Bochum. Wer in Bochum studiert und einen Wohnheimplatz sucht, muss geduldig sein. Ein Grund: Über 500 Plätze sind zurzeit nicht verfügbar. Was das heißt.
Anderthalb Stunden hin, anderthalb Stunden zurück: Diese Strecke nimmt Savitha Uthayakumaran (20) täglich auf sich, um zur Ruhr-Universität nach Bochum zu pendeln. Die Studentin kommt aus Krefeld. Doch nach Bochum zu ziehen, ist für sie keine Option. Dafür seien die Wartezeiten auf einen Platz im Wohnheim einfach zu lange. Stattdessen fährt sie mit dem Zug.
So wie Savitha Uthayakumaran geht es derzeit vielen jungen Menschen in Bochum und darüber hinaus. Zum 1. Oktober startet an der Ruhr-Universität und den Hochschulen im Stadtgebiet das neue Semester – noch sind viele Studierende auf der Suche nach einem Platz im Wohnheim oder einer WG. Das zeigt sich auch beim Blick in die Wohnungsbörse des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta).
- Für Studierende der Ruhr-Universität Bochum gibt es bald wohl kein Semesterticket mehr. Der Studierendenausschuss will kündigen. Die Gründe.
- Zum Semesterstart suchen viele Studierende in Bochum eine Wohnung und verzweifeln, weil sie nichts finden. Hinzu kommt ein weiteres Problem. So haben wir 2022 berichtet.
Täglich erscheinen dort neue Inserate. „Ich studiere ab Oktober Sozialwissenschaften an der RUB, jedoch finde ich keine Wohnung oder WG“, schreibt eine 19-Jährige. Pendeln sei für sie keine Option, sie kommt aus Berlin. Immer wieder tauchen in der Börse auch Wohnungsannoncen auf. Doch: Die Wohnungen befinden sich oftmals in Witten oder Herne, gar nicht unbedingt in Bochum.
Akafö in Bochum hat rund 4200 Wohnheimplätze – zu wenig?
Eine Alternative zu Wohnungen, die auf dem freien Markt vermietet werden, sind die Anlagen des Allgemeinen Studierendenwerks (Akafö). Es bietet aktuell rund 4200 Wohnheimplätze an. „Aufgrund der Kernsanierungen der Wohnanlagen Sumperkamp 9-15 und Querenburger Höhe 97 stehen leider 526 Wohnheimplätze vorübergehend nicht zur Verfügung“, erklärt Sprecherin Pia Nehring.
Vereinzelt freie Plätze gebe es noch in den Wohnanlagen in der Glücksburger Straße und Kollegstraße. Allerdings: Je nach gewünschter Wohnform sind die Wartezeiten recht lang, darauf verweist das Akafö auch auf der Homepage für Wohnungssuchende. „Wer beispielsweise in eine Wohngemeinschaft ziehen möchte, erhält von uns nach circa einem Semester ein Angebot. Bei Einzelapartments kann die Wartezeit bei bis zu zwei Jahren liegen“, so die Sprecherin. Wie viele Studierende derzeit auf der Warteliste stehen, kann Nehring nicht sagen, da es sich um betriebsinterne Daten handle.
Und welche Kriterien gelten bei der Vergabe? Nehring: „Wohnraum jeder Art in den Wohnanlagen des Akafö wird in der Reihenfolge des Eingangs der Bewerbung berücksichtigt.“ Die Miete für ein WG-Zimmer liege zwischen 270 und 360 Euro, bei einer Einzelwohnung seien es 270 bis 380 Euro.
Nicht nur in Bochum gibt es einen Mangel an öffentlich geförderten Wohnheimplätzen, das ist nicht neu. Doch vor dem nahenden Wintersemester scheint die Lage in Zeiten stark steigender Bau- und Kreditkosten besonders brenzlig.
Preise für Wohnraum steigen in Bochum an
Die finanzielle Förderung des Landes für Studierende reiche vorne und hinten nicht, kritisierte Bastian Hartmann, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, vor einigen Wochen. Seit Jahren seien die Studierendenwerke unterfinanziert. Im Koalitionsvertrag hatte die schwarz-grüne Landesregierung das Ziel formuliert, künftig zehn Prozent aller Studierenden in NRW eine Unterkunft anzubieten. Derzeit liegt die Unterbringungsquote landesweit bei 7,6 Prozent.
In Bochum waren zum vergangenen Wintersemester 2022/23 rund 55.000 Studierende an den Hochschulen im Stadtgebiet eingeschrieben. Stellt man das den aktuell rund 4200 Wohnheimplätzen gegenüber, liegt auch hier die Quote bei etwa 7,6 Prozent.
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Zahlen zeigen, dass der Preis für Wohnraum in Bochum steigt. Das macht der MLP Studentenwohnreport 2022 deutlich, den der Finanzdienstleister gemeinsam mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) einmal jährlich herausgibt. „Die durchschnittlichen Mieten, bereinigt um Qualitäten und Lagen, sind an allen 38 untersuchten Hochschulstandorten weiter gestiegen“, heißt es darin. Für 2023 gibt es noch keine aktuellen Zahlen.
Nicht alle Studierenden wollen im Wohnheim leben
Auch andere Studierende haben derzeit keinen Platz in Wohnheimen, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Bengi Erdogan von der RUB wohnt zuhause und pendelt jeden Tag. Die 21-jährige Sowi-Studentin sagt: „Ich habe die Zimmer mal gesehen und war direkt abgeschreckt. Nicht nur die Zimmer sahen unschön aus, auch die hohe Miete kann ich nicht stemmen.“ Ähnliches bemängeln auch andere Studierende auf dem Campus, die entweder bei Kommilitonen zu Besuch waren oder aber Bilder gesehen hätten. Die Wohnungen würden katastrophale Baumängel aufweisen und „die Toiletten sehen aus wie Flughafentoiletten“, sagt Sevgi Aksoy.
Der 22-jährige Student Toni Oh hingegen bewohnt eine Einzimmerwohnung in einer der Wohnanlagen und ist zufrieden: „Das Zimmer gefällt mir gut. Es ist sauber und ordentlich.“ Auf das Zimmer hat er rund zwei Monate gewartet.