Bochum. .
Am 21. Juli ist der nationale Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige. In Bochum lenkt die Krisenhilfe mit einer Klagemauer die Aufmerksamkeit auf eine Minderheit. Die Drogenberatung setzt sich weiter für Heroinabgabe ein.
Ein wenig irritieren die rohen Ziegel – bei näherem Hin- sehen entpuppen sie sich als Tapetendruck – vor den Schaufenstern des Hauses Viktoriastraße 67. Diese Klagemauer will erinnern helfen, erinnern an die Männer und Frauen, die in Bochum an den Folgen ihrer Drogensucht starben. 96 Namen stehen auf einer Liste, die seit 2001 immer mehr wächst.
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Es ist der 21. Juli, der „Nationale Gedenktag für verstorbene Drogenabhängige“. Im letzten Jahr hatte die Bochumer Drogenberatung Krisenhilfe, sie ist es, die im Haus Viktoria- straße 67 residiert, zum ersten Mal mitgemacht bei der von Eltern verstorbener Abhängiger initiierten Aktion. „Wir möchten Freunden und Angehörigen einen Ort geben, um zu trauern“, sagt Friederike Schönhals. Die Sozialarbeiterin arbeitet im Café für Abhängige und ist auch dem Tod von Klienten oft näher als ihr lieb sein kann. Neulich starb wieder eine Frau, noch jung war sie in ihren 20ern.
Die fachliche Leiterin der Krisenhilfe, Silvia Wilske, weiß, dass die Freunde von verstorbenen Abhängigen, die oft selbst süchtig sind, von den Familien der Verstorbenen meist nicht zur Beerdigung geladen werden. Zu schmerzhaft ist wohl die unmittelbare Konfrontation mit der Sucht, die dem Sohn, der Tochter den Tod gebracht hat.
Schwerstabhängige sollten kontrolliert Heroin erhalten
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Im vergangenen Jahr standen Dutzende vor der „Klagemauer“, kritzelten mit einem Edding Namen auf die ‘Steine’, schrieben „In der Hoffnung, Euch alle wiederzusehen“, oder „Du hinterlässt ein tiefes Loch“. Am heutigen Mittwoch möchte Friederike Schönhals zudem im Café Kollagen mit den Klienten erstellen unter dem Titel, „Was wir den Verstorbenen sagen möchten“ und Gedanken zum diesjährigen Leitthema des Gedenktages: „Heroin für alle, die es brauchen“.
Die Krisenhilfe hatte sich in der Vergangenheit immer wieder dafür eingesetzt, Heroin kontrolliert an Schwerstabhängige abgeben zu dürfen. Nach dem erfolgreichen Abschluss der sogenannten Heroinstudie rückt dies näher. In sieben deutschen Städten, darunter Hamburg, München Köln und Frankfurt wurde unter genau definierten Bedingungen Heroin an Abhängige abgegeben. Der Bundestag beschloss im Mai 2009 ein Gesetz, das diese Abgabe regelt und generell ermöglicht. Jetzt liegen die Richtlinien des gemeinsamen Bundesausschusses vor. Sie sind die Grundlage, dass die Krankenkassen die Kosten der Substitution erstatten.
Bei rund 50 potenziellen Nutzern aus Bochum kämen Kosten in Höhe von mehr als einer halben Millionen Euro zusammen. Ein Teil würde von den Kassen erstattet. Doch noch sind die in den Richtlinien definierten Hürden offenbar zu hoch. So müsste die Krisenhilfe ihren Konsumraum umbauen, etwa mit Panzerglas und gesicherten Räumen. Außerdem sind drei Ärzte vorzuhalten und das Heroin wäre unter Bewachung der Bundespolizei zu liefern. Die Fachleute der Krisenhilfe setzen auf die neue Landesregierung. „Auch der Dealer-Szene würde durch eine solche Regelung ein empfindlicher Schlag versetzt“, so Wilske.