Bochum. Gut 200.000 Wohnungen gibt es in Bochum. Das ist zu wenig, sagen viele Kenner der Branche. Die Knappheit heize Mietsteigerungen an.

Wer eine dauerhafte Unterkunft in Bochum sucht: Fast 500 freie Wohnungen in der Stadt wirft ein bekanntes Immobilienportal im Internet aus; mit Preisen, die unter sechs Euro je Quadratmeter beginnen und die weit jenseits der 10-Euro-Grenze enden. Kaltmiete, versteht sich. Schnäppchen im Vergleich zur Durchschnittsmiete in München (18,70 Euro je Quadratmeter).

Durchschnittsmiete in Bochum steigt auf 8,10 Euro

Aber: Bochum ist auch nicht München. Vor allem wird hier nicht so viel verdient. Daher ist auch – anders als noch vor einigen Jahren – keine Rede mehr von einer gemäßigten Lage auf dem Wohnungsmarkt. Die Mieten sind im Vergleich zu den unmittelbaren Nachbarstädten hoch.

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7,50 Euro betrug die Nettodurchschnittsmiete Ende 2021, wie im Wohnungsmarktbericht 2022 zu lesen ist, und kletterte schließlich ein Jahr später auf 7,90 Euro, wie ein Vergleich der Immowelt GmbH unter 79 deutschen Großstädten ergeben hat. Nur Dortmund (8,10 Euro) und Essen (8,00 Euro) liegen noch darüber.

Mehr als zwei Drittel aller Wohnungen sind älter als 50 Jahre

Laut Immowelt sind die Mieten in Bochum um fünf Prozent gestiegen und damit stärker als von der AG Wohnungsmarkt Ruhr durchschnittlich für die vergangenen zehn Jahre (3,7 Prozent) ermittelt.

„Dominiert wird das Angebot von Wohnungen der 1950er-Jahre“, heißt es im Wohnungsmarktbericht. Mehr als zwei Drittel (70 Prozent) sind älter als 50 Jahre. Allerdings sind die ältesten Wohnungen nicht zwangsläufig die günstigsten. Das sind eher Wohnungen der 70er- und 80er-Jahre. Die Experten vermuten, dass Modernisierungs- und Anpassungsbedarfe in dieser Baualtersklasse womöglich höher ausfallen als bei den noch älteren Wohnungen.

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VBW erhält täglich 120 Wohnungsanfragen

Und: Nicht nur relativ neue Wohnungen liegen über der Durchschnittsmiete, etwa 11 Euro je Quadratmeter im Mittel werden momentan bei Neubauten aufgerufen. Es sind vor allem kleinere (Durchschnittspreis 9,62 Euro je Quadratmeter) und größere Wohnungen (8,49 Euro), die jenseits des Mittelwerts angesiedelt sind – wegen des eher geringen Angebots. Die Rede ist von einer „angespannten Marktsituation insbesondere für Familien und größere Haushalte“. Ein größeres Angebot in diesen beiden Klassen könnte sich beruhigend auf die Mietpreisentwicklung auswirken.

So wenige Umzüge innerhalb der Stadt wie lange nicht

Aus Sicht des Mietervereins Bochum sprechen viele Indikatoren für einen angespannten Wohnungsmarkt. Dazu zählt die Zahl der Umzüge innerhalb der Stadt. Sie ist auf 56 Umzügen je 1000 Einwohnerinnen und Einwohner gesunken, „der niedrigste Stand seit der Wohnungsnot in den 1990er Jahren“.

Die Leerstandsquote ist leicht gestiegen. Sie lag Ende 2021 bei 2,9 Prozent. Ein größerer Teil der Wohnungen stand offenbar leer, weil sie renoviert werden sollten.

Wie groß der Druck auf dem Wohnungsmarkt ist, wird durch das Missverhältnis von Nachfrage und Angebot deutlich. Allein bei der VBW Bochum, dem größten Vermieter in der Stadt, sind im Februar 2023 insgesamt 3366 Online-Wohnungsanfragen eingegangen, durchschnittlich 120 jeden Tag. Frei waren zum gleichen Zeitpunkt 143 Wohnungen.

Zahl der Sozialwohnungen ist weiter im Sinkflug

Mindestens genauso dringend ist es, geförderte Wohnungen an den Markt zu bringen. Der Durchschnittswert für eine mit öffentlichen Mitteln gebaute Wohnung liegt in Bochum bei 5,24 Euro je Quadratmeter und ist damit deutlich günstiger als für eine frei finanzierte Wohnung. „Angesichts steigender Bedarfe, zunehmender Nebenkostenbelastungen und rückläufiger Bestände bestätigt sich einmalmehr der Handlungsbedarf im Segment des geförderten Mietwohnungsbaus“, heißt es dazu im Wohnungsmarktbericht.

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Bochum hat seit 2004, als es noch 25.975 Sozialwohnungen gab, bis Ende 2021 (12.349) die Hälfte des Bestands verloren. Eine fatale Entwicklung, zumal die Zahl der Anspruchsberechtigten weiter gestiegen ist. Den größten Bestand gab es Ende 2021 mit Abstand in Querenburg (1351) und Langendreer (1180). Jährlich fallen 450 Wohnungen aus der Bindung. Der Sozialwohnungsbestand droht bis 2030 auf 7500 zu sinken. „Selbst die bisher angestrebte Neubauzahl von jährlich 200, die zuletzt weit verfehlt wurde, würde weitere Verluste nicht auffangen“, so der Mieterverein Bochum.

VBW hat die meisten Sozialwohnungen im Bestand

Bochums größer Vermieter VBW, der mehrheitlich zum Stadtkonzern gehört, nimmt für sich in Anspruch, dieser Abwärtsspirale so gut es geht entgegenzutreten. 40 Prozent der etwa 12.600 Wohnungen des größten Bochumer Anbieters sind mietpreisgebunden. Aus Sicht des Mietervereins ist das zu wenig. Er fordert seit geraumer Zeit, dass die Stadttochter und auch Genossenschaften mehr Sozialwohnungen bauen müssten.

Insgesamt liegt die Preisentwicklung für den gesamten VBW-Wohnungsbestand nach Angaben des Unternehmens deutlich unter der Gesamtentwicklung in Bochum: 2022 seien die Mieten um 1,1 Prozent gestiegen, für das laufende Jahr werden 1,9 Prozent erwartet.

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Vonovia: Durchschnittsmiete liegt unter dem Mietniveau aller Wohnungen in Bochum

Moderater hat sich das Preisniveau bei Vonovia entwickelt. Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen hat in seiner Heimstadt gut 3000 Wohnungen im Bestand, 844 davon gefördert finanziert. Die Bestandsmieten sind nach Auskunft des Unternehmens 2022 durchschnittlich um 0,1 Prozent gestiegen. Die durchschnittliche Miete lag Ende des Jahres mit 6,98 Euro je Quadratmeter – inklusive der Neubauwohnungen – deutlich unter dem gesamten Durchschnittspreis in Bochum von 7,90 Euro. Für 2023 rechnet Vonovia mit einer Steigerung von 0,6 Prozent.