Bochum. Wenn in den nächsten Monaten mehr als 1000 Bäume gefällt werden, droht wieder Protest. Die Stadt nennt einige Gründe für diese Fällarbeiten.
Im Oktober beginnt die sogenannte Fällsaison. Weit über 1000 Bäume werden bis Ende Februar nächsten Jahres in Bochum gefällt. Erlaubt ist dies nach dem Bundesnaturschutzgesetz, unabhängig von der Baumschutzsatzung nur in diesen Monaten. Da es in in der Vergangenheit häufig zu Protesten beim Fällen bestimmter Bäume gekommen war, veröffentlicht die Stadt seit rund 15 Jahren im Vorfeld Listen mit den für Fällungen vorgesehenen Bäumen. Baummanager Marcus Kamplade vom Umwelt- und Grünflächenamt: „Dabei machen wir uns die Entscheidungen nicht einfach.“
Kamplade hat keinen leichten Job. Auf der einen Seite versteht er sich als Anwalt der Bäume und des Grüns in der Stadt, gleichzeitig ist es seine Aufgabe, getroffene Entscheidungen zu kommunizieren und zu erklären. „Das Verständnis ist natürlich nicht immer da“, weiß er.
Nur wenige Platanen an der Alleestraße bleiben erhalten
An einigen Stellen dürften die Fällarbeiten besonders auffallen. So an der Alleestraße zwischen Westring und Bessemerstraße. Dort stehen 46 Straßenbäume, darunter viele Eschen. Auf der Alleestraße wurden dort bereits die schon seit Jahren nicht mehr benötigten alten Straßenbahnschienen entfernt. Die Straße erhält einen komplett neuen Zuschnitt, mit Radwegen und einem Mittelstreifen. Außerdem sollen in der Mitte, ähnlich wie an der Hattinger Straße, Entwässerungs-Rigolen installiert werden.
Es wurden Gutachten erstellt, die sich mit den Möglichkeiten des Erhalts befassten. Da durch die dort geplanten Kanal- und Tiefbauarbeiten das Wurzelwerk weiter beschädigt würde, machte es laut Kamplade in den meisten Fällen keinen Sinn, die Bäume dort zu erhalten. Ausnahme: Im Bereich der historischen Tankstelle (Autovermietung) und dem Bochumer Verein Verkehrstechnik stehen einige mächtige Platanen. „Wir setzen hier den Saugbagger ein, um die Wurzeln zu schonen. Diese Bäume werden erhalten.“
Anderes Beispiel: 43 Bäume müssen im Bereich von öffentlichen Kinderspielplätzen gefällt werden. Hier setzen die Baumkontrolleure, die auch mithilfe des Baumkatasters, in dem alle Bäume aufgeführt sind, besondere Maßstäbe. Die Verkehrssicherungspflicht ist ein hohes Gut. Zur Erinnerung: So stürzte im Mai dieses Jahres ein Ahornbaum um, der – wie sich dann herausstellte, krank gewesen war – ohne erkennbaren Grund im Bereich eines Spielplatzes an der Diekampstraße. Es blieb beim Sachschaden, aber die Aufregung war groß.
In diesem Winter werden ganz in der Nähe auf dem Spielplatz „Max und Klara’s Land“ zwei große Rosskastanien gefällt. Dabei ist die Bezeichnung „abgängig“ in den städtischen Fälllisten für Laien schwer zu verstehen. Denn dieser Hinweis bedeutet, dass etwa schwere Schäden an der Krone vorliegen, der Baum also nicht mehr zu retten sein wird.
In Zweifelsfällen wird der Baum besonders beobachtet
Es gibt aber auch Zweifelsfälle. So gibt es in Bochum etliche sogenannte Standort prägende Bäume, die zwar kein Naturdenkmal sind, aber dennoch für eine bestimmte Straße, einen Park oder ein Viertel eine besondere Bedeutung haben. Dann greife das „sechs Augenprinzip“, der Baum wird engmaschig kontrolliert und ist ein Beobachtungsbaum.
Besonders der Naturschutzbeirat, der als letztes nach dem Umweltausschuss und den Bezirksvertretungen die Mitteilung über die aktuelle geplanten Baumfällungen informiert ist, reagiert erfahrungsgemäß äußerst kritisch. Dass parallel zur Fällsaison bis zum April 2024 die Pflanzsaison mit zwischen 800 und 1000 neu gesetzten Bäumen läuft, beruhigt da nicht unbedingt.