Bochum. Weit hinten in der Tabelle aller deutschen Großstädte liegt Bochum. Platz 57. Sind die Stadt und ihre Möglichkeiten so schlecht? Ich denke nicht.
Platz 57 unter 71 Kommunen. Das Abschneiden von Bochum in der jüngsten Hitliste aller 71 kreisfreien Großstädte in Deutschland ist ernüchternd.
Im Fußball heißt es: Die Tabelle lügt nicht
Nein, ein meisterliches Resultat hätte bestimmt niemand erwartet. Dazu gibt es – angefangen vom bescheidenen Durchschnittseinkommen der Bochumerinnen und Bochumer und mehr als 20.000 Bedarfsgemeinschaften, die von Bürgergeld leben, über Wohnungsmangel, marode Straßen, Brücken und fehlende Glasfaserleitungen bis zu ungenutzten Industriebrachen und vielen versiegelten Flächen – zu viele Defizite. Aber Platz 57? Unterstes Mittelfeld? Kann das denn wirklich sein?
Die Tabelle lügt nicht. Sagen sie im Fußball, wenn am Ende der Saison Meister und Absteiger feststehen. Wenn es bei der Bewertung von Städten doch auch so einfach wäre.
Verrückt: Hohe Mieten zählen als Pluspunkt
Aber dabei geht es nicht nur um Sieg, Unentschieden und Niederlage. Es geht um viele Kategorien, die beurteilt, gezählt und gewogen werden. Und nicht immer sind ausgerechnet die dabei, die einer Stadt gut zu Gesicht stehen. Ja manchmal werden sie nicht einmal berücksichtigt.
Dafür schlagen andere Kategorien zu Buche, deren Bedeutung und Gewichtung zumindest zweifelhaft ist. So werden hohe Mieten und hohe Preise für Immobilien in besagter Großstadtstudie positiv gewertet, im Umkehrschluss niedrige Mieten und Preise eben negativ. Sind aber nicht gerade moderate Wohnkosten ein Pluspunkt für Städte?
Tief im Westen ist es viel besser, als man glaubt
Ich denke schon. Zumindest sollte das stärker berücksichtigt werden. Wie auch der rasante Umbau des früheren Opel-Werks zu einem Wissenschafts- und Technologiestandort, die Erfolge in IT- und Gesundheitsbranche, die Investitionen in Schulen und Quartieren. Tief im Westen ist es viel besser, als man glaubt.
Es sind nur einige Beispiel dafür, dass jede Rangliste und jedes Ergebnis immer relativ sind. Die Haltung Bochums, sich weniger mit anderen Städten zu messen und Hitlisten zwar zu registrieren, aber nicht überzubewerten, ist daher nachvollziehbar. Ein gesundes Selbstbewusstsein kann auch im Konkurrenzkampf unter den Kommunen nicht schaden.
Im Digital-Ranking hat Bochum einen Spitzenplatz
Ganz außer Acht lassen sollte die Stadt die Vergleiche aber nicht. Und sei es nur, um daran erinnert zu werden, wo die Defizite am größten sind. Außerdem: An anderer Stelle lässt sie sich gerne mit anderen messen, allen voran mit dem Spitzenplatz der bislang besten Kommune im Ruhrgebiet im jährlichen Smart-City-Ranking, das die Digitalität und damit die Zukunftsfähigkeit von Städten bewertet. Die Sache mit den Hitlisten hat eben zwei Seiten.