Bochum. Der Stadtrat in Bochum hat 2022 trotz 17.000 Unterschriften ein Bürgerbegehren zur Mobilitätswende abgelehnt. Der Fall landete vor Gericht.

Mehr und bessere Radwege in Bochum. Das ist die Kernforderung der „Initiative Radentscheid“. Mit einer Unterschriftenaktion hat sie vor knapp drei Jahren ein Bürgerbegehren auf die Beine gestellt. 17.000 Unterschriften hat sie am Ende gesammelt und der Stadt überreicht; 5000 mehr als nötig waren, um die Bürger in der Frage entscheiden zu lassen, ob sie eine Radwende in Bochum befürworten oder nicht.

Allerdings sollte es dazu nicht kommen. Denn: Im April 2022 hat der Stadtrat das Bürgerbegehren abgeschmettert. Es sei nicht zulässig. Und damit hatte er recht. So jedenfalls hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen am Freitag, 15. März, nach einer mündlichen Verhandlung entschieden. Es hat die Klage der Initiative abgewiesen.

Verwaltungsgericht weist die Klage der Radwende-Initiative gegen die Stadt Bochum ab

Aus Sicht des Gerichts „ist das Bürgerbegehren unzulässig, weil es zu unbestimmt ist“, sagt Wolfgang Thewes, Richter und Pressesprecher am Verwaltungsgericht Gelsenkirchen. „Man kann dem Bürger nur eine ganz bestimmte Frage zu einem ganz bestimmten Themenkomplex stellen; ob er dafür oder dagegen ist.“ Er dürfe nur „Ja“ oder „Nein“ sagen können. Die Initiative habe aber sieben Ziele genannt und mehrere Themen miteinander vermengt. Das sei nicht zulässig.

Die Stadt sieht sich damit in ihrer Haltung bestätigt, das Bürgerbegehren gar nicht zuzulassen. Sie hatte argumentiert, die von den Initiatoren gewählte Fragestellung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen. Mit großer Mehrheit hatte der Rat im April 2022 stattdessen einen Dringlichkeitsantrag der Fraktionen von SPD, Grünen, CDU und FDP zum Ausbau des Radwegenetzes beschlossen. Auch damit würde, so Grünen-Fraktionschef Sebastian Pewny damals, die „Radwende bis 2035“ eingeleitet. Und: Gelinge es, die „ambitionierten, aber realistischen Ziele“ (Christian Haardt, CDU) umzusetzen, würde die Radweg-Ausbauquote in Bochum 56 Prozent betragen

Bei Wind und Wetter macht die Initiative Radwende immer wieder auf ihre Forderungen aufmerksam, so wie hier vor knapp einem Jahr.
Bei Wind und Wetter macht die Initiative Radwende immer wieder auf ihre Forderungen aufmerksam, so wie hier vor knapp einem Jahr. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Mittlerweile, so die Stadt in einer Mitteilung am Freitag, seien bereits mehrere von den Initiatorinnen und Initiatoren im Bürgerbegehren geforderte Maßnahmen aufgegriffen und beschlossen worden. Viele davon seien bereits umgesetzt, so sei etwa das Radkreuz entstanden, das den Radverkehr besser mit der Innenstadt verbinde.

Aktivisten sagen, Bochum müsse seine eigenen Ziele auch umsetzen

Aus Sicht der Klägerin ist das lediglich „ein Feigenblatt“. Die Initiative wolle nichts anderes als eine wirkliche Umkehr in der Verkehrspolitik, die dem Rad und dem ÖPNV deutlich mehr Gewicht beimesse. Nichts anderes habe sich die Stadt auch selbst auf die Fahnen geschrieben, so Birgit Isfort, die Sprecherin des Radentscheids. Sie hatte die Klage beim Verwaltungsgericht eingereicht.

Diese Texte haben viele Menschen interessiert

„Wir wollten eine politische Diskussion anstoßen, was wir ja auch geschafft haben, in dem wir so viele Unterschriften gesammelt und so ein Bild aus der Bürgerschaft gezeigt haben, dass wir eine Mobilitätswende wollen.“ Es gehe um eine verkehrspolitische Umgestaltung der Stadt, um ÖPNV und Radverkehr einen wirklich größeren Anteil zu verschaffen; „wie es die Stadt in ihren eigenen Zielen ja auch nennt. Wir wollen ja eigentlich nur, dass die Politik ihre eigenen Ziele umsetzt.“ Dies bleibe nun aus.

Ob die Initiative gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorgehen möchte, bleibe abzuwarten. Grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, beim Oberverwaltungsgericht Münster eine Berufung zu beantragen. Allerdings: „Solche Bürgerbegehren sind offenbar vom Gesetzgeber nicht gewollt“, bilanziert Isfort nach der Verhandlung. „Wir würden uns wünschen, dass die Gemeindeordnung da nachgeschärft wird, damit man schneller die Bürgermeinung durch eine solche Beteiligung einbringen kann.“

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Bochum verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++