Bochum/Witten. Im Prozess um den Mord an einem Bochumer (58) brach einer der Angeklagten sein Schweigen. Auch ein Porsche-Raub war Thema.

Im Prozess um den heimtückischen Mord an einem 58-jährigen Bochumer ist der 27-jährige Hauptangeklagte stark belastet worden – von seinem engen Freund (29), der ebenfalls angeklagt ist. Während der 27-Jährige, ein Türke aus Dortmund, fast keinerlei äußerliche Regung zeigt und kein Wort sagt, brach der 29-Jährige, ein Familienvater aus Witten, sein Schweigen.

Tatmotiv soll Verärgerung nach einer banalen Verkehrsstreitigkeit gewesen sein

Es geht um die sieben tödlichen Schüsse, mit denen das Opfer, ein alleinstehender Mitarbeiter der Telekom in Dortmund, am Morgen des 7. März in seinem Auto auf seinem Stellplatz in einer Gemeinschaftsgarage am Bochumer Hustadtring geradezu hingerichtet worden war. Die Geschosse trafen in den Körper und den Kopf. Tatmotiv sollen Verärgerung und gekränkte Ehre nach einer banalen Verkehrsstreitigkeit einige Tage zuvor gewesen sein, außerdem Hass auf Deutsche.

In dieser Gemeinschaftsgarage wurde ein 58-jähriger Bochumer am 7. März erschossen.
In dieser Gemeinschaftsgarage wurde ein 58-jähriger Bochumer am 7. März erschossen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Der 29-jährige Angeklagte erklärte, dass er von seinem Freund kurz nach der Tat angerufen worden sei mit der Bitte, dass er in die Nähe des Hustadtrings kommen solle. Er sei mit seinem Auto dorthin gefahren. Sein Freund sei dann zu ihm ins Auto gestiegen und habe gesagt, dass er gerade jemanden erschossen habe. Das habe er aber nicht ernst genommen, erklärte der Wittener.

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Gleichwohl habe er die Bitte erfüllt, den Wagen des mutmaßlichen Todesschützen vom unmittelbaren Tatort an der Garage wegzufahren. Vor dem Schwurgericht wird dem Wittener versuchte Strafvereitelung vorgeworfen. Und auch der Besitz einer scharfen Waffe an seiner Wohnadresse. Diese, sagte er, habe er bei einer Wohnungsentrümpelung gefunden.

Unternehmer in seinem Porsche mit der Waffe bedroht und diese dabei durchgeladen

Unterdessen kommen in dem Prozess immer mehr Details ans Licht, die belegen sollen, zu welcher Kaltblütigkeit der Hauptangeklagte fähig gewesen sein soll. Außer dem Mord vom Bochumer Hustadtring wird ihm auch ein bewaffneter Raubüberfall auf einen Unternehmer (65) in der Nähe seines Wohnhauses im Dortmunder Süden vorgeworfen.

Mehreren Zeugenaussagen vom Dienstag zufolge fuhr der Unternehmer am 21. Dezember 2022 gegen 9.15 Uhr mit seinem Porsche Cayenne zur Arbeit. Nach wenigen Metern wurde er von einem jungen Mann mit einer gelben Warnweste angehalten: Er arbeite für eine Umweltbehörde und wolle eine Beschädigung an Bäumen aufklären. Als der Porsche-Fahrer nach dem Ausweis fragte, soll der junge Mann eine scharfe Pistole gezückt, sie direkt auf den Kopf des Fahrers gerichtet und durchgeladen haben. Der Fahrer musste aussteigen und sein Handy auf den Boden legen. Dann schoss der Räuber zweimal auf das Gerät. „Keine Polizei, sonst wird’s schlimmer!“, habe er gedroht. Mit dem Luxuswagen flüchtete er. Unterwegs soll er das durchlöcherte Handy weggeworfen haben.

Der unmittelbare Tatort in Bochum, der Parkplatz des Opfers. Die gelben Kreise markieren die Fundorte der leeren Patronenhülsen.
Der unmittelbare Tatort in Bochum, der Parkplatz des Opfers. Die gelben Kreise markieren die Fundorte der leeren Patronenhülsen. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Zwei Tage später wurde der Porsche unweit der Wohnung des Hauptangeklagten am Straßenrand in der Dortmunder Nordstadt gefunden und sichergestellt. Bei seiner Festnahme Ende Mai in seiner Wohnung durch ein SEK der Polizei lagen die Autoschlüssel des Porsche und die mutmaßliche Tatwaffe von beiden Tatorten in Bochum und Dortmund.

Sohn des Raubopfers: „Er stand vollkommen unter Schock“

Psychiater beurteilen die Schuldfähigkeit

Der Prozess wird am Mittwoch (25.) fortgesetzt. Weitere Termine sind bis 1. Dezember festgesetzt.

Im Saal sitzen auch eine forensische Psychiaterin und ein Psychiater. Sie sollen die Schuldfähigkeit des Hauptangeklagten einschätzen.

„Er stand vollkommen unter Schock“, sagte ein Sohn (29) des Raubopfers den Richtern. Die Familie habe zu Hause die Türschlösser ausgetauscht und einen Sicherheitsdienst engagiert. Vor das Haus sei ein Auto hingestellt worden, das große Ähnlichkeit mit einem Polizeifahrzeug habe. Sein Vater sei „sehr, sehr psychisch belastet“ gewesen, erklärte ein weiterer Sohn (20). Und ein Kripo-Beamter sagte im Zeugenstand: „Er war von der ganzen Situation sehr mitgenommen und zittrig. Er fühlte sich bedroht und hat sich große Sorgen gemacht.“

Seine eigene Zeugenaussage und damit die unmittelbare Wiederbegegnung mit dem mutmaßlichen Räuber und Mörder im Gerichtssaal hat der Unternehmer noch vor sich.