Bochum. .

Die Verteidiger im ersten Prozess um den Fußball-Wettskandal haben am ersten Tag der Hauptverhandlung mehrfach versucht, das Verfahren zu stoppen. Unter anderem stellten sie die Zuständigkeit des Gerichts in Frage. Erst nachmittags wurde die Anklage verlesen.

Die Verteidiger im ersten Prozess um den größten Wettskandal des europäischen Fußballs waren am ersten Tag der Hauptverhandlung auf Konfrontationskurs. Schon kurz nach Beginn am Mittwochmorgen sah es so aus, als ob die Hauptverhandlung gegen die vier Angeklagten platzen würde. Die Verteidiger stellten die örtliche Zuständigkeit von Bochum in Frage. Außerdem hat die Verteidigung den Antrag gestellt, dass das Verfahren gegen den angeklagten Fußballspieler Christian S. eingestellt wird. Es gebe gegen den ehemaligen Fußballprofi aus Schweinfurt keinen „hinreichenden Tatverdacht.“

Nach rund 90 Minuten Beratungszeit lehnte das Gericht alle Einsprüche ab: Weder werde das Verfahren eingestellt, noch gebe es Fehler bei Verbindung der zwei Anklagen. Auch der Gerichtsort Bochum sei zuständig, erklärte der Vorsitzende Richter Carsten Schwadrat. Ein jetzt nicht angeklagter Tatverdächtiger wohne in Herten, außerdem gehe es um ein Spiel in Bochum. Also sei Gerichtsbezirk Bochum korrekt, begründete er die Entscheidung. Später erklärte einer der Verteidiger, selbst ehemaliger Richter, die komplette Strafkammer sei befangen.

Deshalb konnte das Gericht erst am Nachmittag in den eigentlichen Prozess einsteigen. So wirft die Staatsanwaltschaft der Bande in der Anklageschrift unter anderem vor, die 700.000 Euro Schulden eines belgischen Fußball-Vereins übernommen zu haben, um so Einfluss auf dessen Spieler zu haben. Auch beim VfB Speldorf hatten die Betrüger ihre Kontaktleute - und so taucht das Pokalspiel Speldorf gegen RWO ebenfalls auf der Liste der manipulierten Begegnungen auf. 87.000 Euro Wettgewinn sollen die Angeklagten damit erzielt haben. Außerdem sollen die Angeklagten Spieler der A-Jugend von Arminia Bielefeld bestochen haben.

Die fünf Verhandlungstage werden wohl nicht reichen

Den vier mutmaßlichen Betrügern, die auf der Anklagebank sitzen, wird gewerbs- und bandenmäßiger Betrug vorgeworfen. Die 13. Wirtschaftsstrafkammer hat bislang fünf Verhandlungstage bis zum 28. Oktober angesetzt. „Aber damit werden wir mit ziemlicher Sicherheit nicht auskommen“, sagte Gerichtssprecher Volker Talarowski vor Prozessbeginn. Geplant war zunächst die Anhörung der Angeklagten. Dabei handelt es sich um zwei Personen, die der Führungsebene der Wettmafia zugeordnet werden, sowie einen Kaufmann und einen früheren Fußballer.

Bei dem Prozess geht es zunächst um 32 Spiele in Deutschland, Belgien, Slowenien, Ungarn, Kroatien und der Schweiz. Die mutmaßlichen Täter sollen für diese Partien 370.000 Euro aufgewendet haben, um Spieler oder Schiedsrichter zu bestechen. Insgesamt sollen zwei Millionen Euro auf die betroffenen Begegnungen gesetzt worden sein, die Gewinne belaufen sich angeblich auf 1,6 Millionen Euro. Dabei wurde wohl nicht nur auf Sieg, Unentschieden oder Niederlage, sondern auch auf Rote Karten oder späte Tore gezockt.

DFB-Pokal und Zweite Liga

In Deutschland stehen ein Spiel aus dem DFB-Pokal und Partien aus der 2. Liga, den Regionalligen, den Oberligen sowie U19-Begegnungen unter Verdacht. In keinem anderen Land ist die Zahl der Spiele nach Angaben der Ermittler derart hoch. In der Europa League steht das Spiel zwischen dem FC Basel und CSKA Sofia vom 5. November 2009 (3:1) im Fokus. In der Qualifikation zur U21-EM soll das Aufeinandertreffen der Schweiz mit Georgien vom 18. November 2009 (1:0) betroffen sein.

Sollten Zeugen angehört werden, könnte unter anderem Ante S. ins Spiel kommen, der bereits im Manipulationsskandal um den früheren Bundesliga-Schiedsrichter Robert Hoyzer als Drahtzieher galt. Der Berliner, der in der Wettszene unter dem Decknamen „Navigator“ bekannt ist, war 2005 zu zwei Jahren und elf Monaten Gefängnis verurteilt worden. Er wurde im Rahmen der neuen Ermittlungen 2009 erneut in Haft genommen.

Zahlreiche Sportgerichtsverfahren

Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) blickt man dem Prozess anscheinend gelassen entgegen. „Ich wusste gar nicht, dass es am Mittwoch losgeht. Sollte mehr ans Tageslicht kommen, müssen und werden wir uns den Dingen stellen“, sagte Herbert Fandel, Vorsitzender der DFB-Schiedsrichter-Kommission, dem SID. (mit sid)