Bochum.
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen möglicher Manipulationen zehn deutscher Spiele. Zwei Angeklagte sind geständig. In der Region stehen Spiele von Schalke, Bielefeld, Düsseldorf, RWO und VfB Speldorf im Fokus.
In den vor neun Monaten bekannt gewordenen Wett- und Betrugsskandal im Fußball sind auch etliche Vereine aus dem Revier verstrickt. Das geht aus einer Liste von zehn Spielen hervor, bei denen nach Ermittlungen der Bochumer Staatsanwaltschaft eine Manipulation gelang oder versucht worden war (siehe Grafik). Die Vereine sind nach eigener Aussage darüber noch nicht informiert.
Die Fahnder haben jetzt eine erste Anklage erhoben. Voraussichtlich Ende September soll zwei 35 und 55 Jahre alten Türken der Prozess vor dem Bochumer Landgericht gemacht werden. Nach Informationen dieser Zeitung sollen die beiden, die in Essen und Bochum in U-Haft sitzen, geständig sein. Die Staatsanwaltschaft rechnet sie der Führungsebene der mutmaßlichen Wettbetrüger zu, die seit Ende 2009 von Bochum aus verfolgt werden. Insgesamt wird gegen rund 250 Personen ermittelt.
Der Leiter der Ermittlungen, Staatsanwalt Andreas Bachmann, wirft den Angeklagten gewerbs- und bandenmäßigen Betrug in 16 bzw. 22 Fällen vor. In wechselnder Beteiligung und in Absprache mit Komplizen sollen sie Spieler oder Schiedsrichter mit Geldzahlungen dazu verführt haben, so zu spielen oder zu pfeifen, dass zehn Fußballspiele in Deutschland und 14 im europäischen Ausland in ihrem Sinne ausgehen.
Laut Anklage haben die beiden Männer rund 350 000 Euro aufgewandt, um die Spieler und Schiedsrichter zu schmieren. Rund 1,8 Millionen Euro seien auf die Spiele gesetzt und rund 1,45 Millionen Euro als Gewinn erzielt worden.
Juristisches Nachspiel
Im Westen stehen in diesem Fall drei möglicherweise verschobene Partien im Fokus. Kurios: In allen drei Spielen sind Auffälligkeiten festzustellen. Grobe Fehler von Spielern oder Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern haben zu teils merkwürdigen Spielausgängen geführt.
Betroffen ist unter anderem die Partie des VfB Speldorf gegen Rot-Weiß Oberhausen. Am 2. August des vergangenen Jahres trafen beide Teams in der ersten Runde des DFB-Pokals in der Duisburger MSV-Arena aufeinander. Der Zweitligist bezwang den Fünftligisten mit 3:0 (1:0). Erwartungsgemäß.
Der Blick ins Archiv könnte jedoch eine andere Analyse zulassen. Die Speldorfer Marschroute, möglichst lange die Null zu halten, war nach sechs Minuten hinfällig. Speldorfs Manager Ingo Pickenäcker erinnert sich noch gut. „Von uns war das ein grottenschlechtes Spiel. Vier, fünf Spieler waren extrem schlecht, und dann lässt Marcel Grote auch noch den Ball fallen. Wenn wir das gespielt hätten, was wir können, wäre mehr möglich gewesen, zumal RWO an diesem Tag auch nicht gut war. Meiner Meinung nach ist an den Manipulationsvorwürfen aber nichts dran. Da ist alles korrekt verlaufen.“
Diese Zeitung schrieb nach dem Aus: „VfB-Keeper Marcel Grote hatte einen Kopfball des Oberhauseners Markus Kaya zwar abgewehrt, aber nicht festgehalten. Das Leder fiel Ronny König vor die Füße – eine prima Vorlage für den Führungstreffer.“ Torwart Grote weist die Vorwürfe weit von sich und sagt: „Solche Fehler passieren sogar in der Bundesliga.“
Umstrittener Elfmeter
Auch die U-19-Bundesliga-Partie FC Schalke 04 gegen Arminia Bielefeld (8. November 2009) steht unter Manipulationsverdacht. Die Schalker unterlagen nach einer 1:0-Halbzeitführung noch mit 1:2. Schalkes Trainer Norbert Elgert bescheinigte seinen Jungs, alles gegeben zu haben. Elgert sah aber auch „eine Menge Pech im Spiel.“ Das 1:1 fiel nach 53 Minuten durch einen sehr umstrittenen Foulelfmeter. Der Siegtreffer für die Ostwestfalen in der 64. Minute ging eindeutig auf die Kappe von Cedric Drobe. Der Torwart unterschätzte einen Abschlag seines Gegenübers Stefan Ortega Moreno, der direkt ins Tor flog.
Das Regionalliga-Spiel VfB Lübeck gegen Fortuna Düsseldorf fand am 22. April 2008 statt. Die Fortuna kämpfte damals um den Aufstieg in die Zweite Liga, Lübeck stand hingegen auf dem vorletzten Tabellenplatz und vor dem finanziellen Abgrund.
Der VfB Lübeck siegte hochverdient mit 3:1. Fortuna-Spieler Kenan Sahin sah fünf Minuten vor dem Ende die Rote Karte. „Ein beschämendes Desaster“ lautete der Zeitungstitel vor zweieinhalb Jahren. Fortuna-Geschäftsführer Paul Jäger: „Dieses Spiel war noch nie ein Thema bei uns.“ Vielmehr stand die kuriose Zweitliga-Partie der vergangenen Saison bei der Spielvereinigung Greuther Fürth unter Verdacht. Die Rheinländer verloren in einem Spiel, das von einigen merkwürdigen Schiedsrichter-Entscheidungen geprägt war, mit 1:2 (1:0).
Folgende Spiele gelten den Ermittlern als verdächtig:
U 19: Schalke - Bielefeldeld, November 2009
DFB-Pokal: Speldorf - RWO, August 2009
Regionalliga: Bor. Mönchengladbach - SC Verl, Mai 2009
Regionalliga: FC Köln - SC Verl, Juni 2009
Regionalliga: VfB Lübeck - Fortuna Düsseldorf, April 2008
2. Liga: FC Nürnberg - VfL Osnabrück, Mai 2009
2, Liga: FC Augsburg - VfL Osnabrück, April 2009
Regionalliga: Jena - VfL Osnabrück, Mai 2008
Regionalliga:: Bayern Alzenau - SC Freiburg Amateure, September 2009
Regionalliga:: Bayern Alzenau - VfR Aalen, Oktober 2009