Bochum. Bachelor-Studenten des Geografischen Instituts der Ruhr-Uni haben im Rahmen eines Projektseminars „Neue Lust auf die Stadt“ zwei Rundgänge durch die Quartiere Ehrenfeld und Griesenbruch entwickelt. Buhlen um Stadt-Fans ist lokalpolitisch brisant.
Ein Mutter-Kind-Café, viele kleinen Läden, ein Park gleich um die Ecke, und über allem thront das Schauspielhaus – das Bochumer Ehrenfeld scheint der ideale Lebensraum für den gemeinen Urbaniten, Stadtmenschen.
Urbaniten sind überzeugte Stadtmenschen. Selbst eine Familiengründung kann sie nicht für die Vorzüge der Vorstadt-Idylle erwärmen. Ein Gruppe von Bochumer Geografiestudierenden hat sich im Rahmen des Projektseminars „Neue Lust auf Stadt“ auf die Spuren dieser begehrten Bevölkerungsgruppe begeben. Herausgekommen ist dabei ein werbeträchtiger Stadtführer durch die Quartiere Ehrenfeld und Griesenbruch.
„Re-Urbanisierung ist als Trend der modernen Stadtentwicklung ein hoch aktuelles wissenschaftliches Forschungsgebiet“, sagt Anna Nelting, die das Seminar geleitet hat. Dieser Trend bedeutet allerdings nicht, dass die Stadt tatsächlich wächst: Sub-Urbanisierung, also der Umzug in die Vorstädte, ist nach wie vor das dominante Muster der Stadtentwicklung.
„Jung und hip“
Das Comeback der Stadt bezieht sich auf Teilräume. „Zuzugsprozesse gibt es nur selektiv“, stellt Nelting klar. „Auch im Ehrenfeld und im Griesenbruch können wir weniger ein Bevölkerungswachstum, sondern eher eine qualitative Veränderung des Lebensraums beobachten.“ Die Aufgabe der Bachelor-Studenten war es daher, Rundgänge zu konzipieren, in denen diese qualitativen Veränderungen sichtbar werden.
Zwei Rundgänge sind in dem Stadtführer beschrieben, für dessen Druck die Stadt als Kooperationspartner gewonnen wurde. Sie führen vorbei an sehenswerten Orten der Viertel – mit Schwerpunkt auf den lebensräumlichen Interessen von „Urbaniten“: So taucht der Hochbunker am Springerplatz als das künftige Zentrum für „kreative Arbeitsplätze im Griesenbruch“ auf, im Medienhof 17a tummeln sich sich „kreative Dienstleistungsunternehmen auf engstem Raum“ und das „Viertel Vor“ ist „Kultur- und Kreativmeile“. Kinderspielplätze und Parks ergänzen das Angebot für junge, gut ausgebildete Familien – wobei das Ehrenfeld laut Stadtführer bereits „jung und hip“ ist, während das Blaubuchsenviertel Griesenbruch mit günstigem Wohnen in zentraler Lage und einem multikulturellen Flair wuchern kann.
Buhlen um die Kreativwirtschaft
Das Buhlen der Städte um die heiß begehrte „Kreativwirtschaft“ schlägt sich im Stadtführer nicht aus Versehen nieder. „Die Studenten hatten die Aufgabe, die Qualitäten der Viertel zielgruppenorientiert herauszustellen“, sagt Nelting. Re-Urbanisierung ist nicht nur wissenschaftlich, sondern auch lokalpolitisch ein brisantes Thema. Das Ruhrgebiet braucht einkommensstarke Zuzügler und beschwört deshalb unermüdlich die eigene Attraktivität. „Die Ruhrgebiets-Städte können sich im Wettbewerb weniger als Ganzes, sondern vor allem über bestimmte Quartiere positionieren“, meint die Geografin. An der im Kulturhauptstadtjahr bis an die Grenzen der Belastbarkeit beschworenen „Kreativwirtschaft“ scheint man in dieser Positionierung vorerst nicht vorbei zu kommen.