Bochum. Ein Saugbagger ist zurzeit an der Hauptstraße in Bochum im Einsatz. Die Maschine soll Straßenbäume erhalten, während unter ihnen gebaut wird.

Die riesige Maschine funktioniert wie ein Staubsauger, nur sehr, sehr viel kräftiger. Kein Wunder, denn sie muss keinen Staub und keine Krümel beseitigen, sondern schwere Erde unter Straßenbäumen. Saugbagger heißt die Maschine. Ihre Aufgabe: Platz schaffen für unterirdische Bauarbeiten und gleichzeitig die Bäume retten.

Zurzeit ist so ein Bagger an der Hauptstraße in Langendreer im Einsatz. Dort wird seit Ende 2022 der Querschnitt der Straße ganz neu gestaltet. Bis Juli 2024 soll das dauern. Unter anderem werden Versorgungsleitungen unter dem Gehweg erneuert. In früheren Jahren wären deshalb die rund 60 Platanen, die zu beiden Seiten der Straße stehen, „wahrscheinlich gefällt worden“, wie der städtische Baummanager Marcus Kamplade sagt.

Saugbagger kostet mehrere 100.000 Euro

Ein großer Verlust wäre dies, denn die bis zu 20 Meter hohen Riesen sind bis zu 70 Jahre alt und gesund. Um eine Fällung zu vermeiden, wird der mehrere 100.000 Euro teure Saugbagger eingesetzt.

Die alten Versorgungsleitungen verlaufen durch das freigelegte Wurzelwerk hindurch. Sie werden zeitnah durch Neue ausgetauscht. Oben: Marcus Kamplade.
Die alten Versorgungsleitungen verlaufen durch das freigelegte Wurzelwerk hindurch. Sie werden zeitnah durch Neue ausgetauscht. Oben: Marcus Kamplade. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Mit ungeheurer Zugkraft saugt ein dicker Rüssel das Erdreich im oberen Wurzelbereich der Bäume weg und schleudert es in den Bauch der Maschine. Bei dem lehmigen Boden ist das Schwerstarbeit. Die Front des Rüssels ist so konstruiert, dass die Wurzeln nicht angerissen werden können, sonst könnten gefährliche Pilze eindringen. Am Ende des Saugvorgangs liegen die Fein-und die Grobwurzeln der Platanen im oberen Bereich des Wurzelwerks völlig frei. Im tieferen Bereich wird nicht gesaugt, denn sonst würden die Wasser- und Nährstoffversorgung und auch die Stabilität völlig zerstört.

Am Ende des Saugvorgangs liegen nicht nur Wurzeln frei, sondern auch die alten Versorgungsleitungen, die jetzt erneuert werden müssen. Die Bauarbeiter haben nun genug Platz für den Austausch der Leitungen und andere Baumaßnahmen – teilweise durch das bloßgelegte Wurzelwerk hindurch. Nach Abschluss der Arbeiten wird die Grube wieder mit Erde und speziellem Pflanzsubstrat verfüllt. Dieses speichert Feuchtigkeit und Sauerstoff.

Anwohner in Bochum ist besorgt um den Erhalt der Straßenbäume

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„Ich gehe nicht davon aus, dass auch nur eine Platane absterben wird“, sagt Kamplade und widerspricht damit einem besorgten Anwohner, der anzweifelt, „dass so ein aufwendiges Verfahren mit Überlebenschancen der Bäume durchgeführt“ werden könne.

Der städtische Baummanager betont, dass die Saugarbeiten von einer Baumpflegefachfirma begleitet werden. Sie behandle die Wurzeln und nehme auch einen „Kronenausgleichsschnitt“ vor, damit das Wurzelwerk vorübergehend weniger Blattwerk zu versorgen habe.

Baustelle ist 900 Meter lang

Die Stadt Bochum erneuert die Hauptstraße auf einer Länge von 900 Metern – bis zur Stadtgrenze zu Dortmund. Dahinter (Provinzialstraße) übernimmt die Stadt Dortmund.

Auf jeder Seite sind separate Radfahrstreifen vorgesehen. Dafür entfällt eine Fahrspur für den motorisierten Verkehr. Parkplätze werden zwischen den Platanen geschaffen.

Auch neue Versorgungsleitungen werden unter die Erde gebracht: Strom, Wasser, Glasfaser, Telekom, Gas.

„Ich bin schon ein bisschen stolz darauf, die Bäume zu erhalten und gleichzeitig einen Vollausbau zu ermöglichen“, sagt Kamplade.

Saugbagger ist in Bochum schon seit mehreren Jahren im Einsatz

So eine Maßnahme sei allerdings nicht bei allen Baumarten machbar, weil das jeweilige Wurzelwerk unterschiedlich sensibel sei. Die Platane sei dafür aber – anders als etwa Buchen, Linden oder Eichen – unempfindlicher.

Bereits seit einigen Jahren setzt die Stadt Bochum Saugbagger ein, um Bäume zu erhalten. Erstmals beim Bau der Kortumstraße zwischen Goetheplatz und Nordring, später dann auch an der Königsallee und der Flottmannstraße. Zum Schnäppchenpreis gibt’s den Saugbagger, der von einer Fachfirma gestellt wird, aber nicht: Pro Stunde soll er zwischen 180 und 220 Euro kosten.