Bochum. Zum Semesterstart suchen viele Studierende in Bochum eine Wohnung und verzweifeln, weil sie nichts finden. Hinzu kommt ein weiteres Problem.
Seit diesem Semester studiert Sascha an der Ruhr-Universität in Bochum Medienwissenschaft im Master. Eigentlich. Anfangen konnte die 27-Jährige bisher nicht. Sie lebt weiterhin bei ihrem Freund in Hamburg, weil sie in Bochum kein WG-Zimmer findet. Nun steht auf dem Spiel, ob sie ihr Studium überhaupt noch beginnen kann.
WG-Zimmer in Bochum gesucht: Utopische Preise, zu viele Interessenten
Sascha ist über ein Studentenvisum aus Russland nach Deutschland gekommen. Seit Anfang September sucht sie in Bochum ein bezahlbares Zimmer in einer WG. Auch in eine Wohnung würde Sascha ziehen. „Aber die kostet natürlich mehr“, gibt sie zu bedenken. Obwohl auch die Preise für WG-Zimmer manchmal utopisch seien. „Ich habe ein Angebot für ein Zimmer gesehen, das 500 Euro kostete, in einer kleinen Wohnung mit drei Leuten und einem Kaninchen, das im Wohnzimmer lebt“, berichtet die 27-Jährige von einer Erfahrung.
Zimmer gesucht – Wohnraum für Studierende wird knappEs gebe aber auch günstigere Zimmer in schönen und sauberen WGs. „Allerdings sind es dann so viele Bewerbungen, dass gar nicht alle gelesen werden können“, sagt Sascha. So habe sie bei ihrer Suche von Leuten gehört, die 70 Anzeigen geschrieben und gerade mal vier Rückmeldungen bekommen haben.
Sie probiert es derzeit vermehrt über die Plattform WG-Gesucht, schaut bei anderen digitalen Anbietern und sucht auch aktiv in den sozialen Medien. „Ich habe gar keine Ahnung, was ich machen soll. Jetzt gerade habe ich auch die Rückmeldung der Uni erhalten, dass es keine freien Zimmer oder Wohnungen gibt.“ Mittlerweile verzweifelt Sascha.
Zahlreiche Studierende suchen nach einer Wohnung in Bochum
Und damit ist die 27-Jährige nicht allein. Zahlreiche Studierende inserieren derzeit in der Wohnungsbörse des Allgemeinen Studierendenausschusses, noch mehr sind es in verschiedenen Facebook-Gruppen. Auch auf der Homepage des Akademischen Förderungswerkes (Akafö) liest man: „Bitte beachten Sie, dass auf Grund einer hohen Nachfrage längere Wartezeiten entstehen können.“ Besonders für einige Wohnanlagen gebe es diese hohe Nachfrage, auf einen Platz würde man länger als zwei Semester warten. Eine Anfrage unserer Redaktion, wie das Akafö die Lage in Bochum im Detail einschätzt, haben wir bis Redaktionsschluss keine Antwort bekommen.
Zahlen zeigen aber, dass die Preise für Wohnraum in Bochum deutlich steigen. Das geht aus dem MLP Studentenwohnreport 2022 hervor, den der Finanzdienstleister gemeinsam mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Ende September herausgegeben hat. „Die durchschnittlichen Mieten, bereinigt um Qualitäten und Lagen, sind an allen 38 untersuchten Hochschulstandorten weiter gestiegen“, heißt es darin.
WG-Zimmer in Bochum sind deutlich teurer geworden
Demnach kostet ein Muster-WG-Zimmer (20 Quadratmeter) in Bochum in diesem Jahr 15,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Warmmiete liege so bei 257 Euro. Für eine studentische Musterwohnung (30 Quadratmeter) zahle man im Schnitt 416 Euro warm, ein Anstieg um 8,2 Prozent. „Bedingt durch Verschiebungen im Wohnungsmarkt aufgrund der Pandemie hat die Dynamik nun also stark angezogen“, so die Herausgeber des Reports.
Auch andere Studierende berichten bei unserer Recherche von erheblichen Problemen bei der Wohnungssuche: „Ich habe mehr als 50 Anzeigen auf WG-Gesucht gelesen und habe fast alle möglichen Angeboten kontaktiert, aber leider hat mir außer zwei Personen niemand geantwortet“, schreibt eine Studentin. Bei den beiden Vermietern habe sie kein Glück gehabt.
Fast zwei Stunden für die Fahrt zur Uni
Eine 23-Jährige, die Sprachen und Kulturen Ostasiens an der Ruhr-Universität studiert, pendelt derzeit pro Strecke fast zwei Stunden mit dem Zug nach Bochum. „Im Juni habe ich mich bei Studentenwohnheimen beworben, seit August auch für Wohnungen. Gefunden habe ich noch nichts“, erzählt sie. Zwar gebe es viele Angebote im Internet, oft aber gar keine Rückmeldung.
Wohnung gesucht? Hier gibt es Hilfe
Eine Wohnung in Bochum zu finden ist derzeit nicht leicht – auch für Studierende. Trotzdem gibt es Anlaufstellen, die helfen können.
Beispielsweise können sich Studierende beim Akademischen Förderungswerk (Akafö) für einen Platz im Wohnheim anmelden.
Zudem listet der Allgemeine Studierendenausschuss der Ruhr-Universität in einer Übersicht viele Ansprechpartner und Anbieter, darunter die Bochumer Wohnungsbaugenossenschaften, Wohnheime, den Mieterverein oder den Link zur eigenen Wohnungsbörse: https://asta-bochum.de/links/links-wohnen-wg/
Ein weiterer Tipp der Ruhr-Universität: Bochum grenzt an sieben weitere Ruhrgebietsstädte. Durch diese günstige Lage lohne sich auch ein Blick über die Stadtgrenzen.
Das größte Problem die große Anzahl von Bewerbern. „Ich war bei einer Besichtigung, bei der 30 andere Leute mit vor der Tür standen“, erzählt die Studentin. Da sich viele für die Wohnung interessieren, würden die Preise gerne mal um 100 bis 300 Euro angehoben.
Hinzu würden weitere Schwierigkeiten kommen. Die 23-Jährige zählt auf: Immer wieder gebe es Vorurteile, dass Studierende nur feiern würden, zudem würden Vermieter oft eher Personen ab 60 Jahren den Zuschlag geben. „Viele Vermieter möchten, dass die Eltern bürgen, was ich nicht verstehen kann, da viele ausziehen, um keinen Kontakt mit den Eltern zu haben. Dann kriegen die dadurch keine Wohnung, sehr schade“, sagt die junge Studentin.
Sie sucht weiter verzweifelt nach Wohnraum in Bochum – ebenso wie Sascha (27) und viele andere Betroffene.