Bochum. Hauseigentümer fühlen sich durch das Heizungsgesetz überrumpelt – auch die Eigentümer eines Mehrgenerationenhauses in Bochum.
Sommerlich ist dieser Sommer bislang nur an ganz wenigen Tagen gewesen. So frisch, dass schon wieder geheizt werden muss, war es natürlich nicht. Aber bei Familie Scholz-Wittek in Bochum-Langendreer ist die Heizung trotzdem ein Dauerthema. Die 30 Jahre alte Ölheizung im Keller läuft zwar noch tadellos. Aber was tun, wenn sie kaputt geht?
Heizungsgesetz sorgt noch für viele Fragezeichen
Wird das neue Heizungsgesetz so verabschiedet, wie es Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorschwebt, dann könnte sie nur noch in diesem Jahr durch eins neues Ölaggregat ersetzt werden. Vom nächsten Jahr an müsste eine Heizung eingebaut werden, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Wärmepumpe, Fernwärme, Photovoltaik, Geothermie: Welches ist dann die beste Lösung?
Diese Frage treibt vor allem Jürgen Scholz-Wittek (70) um. Er beschäftigt sich seit geraumer Zeit intensiv mit dem Thema, hat viel darüber gelesen, hat drei Angebote von Handwerkern für das fast 120 Jahre alte Mehrfamilienhaus eingeholt und ist trotzdem immer noch unschlüssig, welcher der beste Weg ist. „Wir sind hin- und hergerissen“, sagt er. Momentan laufe es auf eine Kombination von Photovoltaik und Wärmepumpe hinaus. Zu 70 Prozent seien sie davon überzeugt, dass das ein guter Weg sei.
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Investitionen könnten 100.000 Euro oder mehr betragen
Die Notwendigkeit, künftig mehr auf erneuerbare Energie zu setzen, ist für seine Familie unbestritten. „Es ist ja sinnvoll, das zu machen.“ Und doch bleiben Zweifel. „Es geht alles viel zu schnell“, sagt Annette Wittek (66). Binnen weniger Monate müssten weitreichende Entscheidungen mit mitunter großen finanziellen Belastungen getroffen werden. Von 30.000 Euro für eine neue Ölheizung bis zu etwa 100.000 Euro für Wärmepumpen und Photovoltaikanlage ist die Rede. Dabei sind die Kosten einer energetischen Sanierung noch gar nicht berücksichtigt.
So gibt es noch viele Unwägbarkeiten. Von einem befreundeten Handwerksmeister weiß Jürgen Scholz-Wittek, dass es für Einfamilienhäuser, die in diesem Jahrtausend gebaut wurden, zwar vernünftige Lösungen gebe. Die Wärmepumpe spiele dabei eine wichtige Rolle. „Aber für Mehrfamilienhäuser oder Wohnblocks sieht er noch gar nicht, was realisiert werden kann.“ Jedenfalls nicht in einem finanziell vertretbaren Umfang. Und: Schon gar nicht gebe es Standardlösungen.
Für das Haus an der Dördelstraße kommt vielleicht eine etagenweise Lösung mit Wärmepumpen in Frage, zumal dort mit der Heizung kein warmes Wasser aufbereitet werden müsse, das geschehe über Durchlauferhitzer. Vielleicht.
Haushalte könnten vom Ausbau des Fernwärmenetzes profitieren
Aber nicht nur diese Unwägbarkeiten verunsichern die Bewohner des Mehrgenerationenhauses mit einer Wohnfläche von etwa 380 Quadratmetern. Was wäre, wenn sie sich für eine kapitalintensive Investition entscheiden und sich später herausstellt, dass es eine viel günstigere Lösung gegeben hätte: die Fernheizung. Bochum hat angekündigt, sein Fernwärmenetz auszubauen. Im Herbst wollen die Stadtwerke die Pläne dafür vorstellen und verraten, in welchen Stadtteilen sie Potenzial dafür sehen. „Ein Mitarbeiter der Stadtwerke hat mir zwar gesagt, in Langendreer gibt es gar keinen Anschlussregelung dafür“, so Jürgen Scholz-Wittek.
Aber wer weiß. Zumindest bis zum Herbst bleibt die Heizungsfrage im Hause Scholz-Wittek daher offen.