Bochum.

Zwölf Minuten Schlussapplaus im Schauspielhaus: Regisseurin Katharina Thalbach liefert mit „Cyrano de Bergerac“ einen Publikumsrenner ab und kann sich dabei auf ihren Hauptdarsteller Armin Rohde voll verlassen.

Na, das war ja zu erwarten: Zwölf Minuten Schlussapplaus im proppenvollen Schauspielhaus machten am späten Sonntagabend auch dem Letzten klar, dass „Cyrano de Bergerac“(Hauptrolle Armin Rohde) ein Publikumsrenner werden wird. Wetten aufs Gegenteil wurden schon nicht mehr angenommen, seit fest stand, dass die Februar/März-Vorstellungen sämtlich so gut wie ausverkauft sind. Was für RTL das Dschungelcamp, ist für das Schauspielhaus der Cyrano de Bergerac: ein echter Quotenbringer.

Flinke Klinge

Bühnen-Bochum feierte seinen an Film und Fernsehen verloren geglaubten Sohn Armin Rohde mit einer Herzlichkeit, die seiner Popularität ebenso geschuldet sein mochte wie dessen darstellerischer Kunst. Tatsächlich ist Cyrano DIE Rolle für Rohde, ihm glingt die Anverwandlung perfekt: das Liebessehnen, das Polternde, der Hochmut, die Scheu, die flinke Klinge, die Poesie der Seele, und nicht zuletzt die große Nase (die aber angeklebt): hier fielen literarisches Vorbild und darstellerisches Orginal in eins.

Poetisches Versteckspiel

Die Geschichte: Roxane (Nadja Robiné) heißt die Dame, die hier angebetet wird. Doch will sie ihre Huld nur dem gewähren, der seine Liebe in Poesie zu setzen weiß. Der schöne Christian (Nicola Mastroberardino) kann das nicht, weshalb er den Dichter Cyrano als Verseschreiber engagiert. Indes ist der selbst unsterblich in Roxane verliebt… Schließlich fällt Christian in der Schlacht, Jahre später gesteht Cyrano Roxane das poetische Versteckspiel – und stirbt. Ende und Aus.

Der Mond geht auf und unter

Regisseurin Katharina Thalbach hat Edmond Rostands 114 Jahre alten Stoff in beide Hände genommen und fest ans Herz gedrückt. Ihre Inszenierung fällt derart konventionell aus, dass man sich stellenweise wundert, wie so etwas heute überhaupt noch möglich ist. Geboten wird kein Tiefblick in die Seelenklempnerei menschlicher Gefühle, sondern ganz großes Kino, um es mal so zu sagen. Klischee-Kostüme treffen modische Mätzchen treffen rasante Fechtduelle und qualmende Schützengräben: schöner kann Illusionstheater nicht sein. Und über allem geht der gute Mond im Bühnenhintergrund auf und unter, Cyranos ferner Sehnsuchtsort.

Große Gefühle, große Gesten

Aber natürlich funktioniert diese Aufführung, und wie sie funktioniert: Das Publikum feierte jeden Effekt, jede Einlage, jeden Degenstoß des wackeren Helden mit der großen Nase. Ob Rap-Gesang, Horst-Lichter-Parodie, gibbelnde Nonnen oder eine Police-Coverversion von Christian für Roxane – es bleibt in langen, wenn auch kurzweiligen 3,5 Stunden kaum etwas er- bzw. ausgespart. Ernsthaft kann man diesen „Cyrano“ nicht kritisieren. Der Abend kommt so ‘rüber, wie man es von einem schmissigen Mantel- und Degenfilm erwarten darf, geboten von Schauspielern, die sichtlich Spass inne Backen haben, auch wenn – außer bei Rohde – die großen Gefühle meist an die große Geste verschenkt werden.