Bochum. Die Rosenmontagszüge in Bochum standen kurz vor der Absage. Was zur anonymen Mail bekannt ist und wie die Polizei nach dem Absender sucht.
Am Ende war alles gut. Ohne besondere Vorkommnisse gingen am Rosenmontag in Bochum die Karnevalszüge durch Linden und Höntrop über die Bühne. Danach sah es am Vormittag nicht aus. Wegen einer Droh-Mail standen beide Umzüge kurz vor der Absage. Erst in letzter Minute gab die Polizei Bochum Entwarnung. Mit etwas Verspätung konnte doch noch gefeiert werden. Doch am Tag danach ist die Bombendrohung bei allen Beteiligten immer noch Thema. Wir haben den Rosenmontag noch einmal aufgearbeitet und die Polizei gefragt, warum die Rosenmontagszüge doch starten konnten –und wie sie nun versucht, den Täter zu überführen.
Rosenmontagzug: Warum in Bochum trotz Drohung gefeiert wurde
Um kurz nach neun Uhr hatte die Mail die Polizei erreicht. „Wenn am heutigen Tag der Rosenmontagsumzug stattfindet, wird es eine böse Überraschung für alle geben, welche daran teilnehmen“, hieß es in dem Schreiben, das in den Sozialen Medien schnell im Umlauf war. Sehr zum Missfallen der Polizei, wie Sprecher Frank Lemanis sagt. „Das ist für die Ermittlungen gar nicht gut. Das ist ja Täterwissen. Dadurch kann eine Aussage weniger wert sein, wenn ein Verdächtiger sagt, er habe das in der Zeitung oder bei Facebook gelesen.“
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Die Mail habe die Polizei natürlich sehr ernst genommen. In ihr ist weiter von mehreren Sprengfallen die Rede. Aus dem Schreiben geht zudem hervor, dass sich die Person darüber ärgert, dass „das normale Leben“ wegen des Karnevals stehen bleibt. Im Rathaus wurde sogleich ein Krisenstab gebildet, zu dem auch Verantwortliche der beiden Veranstalter, die Gänsereiterclubs Höntrop und Sevinghausen sowie die Werbegemeinschaft Linden, zitiert wurden. In den kommenden Stunden stand das närrische Treiben in den Stadtteilen tatsächlich auf der Kippe.
So etwas sei keine leichte Entscheidung, sagt Frank Lemanis. „Wir wollen ja, dass keinem etwas passiert, zugleich aber auch keinem den Spaß verderben.“ Das größte Problem war für die Polizei der Faktor Zeit. Die Rosenmontagszüge sollte ja vor Einbruch der Dunkelheit beendet sein.
Und man musste zweigleisig arbeiten: Während man sich um zusätzliche Einsatzkräfte aus Hundertschaften anderer Behörden und um Sprengstoffspürhunde bemühte, um die Wegstrecken abzugehen, analysierten spezielle Ermittler die eingegangene Droh-Mail. „Da gibt es verschiedene Raster, nach denen man vorgeht“, erklärt Lemanis. „Da schaut man, wie die Mail formatiert ist, gleicht sie mit anderen Schreiben aus der Vergangenheit ab...“ Und man frage sich, ob der Absender wohl die Möglichkeit haben könnte, Sprengfallen zu bauen und diese zu deponieren.
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Am Ende sei man sehr sicher gewesen, „davon ausgehen zu können, dass es sich um eine leere Drohung handelt“, so Lemanis. Man habe ein gutes Gefühl gehabt, für eine hohe Sicherheit sorgen zu können. Von daher sei um kurz vor Eins entschieden worden, die Umzüge stattfinden zu lassen. Es sei aber eine Entscheidung „in letzter Minute“ gewesen.
Polizei Bochum musste gleich zwei lange Wegstrecken absuchen – Spürhunde im Einsatz
Zumal ja auch die Wegstrecken von gleich zwei Zügen noch abgesucht werden mussten. „Da kontrolliert man alle Mülleimer, schaut, ob Taschen herumstehen“, so Lemanis zur Vorgehensweise. „Das hätten wir allein mit unserem Personal nicht geschafft.“ Umso besser, dass trotz Rosenmontag von anderswo Kollegen abgezogen wurden. Auch viele Spürhunde seien in Bochum im Einsatz gewesen.
Die Entscheidung, ob die Züge starten, hätten letztlich die Veranstalter getroffen. „Wir als Polizei geben eher eine Empfehlung ab“, sagt Lemanis, der den guten Austausch und die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Beteiligten ausdrücklich hervorhebt. Das hört man auch als Linden und Höntrop. „Bei all dem Stress hat das wirklich gut geklappt“, bestätigt Jochen Dichting von den Gänsereitern. Auch Stefan Rodemann von der Werbegemeinschaft Linden ist voll des Lobes: „Alle haben super reagiert und alles dafür getan, den Umzug möglich zu machen. Das war am Ende auch die beste Entscheidung.“
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Für die Polizei geht die Arbeit nun weiter. Jetzt wird natürlich versucht, den Absender der Mail ausfindig zu machen. Die Hoffnung der Beamten: „Mit jeder Kommunikation hinterlässt man Spuren.“ Jetzt werde zum Provider Kontakt aufgenommen, um die E-Mail-Adresse und die Personalien der registrierten Person herauszubekommen, erklärt Lemanis. „Sonst haben wir nicht viele Möglichkeiten.“ Die Mail sei an die Polizei „und mindestens noch drei weitere Adressen“ geschickt worden.
Nach Bombendrohung am Rosenmontag: So sucht die Polizei Bochum den Täter
Beschwerden von Anwohnern wegen des Karnevals und der damit verbundenen Unannehmlichkeiten habe es im Vorfeld nicht gegeben, teilt die Stadt auf WAZ-Anfrage mit. Auch die Veranstalter haben keine außergewöhnliche Kritik wahrgenommen. „Beschwerden gibt es ja immer mal“, sagt Stefan Rodemann. „Meist auf Facebook. Das ist ganz normal. Aber man kann alles lösen, wenn man redet.“
Stadt Bochum: Sicherheitskonzept hat gegriffen
Die Stadt Bochum scheint auf so eine „Lage“ wie am Rosenmontag vorbereitet zu sein. „Die Sicherheitskonzepte umfassen eine Vielzahl von Szenarien und Maßnahmen, so auch Bombendrohungen“, teilt Stadtsprecherin Charlotte Meitler auf WAZ-Anfrage mit. „Die gestrige Lage hat gezeigt, dass alle vorgeplanten Szenarien/Maßnahmen gegriffen haben.“ Wie jede Veranstaltung würden jetzt auch die Umzüge nachbereitet.
Die Stadt Bochum war laut Meitler auf beiden Zügen mit dem Ordnungsdienst im Einsatz. Auch die Polizei war im närrischen Treiben sehr präsent und hatte die Zahl der Einsatzkräfte deutlich erhöht. „Das hat nochmal zu einem zusätzlichen Sicherheitsgefühl beigetragen“, findet Stefan Rodemann von der Werbegemeinschaft Linden, Veranstalter des dortigen Umzuges.
Dass das Gänsereiten in Höntrop unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, habe nicht an der möglichen Bedrohung gelegen, sagt Gänsereiter-Sprecher Jochen Dichting. „Aufgrund der Verzögerungen wollten wir den Ablauf verschlanken und haben das Gänsereiten kurzerhand in die Halle verlegt. Wir wollten es unbedingt stattfinden lassen und hätten eher den Umzug abgeblasen.“