Bochum. Neubaupläne in einem beliebten Stadtteil stoßen bei der Stadt Bochum auf wenig Anklang – zu wuchtig. Dagegen soll nun etwas unternommen werden.
Seit Jahren rumort es rund um die Dorfkirche in Bochum-Stiepel. In unmittelbarer Nachbarschaft sollen im historischen Dorfkern zwei alte Häuser abgerissen und durch einen modernen Neubau ersetzt werden. Viele Stiepeler sind entsetzt, handelt es sich bei einem der beiden Gebäude doch um die alte Vikarie der evangelischen Gemeinde. Der Eigentümer und Investor – Uwe Kappel – hingegen versteht die Kritik nicht. Er hält die Häuser für abbruchreif und möchte neuen Wohnraum schaffen.
Zu hoch? So will die Stadt Bochum einen Neubau flach halten
Einen Abriss kann die Stadt Bochum nicht verhindern. Wohl aber, dass das geplante Wohnhaus zu wuchtig und hoch daher kommt – wenn ein entsprechender Bebauungsplan in Kraft tritt. Dieser wurde nun auf den Weg gebracht. (siehe Info-Box)
Denn bis zuletzt existierte keiner für den Bereich der Brockhauser Straße, in dem besagte Häuser (Hausnummern 63 und 65) stehen. Die Beurteilung von baulichen Maßnahmen im Plangebiet erfolgte daher gemäß Paragraf 34 im Baugesetzbuch („Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“), teilt die Verwaltung mit. Bedeutet: Der von Kappel bereits 2021 eingereichte Bauantrag hätte bei Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Vorgaben genehmigt werden müssen, da auf der gegenüberliegenden Straßenseite größere Gebäude vorhanden sind, die die Umgebung mitprägen und rein rechtlich ähnlich große Gebäude auch auf der Südseite der Brockhauser Straße ermöglichen.
„In stadtgestalterischer Hinsicht wird das geplante Gebäude jedoch in der vorliegenden Form als für den Standort überdimensioniert angesehen, da Plangebiet und Umfeld eine dörfliche Struktur aufweisen und durch überwiegend ein- bis zweigeschossige Wohnbebauung sowie große Gärten geprägt werden“, heißt es aus dem Rathaus. Laut Stadt ist auf dem Grundstück ein Mehrfamilienhaus mit neun Wohnungen vorgesehen.
Die Planung sei auch dem Gestaltungsbeirat der Stadt Bochum (setzt sich aus externen und unabhängigen Experten sowie Vertretern der politischen Fraktionen und dem jeweiligen Bezirksbürgermeister zusammen) vorgestellt worden. Den Empfehlungen des Beirates, die Geschossigkeit des Wohnhauses zu reduzieren und es stärker zu gliedern, um ein harmonischeres Einfügen in die südlich der Brockhauser Straße liegende aufgelockerte Bebauung zu erreichen, „wurde jedoch nicht gefolgt“, teilt die Stadt mit.
Um den Siedlungscharakter zu bewahren und eine Nachverdichtung in diesem Bereich der Brockhauser Straße auf ein angemessenes Maß zu beschränken, ist es aus Sicht der Verwaltung daher erforderlich, einen Bebauungsplan aufzustellen. Ziel dieses Bebauungsplanes sei es, die aufgelockerte Bebauungsstruktur und eine moderate Höhenentwicklung der Gebäude am südlichen Ortsrand von Stiepel zum Ruhrtal hin zu sichern.
Der Bebauungsplan 1044 soll künftig Festsetzungen zur Art und zum Maß der baulichen Nutzung und den überbaubaren Grundstücksflächen treffen. Durch Festsetzung örtlicher Bauvorschriften soll eine Einbindung in das Ortsbild gewährleistet werden.
Auf Eigentümerseite sieht man dem Ganzen gelassen entgegen. „Wir tun ja genau das, was gewünscht wird – uns an die Umgebung anpassen“, sagt Jonas Stasing von der Kappel Hibernia GmbH & Co. KG. Der vorliegende Planentwurf „sei das Beste für das Grundstück“. Man liege von der Höhe her nicht über den Nachbargebäuden. Auch für Stiepel allgemein sei ein Mehrfamilienhaus mit Mietwohnungen ein Gewinn: „Es stöhnen doch alle über die Wohnungsnot.“
Mit dem Gestaltungsbeirat sei man in Gesprächen gewesen. „Dieser wollte allerdings lieber ein Satteldach und eine Natursteinfassade. Das funktioniert nicht“, so Stasing. Man bleibe dabei, ein eckiges Gebäude mit zwei Etagen und einem Staffelgeschoss oben drauf bauen zu wollen. Folgte man den Wünschen von Gestaltungsbeirat und Stadt, „haben wir am Ende vier Wohnungen weniger“.
Grünes Licht vom Ausschuss
Eine Baugenehmigung für den Neubau auf den Grundstücken Brockhauser Straße 63 und 65 sei noch nicht erteilt worden, „da der vorliegende Bauantrag in Teilbereichen gegen Vorschriften des Bauordnungsrechts und des Ortrechts verstößt und hier Änderungsbedarf besteht“, teilt Stadtsprecher Peter van Dyk auf WAZ-Anfrage mit. Darüber sei der Bauherr ebenso informiert worden wie über das Bebauungsplanverfahren. „Die Frist zur Äußerung läuft noch.“
Der Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 1044 ist am Mittwoch 7. November, im Ausschuss für Planung und Grundstücke mehrheitlich (eine Gegenstimme) gefasst worden. Die Bezirksvertretung Süd wird über den Aufstellungsbeschluss am Dienstag, 14. November, beraten.
Nach erfolgtem Aufstellungsbeschluss besteht laut Stadt gemäß Paragraf 15 (Baugesetzbuch) „die Möglichkeit, Bauanträge zurückzustellen, wenn die Durchführung der Bebauungsplanung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird“.