Bochum. Das gab es bisher in keinem Bad im Ruhrgebiet: Eine Überwachung des Schwimmbeckens mittels Künstlicher Intelligenz. So funktioniert das System.
Alarm. „Achtung, Achtung, Ertrinkender“, schallt es durch das Unibad in Bochum-Querenburg. Kaum hat Daniel Nick es gerufen, ist er unter den Augen einer Seniorenschwimmgruppe und einiger Besucher auch schon mit einem Hechtsprung im Wasser und taucht, ist Sekunden später am Boden des Beckens, holt einen Körper nach oben, zieht ihn – selbst in Rückenlage schwimmend – zum Beckenrand aus dem Wasser und beginnt schnell mit lebensrettenden Maßnahmen.
Künstliche Intelligenz hilft Bademeistern in Bochum bei der Beckenüberwachung
Keine Sorge. Die Rettung war eine Simulation, dem „Geretteten“ geht es gut. Tatsächlich haben Daniel Nick und Justin Krakies, beide Fachangestellte für Bäderbetrieb – im Volksmund Bademeister genannt – nur demonstriert, wie ein neues Alarmsystem funktioniert, das die Wasserwelten Bochum angeschafft haben. „Als erstes Bad im Ruhrgebiet“, so Wasserwelten-Chef Marcus Müller, „ist das Unibad mit einer Beckenüberwachung mittels Künstlicher Intelligenz ausgestattet.“ Sie sei „eine ideale Ergänzung und eine proaktive Sicherheit für unsere Gäste.“
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Und so funktioniert es: Zehn Kameras sind an der Decke der Schwimmhalle angebracht, acht über dem 50-Meter-Becken und weitere zwei über dem Lehrschwimmbecken. Sie zeichnen permanent alle Bewegungen im Wasser auf, „machen aber keine Bilder oder Filme“, wie es heißt. Vielmehr werden Bewegungsmuster als anonymisierte Daten aufgezeichnet, etwa von schwimmenden Personen, von solchen, die sich am Beckenrand festhalten oder sich unterhalten. „Die KI analysiert und klassifiziert diese Bewegungsmuster und gleicht sie mit normalen Schwimm- und Badebewegungen ab“, erklärt Müller. 70.000 Euro hat die Anschaffung der Erstausstattung gekostet, jeden Monat kommt eine Gebühr von 700 Euro dazu.
Uhren schlagen bei Unregelmäßigkeiten im Wasser Alarm
„Sobald es irgendwelche Unregelmäßigkeiten im Wasser gibt, bekommen wir nach ein paar Sekunden einen Alarm auf unsere Uhr und sehen, wo diese Unregelmäßigkeit ist. Dann leiten wir unsere Maßnahmen ein“, sagt „Retter“ Daniel Nick. Nach etwa zehn bis zwölf Sekunden ertönt und erscheint ein Signal auf der Smartwatch, die jeder Bademeister im Unibad am Handgelenk trägt, sollte es zu Abweichungen von „normalen“ Bewegungsmustern kommen. „Auch wenn jemand im Keller ist und gerade nach der Technik schaut“, sagt Christian Krause, Leiter Bädermanagement bei den Wasserwelten. Auf den Displays der Uhren ist rot-umrandet das Becken zu erkennen. Ein roter Punkt zeigt die Stelle im Becken, an der jemand ohne oder mit untypischen Bewegungen registriert wird. Alarm.
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Perfekt ist der Helfer noch nicht. Aber er wird jeden Tag besser. „Es ist ein lernendes System“, erklärt der Wasserwelten-Chef. Die Daten aus dem Unibad werden ebenso wie alle anderen aus ebenfalls schon installierten Systemen in Mönchengladbach, Lippstadt, Österreich und anderswo ständig eingespeist. Auch die Fälle, die sich in den vergangenen Wochen im Unibad glücklicherweise als Fehlalarme entpuppt haben; etwa wenn Eltern mit ihren Kindern im Bad sind und das „Liegen auf dem Wasser“ üben oder Grundschüler im Schwimmkurs ihre ersten Schwimmversuche unternehmen. Das kann mitunter schon mal etwas unübersichtlich sein. „150 bis 200 Personen halten sich manchmal schon gleichzeitig im Becken auf“, so Christian Krause.
KI in Bochumer Schwimmbad: „Wird niemals unsere Schwimmaufsicht ersetzen“
Sorgen um ihre Arbeitsplätze müssen sich die Fachangestellten für Bäderbetrieb nicht machen. „Auch das beste System wird niemals unsere Schwimmaufsicht ersetzen“, sagt Wasserwelten-Chef Müller. „Ins Wasser springen, eine Person bergen und Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten ist und bleibt die verantwortungsvolle Aufgabe unserer Mitarbeiter.“ Daher: An der Schichtbelegung ändere sich nichts. „Zwei bis drei Mitarbeiter sind pro Schicht im Einsatz“, sagt Unibad-Leiter Swen Hegemann.
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Seine eben aus dem Wasser gestiegenen Kollegen freuen sich derweil über die gelungene Demonstration. In der Testphase mussten sie bislang noch nicht ins Wasser springen, um jemanden zu retten. Aber: „Es ist gut zu wissen, dass das System funktioniert und wir uns darauf verlassen können“, sagt der „gerettete“ Justin Krakies.
Badbetreiber verspricht Datensicherheit
Vor allem in Hallenbädern, aber auch in Freizeitbädern, kann die neue KI-Technik eingesetzt werden, so Wasserwelten-Geschäftsführer Marcus Müller. Möglicherweise wird sie im Zuge der Sanierung auch in den anderen Bochumer Hallenbädern eingebaut. In Linden, so heißt es, sollen auf jeden Fall schon einmal die notwendigen Kabel eingezogen werden.
Das System der Firma Lynxight nutze die ständig wachsende Datenmenge, „um sich stets zu verbessern und Fehlalarme zu reduzieren“, so Wasserwelten-Mitarbeiter Christian Krause.
Der Badbetreiber versichert, dass höchste Datensicherheit gewährleistet sei. Das System erfülle die Anforderungen der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen. „Alle erhobenen Daten werden anonymisiert und verschlüsselt übertragen, um die Privatsphäre der Badegäste zu schützen.“