Bochum. Vier Bohrungen fanden an der Hattinger Straße in Bochum schon statt. Dafür ist die Bezirksregierung Arnsberg verantwortlich. Das steht nun fest.

Zu einem ersten Ergebnis haben die Sondierungsbohrungen im Bereich der beiden Tagesbrüche auf der Hattinger Straße geführt. Peter Hogrebe, Sprecher der zuständigen Abteilung der Bezirksregierung, erklärt auf Anfrage: „Jetzt steht zumindest fest, dass der es bei dem größeren Tagesbruch keinerlei Hinweise auf den Bergbau als Ursache gibt.“

Am Montag (20.11.) hatte ein Essener Spezialunternehmen mit den Vorbereitungen für die Sondierungsbohrungen begonnen. Der Auftrag durch die Bezirksregierung Arnsberg gilt als Hinweis darauf, dass es den Verdacht auf einen Bergschaden gab.

Nach den ersten beiden Bohrungen am Dienstag mit dem Spülbohrverfahren bis in eine Tiefe von rund 30 Metern konnten allerdings keinerlei Hinweise auf bergbauliche Hinterlassenschaften oder Ursachen wie ein Flöz entdeckt werden. Es wurden für den Mittwoch weitere zwei Bohrungen neben und unter der Schadensstelle durchgeführt.

Ergebnisse zum größeren der beiden Tagesbrüche

Die Ergebnisse dieser Bohrungen liegen seit Donnerstagmorgen, 23. November, vor. Demnach konnte der Verdacht auf den Bergbau als Ursache an dieser Stelle nicht erhärtet werden. Damit ist die Arbeit des Bohrunternehmens aber noch nicht beendet.

Jetzt wird, so teilt die Bezirksregierung mit, auch das kleinere, zuerst aufgetretene Loch direkt neben der Straße, nur wenige Meter von der größeren Schadensstelle entfernt, untersucht. „Auch hier kommt das Bohrgerät zum Einsatz“, so Peter Hogrebe. Die andere Schadensstelle werde nun der Stadt übergeben, die jetzt die Aufgabe habe, die Ursache für den Hohlraum, der letztlich zu dem Schaden geführt habe, herauszufinden. „Darüber wollen wir aber jetzt nicht spekulieren. Das ist Aufgabe der Stadt.“

Bei ähnlichen solcher Tagesbrüche, wie etwa einem sehr großen an der Wattenscheider Straße in der Nähe der damaligen Baustelle des neuen Autobahndreiecks Bochum-West, wurden Unterspülungen durch Wasser als Ursache herausgefunden. Hier sind häufig defekte Kanäle oder Wasserleitungen der Grund.

So haben wir bisher berichtet

Das Gebiet des aktuellen Tagesbruchs an der Hattinger Straße ähnelt unterirdisch einem Maulwurfsbau. Der Unterschied ist, dass viele der Gänge unter Tage, der Bergmann spricht vom Streb oder Stollen, auf Karten verzeichnet sind, die zum Teil bis ins 18. Jahrhundert zurückreichen. Das wissen auch die Bergbehörden. Da das Flöz mit dem klangvollen Namen „Sonnenschein“ mit hoher Wahrscheinlichkeit in unmittelbarer Nähe des jetzigen Tagesbruchs sehr nahe an die Oberfläche kommt, haben jetzt die bereits angekündigten intensiven Sondierungsarbeiten des erfahrenen Spezialunternehmens Grundbau Essen GmbH begonnen.

Komplizierte Ursachenforschung läuft

Im Auftrag der Bezirksregierung Arnsberg wird nun mit dem Spülbohrverfahren nach der Ursache für den folgenschweren Tagesbruch gesucht. Durch den Schaden ist die wichtige Hattinger Straße in Linden komplett gesperrt. Der Autoverkehr wird über die Wuppertaler Straße abgeleitet und der Straßenbahnverkehr nach Hattingen ist unterbrochen. Es fahren Ersatzbusse der Bogestra.

Der Bohrer beginnt sich am Dienstag, 21. November, um 10.45 Uhr zu drehen. Die erste, von möglicherweise zig Sondierungsbohrungen. Bei optimalen Bedingungen kann die Maschine knapp 100 Meter tief ins Erdreich vordringen. Bei einer solchen Spülkopfbohrung wird das Bohrgut mit Wasser ausgespült. Der Bohrführer dokumentiert genau, in welcher Tiefe welcher Grund, möglicherweise Kohle führende Schichten oder Hohlräume angetroffen wurden.

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Je engmaschiger gebohrt wird, desto aussagekräftiger sind schließlich die Aussagen über die Situation unter Tage. Nach Auskunft von Peter Hogrebe von der Bezirksregierung Arnsberg könne womöglich noch am Dienstag mit den ersten Ergebnissen der Sondierungsbohrungen gerechnet werden. Am späten Nachmittag gab es diese Infos: „Es sind bisher zwei Bohrungen etwa bis in eine Tiefe von 30 Metern erfolgt. Bisher gab es keinerlei Hinweise auf den Bergbau als Ursache“, so Hogrebe. Es würden aber weitere Sondierungsbohrungen erfolgen.

Bergbau in diesem Bereich schon vor knapp 300 Jahren

Doch was ist über den Bergbau im unmittelbaren Umfeld des Tagesbruches bekannt? Möglicherweise relevant sind nicht die Tiefbauzechen, wie etwa Friedlicher Nachbar oder Dahlhauser Tiefbau, sondern entweder früher Stollenbergbau oder die Kleinzeche Nordpol, die ganz in der Nähe von 1948 bis 1965 oberflächennah Flözpartien abbaute. Immerhin erreichte diese Kleinzeche 1957 bei einer Belegschaft von 34 Bergleuten einen Spitzenabbaumenge von 9465 Tonnen. Ganz in der Nähe lag zudem der bereits wohl vor 1770 begonnene Stollen „Glückssonne“.

In unmittelbarer Nähe ist es in den vergangenen 50 Jahren mehrfach zu Tagesbrüchen gekommen. So stießen im März 2003 Bagger bei Kanalbauarbeiten bei Ausschachtungsarbeiten an der Wuppertaler Straße/Ecke Kolkmannskamp auf ein Kohlenflöz. Die WAZ berichtete. Ein ehemaliger Steiger der Zeche Nordpol hatte ihn als Flöz Sonnenschein identifiziert. Zu einem weiteren Tagesbruch kam es auf offenem Feld an der Hattinger Straße gegenüber dem dortigen Autohandel Drössiger, ebenfalls nur gut 100 Meter entfernt vom jetzigen Tagesbruch.

Der folgenreichste Tagesbruch in diesem Bereich, der nur durch einen glücklichen Zufall keine Opfer forderte, ereignete sich am 11. Februar 1970 auf Hattinger Stadtgebiet. Nur durch die schnelle Reaktion eines Busfahrers, der mit einem Linienbus und rund 30 Fahrgästen auf der Dahlhauser Straße unterwegs war, konnte eine Katastrophe verhindert werden. Als sich plötzlich die Erde auftat, gab der Fahrer Vollgas und verhinderte so, dass der Bus nebst Insassen in das rund 15 Meter im Durchmesser und 80 Meter tiefe Loch stürzte. Das Bergamt stellte damals fest, dass ein alter Stollen der Zeche „Verlorener Sohn“ als Ursache in Frage kam.