Bochum. Die Sorge in Bochum ist groß: Zum Winter könnte vermehrt Unterricht ausfallen, teils ist das schon der Fall. Zur Lage an den einzelnen Schulen.

Kranke Lehrkräfte, ausfallender Unterricht: Manch eine Schule in Bochum blickt mit Sorge auf den Winter. An der Emil-von-Behring-Grundschule gab es bereits vor den Herbstferien einen hohen Krankenstand. Klassen wurden zusammengelegt, 14 Stunden sind ausgefallen, Eltern wurden an einem Tag gebeten, ihre Kinder wenn möglich zu Hause zu betreuen. Das teilt die zuständige Bezirksregierung Arnsberg auf Nachfrage mit.

Auch andere Schulen waren oder sind betroffen – wenn auch nicht so stark. An der Nelson-Mandela-Sekundarschule in Bochum ist vergangene Woche jede vierte Lehrkraft ausgefallen. Die Konsequenz: „Unterrichtsausfall für Schüler*innen trotz Mehrarbeit für anwesende Lehrkräfte“, sagt Leiterin Claudia Aldibas.

Zehn kranke Lehrkräfte nach den Herbstferien an einer Schule in Bochum

An der Werner-von-Siemens-Hauptschule spüre man ebenfalls die jahreszeitlich bedingten Infektionswellen. „In den ersten beiden Tagen nach Ferienbeginn haben wir bereits zehn kollegiale, mehrtägige Krankmeldungen erhalten“, so Leiterin Ute Meyer-Lerch. Das sei fast ein Viertel der Lehrkräfte. „Für den Winter befürchten wir erfahrungsgemäß eine weitere Erhöhung des Krankenstandes und Probleme bei der Unterrichtsversorgung“, so Meyer-Lerch.

Susanne Reick-Partenheimer, Pädagogische Leitung der Freien Schule, erklärt: „Auch an unserer Schule ist der Krankenstand nach den Herbstferien höher als sonst üblich und war es auch vor den Herbstferien schon. Aufgrund des Personalmangels kommt es aktuell zu Ausfallstunden, was an unserer Schule eher selten vorkommt.“

An vielen Schulen in Bochum ist die Lage hingegen (noch) entspannt. Das erklären unter anderem die Grundschule Westenfeld, das Theodor-Körner-Gymnasium, die Neulinggrundschule, die Brüder-Grimm-Förderschule, die Anne-Frank-Realschule und das Goethe-Gymnasium auf eine Rundmail unserer Redaktion. So auch am Neuen Gymnasium, wo es bisher keine Personalengpässe aufgrund von Erkrankungen gab. Schulleiter Oliver Bauer: „Allerdings war der Krankenstand bei den Schülerinnen und Schülern im August und im September sehr hoch. Ich befürchte, dass im Winter die Zahlen im Zuge der Grippewelle noch einmal steigen werden.“

Lehrkräftemangel beschäftigt viele Schulen in Bochum. Durch Krankheitsfälle im Herbst und Winter wird das Problem zusätzlich verstärkt.
Lehrkräftemangel beschäftigt viele Schulen in Bochum. Durch Krankheitsfälle im Herbst und Winter wird das Problem zusätzlich verstärkt. © dpa | Caroline Seidel-Dißmannel

„Im Notfall muss Unterricht ausfallen“

Das befürchtet auch Sabine Stanicki, Leiterin der Maria-Sybilla-Merian-Gesamtschule, wo es bisher keine erhöhte Anzahl an Krankmeldungen gibt. „Im Notfall muss Unterricht ausfallen. Eine OGS oder Ähnliches hat unsere Schulform nicht“, so Stanicki. Unterrichtsausfall sei aber nur die letzte Option, stattdessen versuche man, Stunden vorzuverlegen, Vertretungen einzusetzen oder Studienzeit, also Aufgaben für zu Hause, zu geben.

Mehrere Schulleitungen betonen im Gespräch, dass die Engpässe an den Schulen nicht allein mit den erkrankten Lehrkräften zusammenhängen, sondern vielmehr mit dem großen Lehrermangel. Annikki Schimrigk von der Rudolf-Steiner-Schule erklärt: „Bisher ist es uns glücklicherweise gut gelungen, ausfallende Unterrichte über den Vertretungspool abzudecken, sodass nur wenige Stunden komplett entfallen mussten.“

An den Grundschulen in Bochum fehlen 76 Lehrerinnen und Lehrer

Keine Meldepflicht bei Corona und Co. – Wunsch nach Testkits

Sabine Stanicki, Leiterin der Maria-Sybilla-Merian-Gesamtschule, befürchtet, dass dieser Winter schwieriger werden könnte als bisherige. Die Menschen seien insgesamt vorsichtiger, so auch Eltern, die ihre Kinder aufgrund eines Schnupfens zu Hause lassen oder sie andersherum, trotz deutlicher Symptome, in die Schule schicken und damit viele anstecken. „Ob Corona, Grippe oder Erkältung sei mal dahin gestellt“, so Stanicki. Es bestehe keine Meldepflicht, man könne nur reagieren und nicht präventiv auf schützende Regeln wie Maske oder Tests verweisen.

„Wünschenswert wäre die Ausstattung mit frischen und aktuellen Testkits, die ich den KollegInnen für sich oder für ihre Lerngruppen zur Testung zur Verfügung stellen könnte“, sagt Ute Meyer-Lerch von der Werner-von-Siemensschule. Das wäre auch sinnvoll mit Blick auf schwangere Kolleginnen oder auch an der Schule arbeitende und lernende Menschen mit Vorerkrankungen, die sich dann frühzeitig schützen könnten

Noch deutlicher macht es Kerstin Krimpmann, Leiterin der Kirchschule in Höntrop: „Jeder Lehrerausfall bedeutet, dass das System Schule zusammenzubrechen droht.“ Auch wenn es an der Kirchschule in diesem Schuljahr bisher keinen erhöhten Krankenstand gab – was sich mit dem beginnenden Herbst aber ändern könne. Eigentlich solle die Lehrkräftequote an Schulen bei über 100 Prozent liegen, damit ein Ausfall kompensiert werden kann. Gerade in Wattenscheid liege diese aber deutlich darunter, so Krimpmann.

Das zeigen auch Zahlen der Bezirksregierung aus Mai 2023. Betrachtet man die Lehrerausstattung an den Schulen in Bochum, zeigt sich: Jede 20. Stelle ist unbesetzt, an den Grundschulen fehlt sogar jede zehnte Lehrkraft. In realen Zahlen: An den Grundschulen in Bochum fehlen stadtweit 76 Lehrerinnen und Lehrer.