Bochum. Erleiden Menschen einen Herzstillstand, stehen in Bochum 200 Defibrillatoren bereit. Wie häufig werden die „Defis“ genutzt? Die Zahl erstaunt.
250 Bochumerinnen und Bochumer erleiden jährlich einen plötzlichen Herzstillstand. Defibrillatoren können ihr Leben retten. Stadtweit stehen 200 Geräte zur Verfügung. Doch die Zahl der Einsätze ist gering. „Innerhalb von fünf Jahren wurden die ,Defis’ in Bochum sechs Mal angewendet“, berichtete Prof. Andreas Mügge, Kardiologie-Chefarzt im St.-Josef-Hospital, bei einer Info-Veranstaltung im Rahmen der bundesweiten Herzwochen.
65.000 Menschen in Deutschland sterben pro Jahr laut Deutscher Herzstiftung am plötzlichen Herztod: Männer deutlich häufiger als Frauen, überwiegend Senioren ab 70 Jahren, aber auch jüngere Menschen, vielfach mit einer genetischen Vorbelastung. „Herzkrank? Schütze dich vor dem Herzstillstand!“, lautete das Motto der Herzwochen 2023. Im Hörsaalzentrum vermittelten Fachärzte des Katholischen Klinikums und die WAZ als Medienpartner Informationen und Handgriffe, die Leben retten können.
Herzwochen in Bochum: Chefarzt rät dringend zur Vorsorge
So gnadenlos der „Sekundentod“ zuschlägt: „Man kann das Schicksal abwenden und die Gefahr senken“, sagt Andreas Mügge. Dem plötzlichen Herztod gehen fast immer eine koronare Herzkrankheit und ein Herzinfarkt voraus. „Das ist der Killer Nummer eins“, betont Mügge und warnt vor den größten Risikofaktoren: Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Todesfälle in der Familie, Nierenerkrankungen, Übergewicht und Rauchen. Dringender Rat des Klinikdirektors: Männer ab 40 und Frauen ab 50 Jahren sollten mit einem Kardiologen einen Check-up vornehmen.
Auch interessant
Mediziner appellieren: „Im Notfall ist alles besser als nichts zu tun“
Tritt das Kammerflimmern ein, zählt jede Sekunde. „Nach spätestens zehn Minuten ist man tot“, so Mügge. Zwei von drei Herzstillständen ereignen sich zu Hause. Es sind somit häufig die Angehörigen, die als Ersthelfer gefragt sind. Oberarzt Elias Alkhouri erklärt: „Sprechen Sie den Menschen an, rütteln Sie an ihm, prüfen Sie die Atmung. Typisch sind Schnappatmung und Röcheln.“ Sofort den Notruf 112 wählen. Dann mit der ununterbrochenen Herzdruckmassage beginnen. Erst nach zwei bis drei Minuten kann auch eine Mund-zu-Mund-Beatmung folgen. Es gelte: „Man kann nichts falsch machen. Alles ist besser als nichts zu tun.“
200 Defibrillatoren sind in Bochum übers Stadtgebiet verteilt
Zuverlässig stoppen lässt sich das Kammerflimmern nur mit einem Elektroschock. 200 Defibrillatoren sind im Stadtgebiet zu finden, an Plätzen, in öffentlichen Einrichtungen, in Veranstaltungshallen. Die Stadt Bochum zeigt auf ihrer Onlineseite eine Karte mit allen Standorten, zu finden auf bochum.de/Gesundheitsamt/Dienstleistungen-und-Infos/Bochum-Herzsicher.
Die „Defis“ funktionieren automatisch, alle Schritte werden den Nutzern verständlich erklärt. „Es hat sich aber gezeigt, dass meist nichts passiert, wenn man die Geräte einfach nur hinstellt“, sagt Prof. Mügge. Ebenso wichtig sei es, die Beschäftigten im direkten Umfeld zu schulen, etwa im Rathaus oder im Theater.
Kardiologie-Professor fragt: „Wieviel Geld kostet ein Leben?“
Die Zahl von sechs Einsätzen in fünf Jahren will der Chefarzt nicht falsch verstanden wissen. Nur ein Viertel aller Patienten schaffe noch den Weg in ein Krankenhaus. Jeder Defibrillator sei daher ein potenzieller Lebensretter. Die Frage „Lohnt sich das?“ beantwortet Mügge mit einer Gegenfrage: „Wieviel Geld kostet ein Leben?“
Auch interessant
Wie wichtig ein „Defi“ sein kann, verdeutlichte Mügge beim Herztag mit einer Episode, die zehn Jahre alt ist. Der Vorsitzende eines Bochumer Tennisclubs habe lange darauf gedrängt, dass auf der Anlage ein Defibrillator angebracht wird. Ein Tag, nachdem das Gerät installiert wurde, erlitt er einen Herzstillstand. Mügge: „Dank des Defis konnte er gerettet werden und unsere Klinik später aufrecht verlassen.“