Mülheim. Die Ära der D-Mark ging 2002 zu Ende. Aber noch heute kann man Mark gegen Euro eintauschen. Wie die Währungsumstellung einst in Mülheim verlief.
Die D-Mark hat ihren Wert auch 20 Jahre nach der Einführung des Euro noch nicht verloren. In den drei Filialen der Deutschen Bundesbank in NRW können auch Mülheimerinnen und Mülheimer sie immer noch in Euro umtauschen. Der Wechselkurs liegt seit Jahren bei 1 Euro : 1.95583 Mark. Laut Berechnungen der Bundesbank sind heute noch 12,4 Milliarden Mark in Deutschland im Umlauf - 5,8 Mrd. in Banknoten und 6,6 Mrd. in Münzen. Mancher alte Schein liegt wohl noch irgendwo im Wäscheschrank...
Die Pandemie führt aktuell allerdings zu Einschränkungen. „Der DM-Euro-Tausch ist nicht Teil der kritischen Infrastruktur zur Sicherstellung der Bargeldversorgung. Er wird ab dem 3. Januar 2022 bis auf Weiteres flächendeckend eingestellt“, erklärt Moritz Raasch, ein Sprecher der Bundesbank. Er weiß: Zwischen Januar und Dezember 2021 wurden bei rund 5400 Kundenkontakten 7,7 Mio D-Mark in NRW getauscht - eine Zahl, die wegen Corona schon niedriger ist als in den Vorjahren.
Zwölf Länder sind mit von der Partie
Ein Blick zurück: Der 1.1.2002 war ein besonderer Tag für die Menschen aus zwölf Ländern in Europa. Sie bekamen mit dem Euro eine neue Währung. Auch in Mülheim sahen die Bürger dem neuen Geld gespannt entgegen. Alle Sparkassen-Filialen waren am Neujahrstag ausnahmsweise geöffnet, jeder Mitarbeiter wurden mobilisiert, schob Dienst in einer Zweigstelle. „Nach dem Jahrtausendwechsel war das eine weitere riesige Herausforderung für uns“, erklärt Frank Hötzel, Sprecher der Mülheimer Sparkasse.
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Vor den Stadtteil-Filialen bildeten sich schon am Morgen des 1. Januar lange Schlangen, viele wollten sofort umtauschen oder am Geldautomaten Euro-Scheine ziehen. In der Geschäftsstelle in Holthausen, so heißt es in einem WAZ-Artikel aus jener Zeit, seien schon um 10 Uhr früh 70.000 Euro weg gewesen. „Alle Automaten waren so umgerüstet worden, dass es dort schon in der Silvesternacht ab 0 Uhr Euro gab“, erinnert sich Frank Hötzel. Drei Automaten seien schon nach wenigen Stunden leer gewesen.
Menschenmenge auf dem Berliner Platz
Auch vor der Hauptstelle in der Innenstadt drängten sich die Menschen. „Der Berliner Platz war voll, wir bemühten uns, die Leute in geordnete Reihen zu bringen“, weiß der Sparkassensprecher noch. Jörg Enaux, damals Vorstandsvorsitzender, habe symbolisch ein Euro-Band durchgeschnitten. Dann herrschte der Ausnahmezustand in der Kassenhalle. Viele Mülheimer waren scharf darauf, ein sogenanntes Starter-Kit, eine Tüte mit vielen verschiedenen Euro-Münzen und -scheinen, zu kaufen.
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Insgesamt 1,6 Mio Euro wurden am 1. Januar 2002 von der Sparkasse „unters Volk gebracht“. Eine weitere interessante Zahl aus der damaligen Berichterstattung: In der ersten Woche nach der Umstellung wurden bei der Mülheimer Sparkasse 16 Mio. Mark umgetauscht. Insgesamt sei die Umstellung zwar hart gewesen, aber doch recht reibungslos verlaufen, berichtet Frank Hötzel. Das galt auch für den Mülheimer Handel. Bis 28. Februar 2002 sollten dort beide Währungen als Zahlungsmittel genutzt werden können. Harmut Buhren vom Baustoffhandel bzw. dem Hage Baumarkt denkt an jene Zeit zurück:
Artikel wurden auch in Mülheim mit zwei Preisschildern ausgezeichnet
„Es war ein Riesenkraftakt. Wir führen im Baumarkt rund 40.000 Artikel, die mussten alle mit zwei Preisschildern ausgezeichnet werden, dem Euro- und dem D-Mark-Preis. Auch auf den Kassenbons mussten beide Preise parallel dargestellt werden“, erzählt er. Jede Kassiererin habe zwei Schubladen fürs Geld gehabt, jeder Kunde wurde gefragt, in welcher Währung er zahlen wolle. Die Abrechnung am Abend war eine aufwenige Sache.
Auch das Festlegen der neuen Preise war nicht so einfach. „Einfach halbieren ging oft nicht, da kamen ganz krumme Beträge raus - 1,03 Euro war kein Preis, den man verwenden konnte“, so Buhren. Die Regelung, dass nach Einführung des Euro nur noch zwei Monate lang mit D-Mark bezahlt werden könne, wurde übrigens aufgeweicht. Auch später noch nahm der Handel die alte Währung an. „Manche Händler machten sogar Werbung damit, starteten Sonderaktionen an, brachten das Geld selbst zur Bundesbank“, erinnert sich Hartmut Buhren. Der Geschäftsmann trauert der D-Mark übrigens nicht nach, für Geschäfte mit anderen europäischen Ländern sei die gemeinsame Währung ein Riesenvorteil.
Die D-Mark ist seit 20 Jahren verschwunden, in den Köpfen vieler Menschen steckt sie dennoch. Laut einer Forsa-Umfrage rechnen rund 54 Prozent der Leute laut oder innerlich Euro-Preise öfter mal in D-Mark um. „Was? Der Cappuccino kostet 3,80 Euro? Das sind ja fast acht Mark!“ Solche Sätze hört man noch immer. Die Älteren nicken dann zustimmend, junge Leute rollen mit den Augen.