Bochum. .
Der Bochumer Prozess um den wohl größten Fußball-Wettskandal Europas kommt weiterhin kaum voran. Das Klima ist eisig. Es gibt schon fünf Befangenheitsganträge gegen die Richter.
Auch am dritten Verhandlungstag im Bochumer Prozess zum Fußball-Wettskandal ist das Landgericht mit der Aufklärung des Falles kaum vorangekommen. Ein Teil der acht Verteidiger setzte am Mittwoch ihre große Reihe von Anträgen, die alle gegen diese Hauptverhandlung und die Richter zielen, hartnäckig fort. Sechs Stunden lang ging das so. Der eigentliche Kern des Prozesses, die Anklagevorwürfe, bleiben bisher weiter nur im Hintergrund. Stattdessen beherrscht ein erbitterter Kampf um angeblich verletzte Prozessformalitäten und angebliche Parteilichkeit der Richter die Szenerie.
Mittlerweile haben einige Verteidiger der vier Angeklagten (33 bis 55) schon fünf Befangenheitsanträge gestellt. Am Mittwoch geriet auch der Staatsanwalt in die Schusslinie zweier Verteidiger: Sie forderten seine Ablösung, weil er in einer Prozesspause einem Angeklagten eine Frage (zu seiner Steuerpflicht) gestellt habe, ohne dass dessen Verteidiger dabei gewesen sei. Das sei unfair und „rechtswidrig“, zürnte ein Verteidiger mit voller Empörung im Gesicht und Ton. Der Staatsanwalt wehrte sich ebenfalls mit selbstbewusster Entrüstung: „Ich kann mit jedem sprechen, mit wem ich möchte!“ Jetzt muss der Leitende Oberstaatsanwalt über dieses Gezänk befinden.
Vergiftete, von Misstrauen geprägte Atmosphäre
Selten gab es in einem Bochumer Gerichtssaal eine so vergiftete, von Misstrauen geprägte Atmosphäre. Die Angeklagten sollen im Jahr 2009 insgesamt 33 Spiele im In- und Ausland mit Schmiergeldern für Spieler und Schiris manipuliert und durch gezielt platzierte Wetten rund 1,5 Millionen Euro Gewinn erzielt haben. Auf eine Antwort, ob das wirklich so war, müssen Millionen Fußballfreunde weiter warten. Allerdings hat das Gericht bereits vier der fünf Befangenheitsanträge als unbegründet abgeschmettert. Der fünfte, am Mittwochnachmittag gestellte, ist noch nicht beschieden.
Gleichwohl wurden am Mittwoch aber die Lebensläufe von zwei Angeklagten erörtert. Ein 35-Jähriger hatte zuletzt sechs Wettbüros in Deutschland geführt und 5000 bis 10000 Euro netto verdient. Trotzdem habe er mehrere 100 000 Euro Schulden, sagte er. Das Geld habe er verspielt.
Ein 55-Jähriger war zuletzt Kraftfahrer, konnte sich aber einen Mercedes 500 CL für 52000 € leisten. Beide sitzen seit elf Monaten in U-Haft. Wie die beiden Mitangeklagten. Sie verweigern aber jedes Wort.
Fortsetzung: 11. und 17. November.