Bochum. . Es gibt zwar 175 öffentlich zugängliche und zudem automatische Geräte in Bochum. Doch aus verschiedenen Gründen kommen sie nur selten zum Einsatz.
Rund 400 Menschen in Bochum sterben jährlich den plötzlichen Herztod. Ob der Einsatz eines Defibrillators manches Leben hätte retten können, ist Spekulation. Fakt ist: Die elektrischen Schockgeber werden höchst selten angewendet. „Aus Scheu, aus Nichtwissen und wohl auch, weil manches Gerät gerade in Firmen und Betrieben in Vergessenheit geraten ist“, sagt Dr. Christoph Hanefeld, Direktor der Medizinischen Klinik im St. Elisabeth-Hospital und Leiter des Rettungsdienstes der Stadt.
„Bochum gegen den plötzlichen Herztod“: So hieß eine Kampagne, zu der sich 2003 Kardiologen, Ärztekammer, Feuerwehr und Gesundheitsamt zusammengeschlossen haben. Ziel: möglichst viele öffentliche Einrichtungen und Unternehmen mit den handtaschengroßen AED-Geräten (Automatisierte externe Defibrillatoren) zu bestücken, die auch von Laien zu bedienen sind. Denn im Ernstfall zählt jede Sekunde. Bei bedrohlichen Herzrhythmusstörungen („Kammerflimmern“) sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit mit jeder unbehandelten Minute um zehn Prozent. „Nach sieben bis acht Minuten tritt wegen des Sauerstoffmangels ein meist irreparabler Hirnschaden ein. Wer überlebt, ist schwerst behindert“, weiß Dr. Hanefeld.
„Oft ist es zu spät“
Zwar stehen Rettungswagen stadtweit an neun Standorten bereit. Durchschnittlich brauchen sie acht Minuten, um vor Ort zu sein. Die Notärzte und Sanitäter können gleichwohl meist nichts mehr tun. „Oft ist es zu spät. Lediglich sechs Prozent der Reanimationen bei Kammerflimmern sind erfolgreich“, legt Dr. Hanefeld die Resultate einer Studie vor.
Umso wichtiger und bemerkenswerter, welche Erfolge das Aktionsbündnis bei den „Defis“ vorweisen kann. Seit 2004 wurden 175 Geräte angeschafft: im Rathaus, in den Bürgerbüros und Bädern ebenso wie in den Sparkassen, auf Sportplätzen oder in Schulen. 15.000 Bochumer wurden als Ersthelfer geschult. Allein: Die Einsatzzahlen sind desaströs. Binnen zehn Jahren wurden gerade einmal 17 Defibrillatoren bei Notfällen aktiviert. „Sechs Menschen haben dadurch überlebt“, so Dr. Hanefeld. Der Facharzt betont immer wieder: „Defibrillatoren sind kein Allheilmittel.“ Wesentlicher als der elektrische Lebensretter sei – nach Wählen des Notrufs 112 – die Herzdruckmassage (auch ohne Mund-zu-Mund-Beatmung). „Das Drücken ist als Ersthelfer entscheidend. Der ,Defi’ ist, sofern vorhanden, erst der nächste Schritt in der Rettungskette.“
"Notarzt" kann jeder sein
Eine deutlich höhere Nutzung der rund 1200 Euro teuren Geräte sei gleichwohl wünschenswert. Denn: „Notarzt“ kann jeder Bürger sein. Zwei Elektroden auf den entblößten Brustkorb kleben, Knopf drücken: und die Apparatur erledigt automatisch den Rest. Der Gebrauch ist kinderleicht. Und das im Wortsinne. Kindergartenkindern gelang es bei einem Test, das „sprechende“ Gerät Schritt für Schritt mühelos zu bedienen.
Die Feuerwehr hat inzwischen eine eigene Methode entwickelt, um mehr Stromschocker zum Einsatz zu bringen. Geht ein Notruf ein, wird am Bildschirm automatisch angezeigt, wo sich der nächstgelegene „Defi“ befindet. Der entsprechende Ersthelfer wird angerufen und gebeten, sofort Hilfe zu leisten.