Bochum. Die Bochumer Firma Rümpel-Zwerge bietet Haushaltsauflösungen an. Was die Mitarbeiter geschockt hat und welcher Raum am meisten verhasst ist.
Die nächste Tasche wird durch das Fenster abgeseilt: Vollbepackt mit Küchenutensilien, einem alten Telefon und Bettwäsche. Was für Mahlzeiten wurden damit einst gekocht? Welche wichtigen Gespräche geführt? Wovon in der Bettwäsche geträumt? Und: Wem hat das alles mal gehört?
Zeit darüber nachzudenken haben Selver und Admir Gasnjan kaum. Sie müssen nur mit einem Blick auf all die Habseligkeiten blicken: Altkleider, Elektroschrott, Sperr- oder Sondermüll? Denn die Angehörigen der Bochumerin, deren Wohnung an diesem Tag entrümpelt wird, haben das Bochumer Unternehmen Rümpel-Zwerge bestellt. Die bieten Haushalts- und Wohnungsauflösungen im ganzen Ruhrgebiet an.
Der Klassiker: Jemand ist verstorben oder zieht in eine Pflegeeinrichtung
Ihr Auftrag an diesem Tag: Alles soll weg, auf die Deponie. Die ehemalige Bewohnerin der rund 80 Quadratmeter großen Wohnung ist nun in einem Heim untergebracht, Verwendung für ihren Hausstand hat niemand mehr. Schon wieder seilt einer der Mitarbeiter eine Tüte durchs Fenster ab, diesmal kommen Tischdecken, Kaffeekannen und Teelichter. Die großen Möbel werden durch das Treppenhaus herausgeschleppt.
„Solche Entrümpelungen machen wir etwa vier Mal pro Woche“, erzählt Selver Gasnjan. Der Klassiker: Jemand ist verstorben oder zieht von der eigenen Wohnung in eine Pflegeeinrichtung.
Leichenspuren und Verstecke in den Wohnungen
Manchmal bekommen die Männer die Anweisung, einen Teil in der Wohnung zu belassen. Meist ist es aber der komplette Kahlschlag, inklusive Streichen am Ende. Meist kostet das einen vierstelligen Betrag, abhängig vom Aufwand. Vor kostenlosen Wohnungsauflösungen warnen die Experten allerdings: Die Kosten für eine fachgerechte Entsorgung ließen sich mit dem Verkauf der erhaltenen Güter nicht decken – sodass Müll und Sperrgut oft illegal in Wäldern entsorgt werde.
„Man weiß nie, was auf einen zukommt, wenn man durch die Tür geht“, sagt der 32-jährige Gasnjan, der seit vier Jahren dabei ist und seinen Job gerade deshalb schätzt. In dieser Zeit hat er schon so einiges zu Gesicht bekommen: Spuren einer Leiche, eine Schublade mit Sexspielzeug oder ausgefallene Verstecke für Geldschatullen beispielsweise.
Messie-Wohnung schockte: Müll lag 1,20 Meter hoch
„Am meisten in Erinnerung geblieben ist mir eine Messie-Wohnung, in der der Müll 1,20 Meter hochstand“, erzählt er. Drei Tage dauerte die Räumung – im Schutzanzug mit Maske und Brille. Nur auf einem Quadratmeter habe die Bewohnerin noch geschlafen, alles andere sei zugemüllt gewesen. „Da fragt man sich schon: Wie kann man hier noch gelebt haben?“, sagt Gasnjan.
Der Geruch sei in solchen Fällen gewöhnungsbedürftig, teilweise krabbelten Kakerlaken umher. „Das war auch der Fall, als wir eine Wohnung entrümpelt haben, in der zuvor wochenlang unentdeckt eine Leiche lag“, erinnert sich der Bochumer.
Von allen Räumen am unbeliebtesten sind bei ihm und seinen Kollegen Schlafzimmer. „Hier stehen oft große Schrankwände, das macht viel Arbeit“, sagen alle. Der Müll wird von den Rümpel-Zwergen getrennt, alte Kleidung kommt zum Beispiel in den Altkleider-Container. „Bei manchen Dingen, die wir wegschmeißen, denkt man schon: In anderen Ländern würden die Menschen dafür noch eine Menge Geld bezahlen“, gibt Gasnjan zu.
„Wir haben schon alte D-Mark-Scheine, Gold und Schmuck gefunden“
Seit mehr als zehn Jahren im Geschäft
Die Firma Rümpel-Zwerge bietet seit mehr als zehn Jahren Haushalts- und Wohnungsauflösungen in ganz NRW an. Die Firma verfügt auch über Expertise bei Messie-Wohnungen.
Ein Erstgespräch und eine Besichtigung sind kostenlos. Entrümpelungen können als haushaltsnahe Dienstleistungen von der Steuer abgesetzt werden.
Retten können sie die Möbel dann aber nicht mehr. „Wir führen den Auftrag so aus, wie beauftragt“, sagen die Bochumer. Und manchmal lautet der eben: Einfach alles weg. Bei einer Besichtigung der Immobilie im Vorfeld besteht auch die Möglichkeit, dass die Rümpel-Zwerge handelsübliche Gegenstände weiterverkaufen und den Marktwert von den anfallenden Kosten abziehen. Wenn die Mitarbeiter zufällig etwas erkennbar Wertvolles finden, wandert das natürlich nicht in den Müll. „Wir haben schon alte D-Mark-Scheine, Gold und Schmuck gefunden“, sagen Gasnjan und seine Kollegen.
„Manchmal finden wir auch persönliche Fotos und fragen dann: Soll das wirklich weg?
Manchmal tauchen hinter Bilderrahmen plötzlich Tresore auf, selbst im Waschpulver haben die Rümpel-Zwerge schon ein verstecktes Portemonnaie entdeckt. Was mit den Funden passiert, entscheiden sie dann in Rücksprache mit den Auftraggebern und Angehörigen. „Manchmal finden wir auch persönliche Fotos und fragen dann: Soll das wirklich weg?“, berichtet Gasnjan. In vielen Fällen lautet die Antwort „Ja“. Aber manchmal war der Fund für die Angehörigen auch mehr wert als eine Perlenkette.