Bochum..
Das Schild „Ladenlokal zu verkaufen“ hängt immer noch vor dem wohl berühmtesten Tante-Emma-Laden Bochums, aber eigentlich hat sich Elli Altegoer längst entschieden. Seit 42 Jahren sorgt die 72-Jährige nun schon an der Ecke Farnstraße/Königsallee für ihre Kunden, egal ob Schüler, Rentner oder Schauspiel-Prominenz – und das soll auch so bleiben: „Mein Verstand sagt mir, ich bin zu alt, aber mein Herz hängt an diesem Laden. Ich liebe jeden Stein hier auf dem Boden."
Vor einigen Wochen keimte in Elli der Gedanke auf, dass sie in einem Alter ist, in dem man über den Ruhestand nachdenken müsste. „Ich will hier nicht mit den Füßen voran herausgetragen werden. Die Kinder, die hier vor 42 Jahren eingekauft haben, kommen jetzt mit ihren Kindern vorbei. Und die alte Elli, die ist immer noch hier“. Deshalb holte sich die Frau, die in Bochum beinahe eine Institution ist, erste Angebote ein, mit sehr guter Resonanz.
Immer mehr Leute versuchten, Elli Altegoer zum Bleiben zu bewegen.
Aber Bochum ohne Elli? Schwer vorstellbar, auch für die Menschen in der Umgebung. Und so versuchten immer mehr Leute, Elli zum Bleiben zu bewegen. Da kam der 72-Jährigen die Einsicht, in Zukunft nicht nur Rommé spielen zu wollen: „Ich kümmere mich gerne um die Menschen hier. Wenn jemand mit einem guten Angebot auf mich zukam, bin ich stets sofort zurückgeschreckt.“
Elli, die gute Seele Ehrenfelds, ist eine Frau nach guter alter Ruhrpott-Manier. Vor 42 Jahren, als es noch an jeder Ecke Tante-Emma-Lädchen statt Supermärkten gab, übernahm sie den Laden von ihrem Bruder, eigentlich nur vorübergehend, weil die Schwägerin schwanger war. Dann folgte aber direkt das zweite Kind und Elli entschied sich, „dem netten Umfeld“ treu zu bleiben und den Laden zu behalten.
Der Kontakt zu den Menschen war und ist ihr dabei das Wichtigste. „Vom ersten Tag an“, habe sie sich dem Viertel zugehörig gefühlt: „Die Chemie stimmt - bis heute. Das hier ist meine Berufung“, sagt sie und bedient den nächsten Kunden, natürlich nicht ohne ein nettes Pläuschchen. Elli hilft, wo sie kann, ob eine Seniorin Medikamente von der Apotheke braucht oder ein Jugendlicher Tipps für das erste selbst gekochte Mahl mit der Freundin.
"Große Überschüsse spende ich“
Anfangs hatte Elli als junge Frau noch zu kämpfen, musste zunächst „abenteuerliche Zustände“ überwinden, bevor der Laden rund lief. Reich zu werden, darum ging es Elli jedoch nie. „Mir reicht es, wenn ich das raus bekomme, was ich reingesteckt habe. Große Überschüsse spende ich“, sagt sie ganz bescheiden.
Heute läuft das Leben im Laden für Elli nicht anders als vor 42 Jahren, ausgepowert ist sie deswegen aber noch lange nicht. Im Gegenteil: Jeden Tag steht sie um vier Uhr morgens auf, um Punkt sechs Uhr das Geschäft aufzuschließen. Nach Ladenschluss, um 18 Uhr, könnte man annehmen, dass Elli erschöpft ins Bett fällt – aber von wegen, am Abend schwingt sie sich aufs Fahrrad, geht Schwimmen oder mit ihrem Münsterländer spazieren. Ihr Geheimnis, um auch im Alter fit zu bleiben.
„Ich bleibe hier – auf jeden Fall“
Und so bleiben Elli und ihr Tante-Emma-Laden der Stadt Bochum weiterhin erhalten, „solange es geht.“ Die Schüler müssen nicht auf ihre Gummibärchen verzichten, die Senioren nicht auf ihren Kaffee und die Handwerker nicht auf ihre Brötchen. „Ich bleibe hier – auf jeden Fall“, verspricht Elli und fügt lächelnd an: „Außerdem, was sollten die alten Tanten ohne mich denn machen?“