Bochum. Für eine überaus schwere Messerattacke auf seine Ex-Freundin ist ein Bochumer zur Höchststrafe verurteilt worden. Im Saal stänkerte er.

Die Trennung von ihrem Freund musste eine 23-jährige Bochumerin fast mit ihrem Leben bezahlen. Der 26-Jährige hatte sie in der Nacht des 26. April 2023 mit zwei Küchenmessern so entsetzlich verletzt, dass sie bereits zweimal klinisch tot war, aber jeweils reanimiert werden konnte. Das Schwurgericht verurteilte den Bochumer am Dienstag wegen versuchten Mordes und schwerer Körperverletzung zur Höchststrafe: lebenslange Haft.

Damit folgten die Richter dem Antrag von Staatsanwalt Danyal Maibaum. „Sauber!“, rief jemand aus dem Zuschauerbereich.

Während der Urteilsbegründung von Richter Josef Große Feldhaus fing der Angeklagte plötzlich an zu stänkern. Mit unflätiger Wortwahl meinte er etwa, dass sich der Richter etwas „zusammendichte“. Dessen mehrfache Warnungen, still zu sein, ignorierte der Täter. Der Richter lief ihn fesseln und von fünf Wachtmeistern abführen. Dabei spuckte der 26-Jährige einmal. Die restliche Urteilsbegründung fand ohne ihn statt. Nur zur Rechtsmittelbelehrung wurde er noch einmal kurz in den Saal gebracht.

Richter: „Er entschloss sich, die Frau aus Verärgerung, Wut und Rachsucht zu töten“

Die 23-Jährige, eine Auszubildende, und der Angeklagte waren seit 2019 ein Paar. Die Beziehung lief zunächst harmonisch. 2021 zogen beide in eine Wohnung an der Günnigfelder Straße in Wattenscheid. Am Osterfest 2023 trennte sich die junge Frau aber von ihm. Er war in seiner Ausbildung überlastet, ließ sich lange krankschreiben, bekam psychische Probleme und ließ sich hängen. Zudem war er laut Urteil tablettenabhängig, eifersüchtig, kontrollierte ihr Handy und fühlte sich nicht genug beachtet.

Er zog aus, durfte aber nach einigen Tagen vorübergehend in die Wohnung zurückkehren, bis er eine feste Bleibe gefunden hat. In dieser Zeit machte er sich Hoffnung, dass beide wieder ein Paar werden. Am Abend des 25. April machte sie ihm aber klar, dass daraus nichts wird.

„Er war wütend und konnte die endgültige Trennung nicht verwinden“, sagte der Richter. „Er entschloss sich, die Frau aus Verärgerung, Wut und Rachsucht zu töten.“

Immer wieder stach der Täter mit unsagbarer Mitleidlosigkeit zu

Gegen 5 Uhr in der darauffolgenden Nacht, während sie in ihrem Bett schlief, stach er auf seine Ex-Freundin mit äußerster Wucht ein. Die Frau wehrte sie sich verzweifelt und flüchtete ins Badezimmer, hatte aber keine Chance. Immer wieder stach er mit unsagbarer Mitleidlosigkeit zu: auf den Körper, ein Bein und den Kopf. Mindestens 26 Mal.

Durch Hilfeschreie wurde ihre ebenfalls in dem Haus wohnende Familie auf die Bluttat aufmerksam. Als sie die Wohnungstür öffnete, lag das Opfer im Flur. Nur dank der Hilfe der Familie, großer ärztlicher Kunst des Notarztes und des Teams im Bergmannsheil sowie vieler Blutkonserven aus dem ganzen Land habe die Frau gerettet werden können, hieß es im Urteil. „Zwei Schutzengel gleichzeitig“ habe sie gehabt. Trotzdem leidet sie bis heute schwer unter den Verletzungen.

Der nur leicht verletzte Täter wurde in der Wohnung festgenommen. Seitdem sitzt er im Gefängnis. Er ist nicht vorbestraft.

Auch eine zeitig begrenzte Strafe wäre rechtlich möglich gewesen

Urteil wegen Mordes nicht rechtskräftig

Erst am 1. Dezember hatte das Schwurgericht Bochum einen jungen Mann zu lebenslanger Haft verurteilt. Der 27-jährige Türke aus Dortmund hatte am 7. März einen Bochumer (58) in dessen Garage am Hustadtring erschossen. Motiv: Rache wegen einer banalen Verkehrsstreitigkeit sowie Hass auf Deutsche.
Das Gericht stellte auch die besondere Schuldschwere fest und verhängte die Sicherungsverwahrung.
Das Urteil ist aber nicht rechtskräftig, weil die Verteidigung Revision einlegte.

Er selbst schilderte die Tat ganz anders: In der Tatnacht habe er sich selbst töten wollen, mit Tabletten, Alkohol und einem Messer. Plötzlich habe er in der Frau aber wahnhaft jemanden anderes gesehen, der ihn bedrohe, und sich gewehrt. Dieser Version folgte das Gericht nicht.

Das Gericht hätte die lebenslange Strafe auch abmildern und eine zeitig begrenzte Strafe bis zu 15 Jahren verhängen können, weil die Frau überlebte. In 90 Prozent solcher Fälle werde das von Gerichten auch so gemacht, sagte der Richter. Das Unrecht dieser Tat aber wiege so schwer, dass nur lebenslange Haft „eine gerechte Strafe“ sei.