-Shows, rauche nicht und fahre kein Auto.“
„Richtig Geld reingesteckt“
In sein Hobby hat Willi mittlerweile „richtig Geld reingesteckt“ und das sieht man: Durch den Flur geht es vorbei an historischen Büchern, Zeichnungen und Aufnahmen Bochums, im Wohnzimmer hängen Bierkrüge, stehen Statuen und Bochumer Allerlei in allen möglichen Formen und Farben. Sogar auf der Toilette findet sich etwas: gerahmte Aufnahmen von Ruhr2010.
Besonders stolz ist Willi auf seine Ansichtskarten. Etwa 1000 Stück besitzt er schon, die teuerste ist eine von der Ümminger Brauerei aus dem Jahre 1923 – sie hat 160 Euro gekostet. Überhaupt waren die 20er-Jahre die schönsten für Willi. „Die Industrie hat geboomt und alles ist aufgeblüht“, sagt er und zeigt auf das prunkvolle Gebäude der alten Knappschaft auf einer seiner Ansichtskarten, ohne dabei die heutigen Zeiten zu verschmähen: „Bochum ist immer noch toll, mit seinen jungen Menschen und dem Bermuda-Dreieck, auch kulturell.“
Wer etwas lernen will, ist bei Willi genau richtig. Der ehemalige Vermessungstechniker verfügt nämlich auch über das entsprechende Wissen zu seiner Sammlung – bis in die Zeit von Baronen und Grafen. „Fiege gab es immer schon mit dem Plöpp“, fängt Willi locker an: „Früher aber hieß das Fiege-Bier noch Bochumer Löwenbräu. Dann gab es Ärger mit den Münchnern und sie mussten das Bier umbenennen“, sagt er und hält als Beweis einen Bierkrug in die Höhe.
Er besitzt auch den ersten Bochumer Poststempel von 1817
Noch höher geht es her, wenn Willi erst einmal seine Alben geöffnet hat – dann kommt man aus dem Staunen kaum noch heraus: Ob über eine Landkarte von „Bockum“ aus dem Jahr 1762, den ersten Bochumer Poststempel von 1817 oder einen 20-Milliarden-Mark-Schein Notgeld. Auch über die Vorgänger der WAZ weiß Willi einiges zu berichten, eine Jahresausgabe des Bochumer Kreisblattes von 1847 hat er extra binden lassen.
Das Erbe der großen Sammlung ist jedoch noch nicht geklärt. Willi hofft darauf, dass seine Enkelkinder die Sammelleidenschaft noch entdecken und dann fortführen. Und wenn nicht? „Ich bin sehr stolz auf die Sammlung und will auf keinen Fall, dass alles verkauft wird. Dann würde ich es dem Stadtarchiv spenden.“
Wer als Sammler mit dem „Bochumer Willi“ in Kontakt treten will, meldet sich unter 0234 335798.