Am 11. Februar 1970 brach die Dahlhauser Straße ein. Ursache war ein nicht verfüllter Stollen der Zeche Verlorner Sohn.
Viertel vor sieben am Abend: Ein Linienbus mit etwa 30 Fahrgästen fährt über die Dahlhauser Straße in Winz-Baak. Kurz nachdem Busfahrer Heinz Zaydowicz ein kleines Loch am Straßenrand bemerkt, sackt plötzlich der hintere Teil seines Busses ab. Geistesgegenwärtig gibt er Vollgas – und rettet seinen Fahrgästen damit das Leben. Hinter ihm hatte sich ein Tagesbruch aufgetan, der auch 40 Jahre später zu den gewaltigsten im Ruhrgebiet zählt.
15 Meter Durchmesser und 80 Meter Tiefe hat die Feuerwehr damals gemessen. Schnell war klar: Das Unglück muss auf alte Stollen der Zeche Verlorner Sohn zurückzuführen sein. An dieser Stelle bauten Kumpel einst das Flöz Sonnenbank ab.
„Als ich dann ausstieg, war von der Straße nichts mehr zu sehen”, erzählte Busfahrer Zaydowicz gegenüber der Hattinger Zeitung. Die Informationen flossen nur spärlich: Am nächsten Morgen berichtete die Zeitung über ein 15 Meter großes Loch, tags darauf dann von einem etwa 25 Meter großen.
Auch der WDR sendete in seiner Fernsehsendung „Hier und Heute” einen Beitrag aus der Hattinger Nordstadt. Ein Mitarbeiter des Bergamtes Essen wurde dabei mit Fragen konfrontiert. Fakt schon damals: Tagesbrüche wie dieser können im Ruhrgebiet immer und überall auftreten.
Selbst an der Dahlhauser Straße sackte die Straße im Februar 1970 weder zum ersten noch zum letzten Mal ab. In den Jahren 1955 und 2004 passierte ähnliches, jedoch mit weitaus geringerem Ausmaß.
Mit Tagesbrüchen muss in diesem Gebiet auch heute noch gerechnet werden. Karten helfen zwar bei der Lokalisierung der vorhandenen Stollen, doch deren Aussagekraft lässt oft zu wünschen übrig. Holger Wosnitza, der selbst in unmittelbarer Nähe der Einbruchstelle von 1970 wohnt, meldet Bedenken an. „Im Zweiten Weltkrieg wurde Verlorner Sohn nochmals in Betrieb genommen. Doch es wurde wilder Bergbau betrieben. Dass bedeutet, dass in Karten nichts verzeichnet wurde.”
Sorgen bereitet ein weiterer Stollen, der die Dahlhauser Straße nicht schneidet, sondern parallel in Richtung Regerstraße bis zur Gaststätte „Zum alten Jäger” verläuft. Wosnitza: „Dieser Stollen ist sicherlich nicht verfüllt. Als ich mir das Grubenbild vor zehn Jahren angesehen habe, war der Stollen darin nicht eingezeichnet. Nähere Unterlagen gibt es auch nicht.” Stattdessen hält sich die Legende von Bergmännern, die damals aus dem Stollen ans Tageslicht kamen, in der Wirtschaft Schnaps kauften, und wieder einfuhren.
Trotz der nahezu sicheren Gewissheit über einen nicht verfüllten Stollen verfällt Wosnitza nicht in Panik – aber: „Ich denke es ist an der Zeit, in dieser Angelegenheit auch einmal aktiv zu werden – und nicht erst handeln, wenn es schon zu spät ist.”