Bochum. Thyssenkrupp nimmt in Bochum die Produktion einer neuen Spezialanlage auf. Außerdem gibt es noch zwei weitere gute Nachrichten.
Wer mit Stahlindustrie staubige Hallen, ölverschmierte Gesichter und infernalischen Lärm verbindet, muss zumindest die beiden erstgenannten als Relikte aus einer anderen Zeit vergessen. Diesen Eindruck bekamen die geladenen Gäste beim Produktionsstart des neuen Doppelreversiergerüstes am Bochumer Thyssenkrupp-Stahl-Standort an der Essener Straße. Allein der Lärm in der riesigen Werkshalle ist geblieben, wenn vielleicht auch nicht mehr ganz so heftig wie früher.
Sauber poliert und so glänzend, dass man sich drin spiegeln kann, präsentiert sich an diesem Montagmorgen dieses kompakte Kaltwalzwerk, das es jedoch in sich hat. Allein für die Anlieferung des Betons für das Fundament der Anlage waren 613 Fuhren mit großen Betonmischlastwagen nötig. Für die Stabilität verbauten die Arbeiter zusätzlich 1000 Tonnen Armierungsstahl.
Thyssenkrupp Stahl in Bochum: Besondere Anlage geht an den Start
Werksleiter Markus Kovac freute sich sichtlich, dass es trotz Corona-Epidemie und Ukraine-Krieg gelungen ist, in rund zwölf Monaten eine Anlage fertigzustellen, die in der Lage ist, binnen eines Jahres 475.000 Tonnen Stahl zu walzen. Für höherfeste Stähle und Elektroband, wie es für Elektromotoren gebraucht wird. werden dort Bleche produziert.
Und wie zu walzen: Bestimmte Stähle, wie sie etwa für die Elektromobilität benötigt werden, können bis zu einer Dicke von 0,2 Millimeter ausgewalzt werden, wenig mehr als zwei Blatt Papier. Dafür sorgen jeweils sechs zusammen arbeitende Walzen, die in zwei Ständern verbaut sind, und 2200 Tonnen Druck auf den Stahl ausüben können. Das Stahlband wird zwischen den beiden Ständern ständig hin und her bewegt.
Thomas Eiskirch: Bochum ist gerne Stahlstadt
Zur Modernisierung des Standorts kommen noch in diesem Jahr eine, über 300 Meter lange Glüh- und Isolierlinie sowie eine Elektroband-Inspektionslinie hinzu. Für alle drei anlagen zusammen investiert Thyssenkrupp Stahl an seinem zweitgrößten Standort Bochum rund 300 Millionen Euro.
Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) freute sich sichtlich, dass Bochum einen solch großen Anteil an den Gesamtinvestitionen des Stahlkonzerns abbekommen hat. „Bochum ist gerne Stahlstadt. Ich freue mich sehr, dass Thyssenkrupp hier sein Kompetenzzentrum für Elektromobilität aufbaut.“ Vor allem die Sicherung der derzeit rund 2400 Arbeitsplätze sei eine wichtige Nachricht in diesen schwierigen Zeiten. Betriebsratschef Engin Karakurt ergänzte: „Die Bochumer Mannschaft hier wird alles tun, dass wir hier auch in Zukunft bleiben.“
Thyssenkrupp-Standort an der Castroper Straße produziert vorerst weiter
Am Rande der kleinen Feier, gab es noch zwei weitere gute Nachrichten für die Stahlstadt Bochum. Thyssenkrupp Stahl hat entschieden, das eigentlich schon im kommenden Jahr für eine Schließung vorgesehene Werk an der Castroper Straße, früher EBG, vorerst noch weiterlaufen zu lassen. Es ist von einer Verschiebung dieser Maßnahme bis spätestens 2030 die Rede. Die Warmbandstraße an der Essener Straße, deren Ende ebenfalls beschlossen ist, wird ebenfalls noch länger produzieren als ursprünglich geplant. Die hänge allerdings mit länger als angestrebt dauernden Umbauarbeiten im Duisburger Werk zusammen.
Insofern klatschten die sonst eher zurückhaltenden und durch harte Einsparungen der vergangenen Jahre Kummer gewohnten Mitarbeiter nach der Ankündigung von Heike Denecke-Arnold, dem eigens aus Duisburg angereisten Produktionsvorstand: „Dies ist eine wegweisende Investition. Heute ist daher ein guter Tag für TKS und ein sehr guter Tag für Bochum.“