Bochum-Stiepel. Nässe bedroht ein Wahrzeichen der Dorfkirche in Bochum-Stiepel. Fieberhaft wird nach einer Lösung gesucht. Offen ist auch die Finanzierung.
Der Schaden ist größer geworden. Das geht aus einem Gutachten von einem Fachlabor hervor, das der evangelischen Gemeinde Bochum-Stiepel im Oktober vorgelegt wurde. Es geht um die Nordwand in der Dorfkirche an der Brockhauser Straße. Weil diese feucht ist, leidet das historische Wandbild dort: ein Fresko, das eine Löwin und ihr Junges zeigt.
„Total frustrierend“: Große Sorge um historisches Wandbild in Dorfkirche Bochum-Stiepel
Das Wandbild sei eines der ältesten in dem historischen Gemäuer, sagt Pfarrerin Christine Böhrer. „Es stammt aus dem zwölften Jahrhundert und gibt immer noch Rätsel auf. Die meisten deuten die Löwin als Symbol für Christus.“ Durch die Feuchtigkeit treten an dieser Stelle mehr denn je sogenannte Aussalzungen auf, die dem Kunstwerk schaden.
Schon seit mehr als einem Jahr sucht die Gemeinde nach Lösungen, um dem Problem Herr zu werden. Dabei arbeitet man eng mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), Abteilung Denkmalpflege, Landschafts- und Baukultur in Westfalen, zusammen. Dieser hatte die Untersuchung der Aussalzungen durch ein Fachlabor gefördert. Zugleich wird seit einem Jahr das Raumklima in der Dorfkirche in Relation zu den Witterungsbedingungen dokumentiert. Dazu wurden Messgeräte vor der Wand, im Mittelschiff und an der Außenwand platziert.
- Gemeinde in Sorge: Wahrzeichen der Dorfkirche in Gefahr
- Dorfkirche Stiepel: So aufwendig werden die Malereien erhalten
Dem aktuellen Gutachten zufolge wurde im März 2023 die Wandmalerei der Nische noch einmal untersucht. Im Vergleich zu den Vorjahren waren demnach gravierende Salzausblühungen festgestellt worden. Die Behandlung der entstandenen Malschicht-Schäden erweist sich nach Angabe der Experten als schwierig. Eine Spezialbehandlung im März sei „leider an fast allen Stellen ohne dauerhaften Erfolg“ geblieben. Jüngst wurde ein weiterer Versuch mit einer anderen Methode unternommen.
Schaden in Dorfkirche Bochum-Stiepel: Was hat sich im vergangenen Jahr geändert?
Es bleibt die Frage: Was hat sich 2022/2023 gegenüber den Vorjahren verändert, was führt zu den verstärkten Salzausblühungen? Manche in der Gemeinde vermuten, dass ein gestiegener Grundwasserspiegel die Ursache sein könnte, so Pfarrerin Böhrer. „Aber das ist keine gesicherte Theorie.“
Das Feuchtigkeitsproblem auf der Nordseite sei „grundsätzlich nicht neu, sondern bedauerlicherweise seit 100 Jahren ein Thema“, heißt es in dem Gutachten. Die Feuchtigkeit kommt demnach „erkennbar von unten, der Wandfuß zeigt dauerhaft feuchte Stellen“. Die davorliegende ca. 40 Zentimeter breite Kies-Füllung sei im September 2023 genauer untersucht worden. Diese sei nur etwa 15 bis 17 Zentimeter tief und darunter befinde sich eine Schicht Leichtbeton. „Die Kies-Schüttung wird nach unten deutlich feinkörniger und erkennbar feuchter“, sagen die Experten.
Auffällig sei, dass die Außendrainage nur ca. zehn Zentimeter unter dem Fußbodenniveau innen liege, daher stelle sich die Frage, ob dieses ausreichend sei. Und: „Kann Feuchtigkeit aus dem anstehenden Hang unter der Drainage in größerem Umfang in die Nordwand eindringen?“ Direkt von unten sei ein Eindringen von Feuchtigkeit in die Außenwand vermutlich ebenfalls möglich. Allerdings wurde auch festgestellt, dass an der übrigen nördlichen Seitenschiffswand (15. Jahrhundert) feuchte Stellen in geringem Umfang nur in den unteren zehn Zentimetern der Wand erkennbar seien und kein größeres Problem darstellten.
Frust in der Bochumer Dorfkirche: Es geht nicht so recht weiter und man kann nicht viel tun
Das Ganze bleibt vorerst also ein Rätsel. Pfarrerin Christine Böhrer ist deshalb „total frustriert“, auch weil es nicht so recht weitergehe. Weil effektive Schutzmaßnahmen ohne Ursachenkenntnis für die betroffene Wand nicht möglich seien, werde die Dorfkirche weiter ganz normal genutzt. „Wir achten natürlich darauf, dass wir den Innenraum nicht zu kalt und nicht zu warm werden lassen. Zudem wird die Luftfeuchtigkeit ununterbrochen kontrolliert und reguliert.“
Für etwas Beruhigung sorgt die Tatsache, „dass die Löwin nicht so schnell wegbrechen wird“, sagt Böhrer. „Es besteht keine unmittelbare Gefahr für das Wandbild. Aber es wäre schon gut zu wissen, was zu tun ist, um das Fresko langfristig zu erhalten.“ Und auch, wie teuer es wird. „Wir haben noch keine Ahnung, wie viel Geld das kosten wird.“
Ziel: Feuchtigkeit fernhalten
Über die Verteilung der Feuchte innerhalb des zweischaligen Mauerwerks der Dorfkirche in Stiepel ist laut Experten bisher nichts bekannt. Für Messungen müssten von einem externen Fachlabor tiefe Bohrlöcher von außen angelegt werden.
Um die Salzbelastung im Umfeld der Malerei zu verringern, sei ein Austausch des dauerfeuchten Fugenmaterials am Wandfuß durch einen Kalkmörtel und ein Austausch der salzbelasteten Kiesschüttung zu empfehlen. Als Austauschmaterial der Schüttung wäre auch ein sehr saugfähiges Material (z.B. Bentonit oder Bims) denkbar, das im Rahmen einer Wartung zunächst quartalsweise getauscht werden könnte.
Ziel einer solchen Maßnahme wäre, die Feuchtigkeit direkt am Wandfuß abzuleiten und eine Art „Kompressenzone“ einzurichten. Darüber hinaus wird eine weitere regelmäßige Kontrolle und weitere Ausbesserungen, sogenannte Festigungen, der Wand empfohlen. Die evangelische Gemeinde hat zudem bei der Ruhr-Universität Bochum um ein Bodengutachten gebeten.