Bochum. Die Stadt Bochum will die Anbieter von E-Scootern zur Kasse bitten. Eine Sondergebühr soll 2024 kommen. Müssen auch die Nutzer bald mehr zahlen?

Die Stadt Bochum will die Betreiber von E-Scootern zur Kasse bitten. Ab 2024 sollen Sondernutzungsgebühren erhoben werden, um „eine gewisse Regulierungswirkung“ zu erreichen. So heißt es in einer Vorlage der Verwaltung für den am Mittwoch (9.) tagenden Ausschuss für Mobilität und Infrastruktur. Einer der Verleiher stellt in einer ersten Reaktion eine Gegenforderung auf.

2200 Elektroroller stehen laut Stadt aktuell in Bochum bereit. Vier Anbieter sind am Markt: Lime, Tier, Bolt und Voi. Vor allem bei jungen Menschen sind die Scooter beliebt. Probleme gibt’s aber auch. 49 verletzte E-Scooter-Fahrer weist die Unfallstatistik 2022 für Bochum aus – eine Verdopplung zu 2021. Immer wieder blockieren achtlos zurückgelassene Roller Gehwege und Zufahrten. „Ich kenne niemanden, der sich nicht darüber ärgert“, sagte der damalige CDU-Fraktionschef Christian Haardt, als er im Frühjahr eine Ordnungsverfügung forderte, um klare Regeln für das Abstellen der Fahrzeuge zu setzen.

E-Scooter in Bochum: Sondernutzungsgebühr soll 2024 kommen

Dazu ist es nicht gekommen. Aktiv wird die Stadt gleichwohl. Ein Verbot ist nach wie vor kein Thema. „Auch wenn sie wenig zur Mobilitätswende beitragen, entsprechen E-Scooter dem Zeitgeist. Wir wollen sie weder ver- noch behindern“, betont Burkart Jentsch, Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion. Es gelte aber, die Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten und „Wildwuchs zu beseitigen“.

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Auf SPD-Anfrage legt die Stadtverwaltung für den Mobilitätsausschuss ihre Planungen vor. Wichtigster Punkt: Ab dem nächsten Jahr sollen die Scooter-Betreiber dafür bezahlen, dass sie öffentliche Straßen, Wege und Plätze nutzen. Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte den Kommunen dazu 2020 grünes Licht gegeben.

Vorbild Essen: Stadt kassiert fünf Euro pro Monat und Fahrzeug

Essen hat bereits reagiert. Der Rat der Nachbarstadt beschloss im Juni eine Gebühr von fünf Euro pro Fahrzeug und Monat. Die Satzung soll demnächst in Kraft treten.

In Bochum werde die Höhe der Gebühren „derzeit ermittelt“, teilt die Verwaltung mit. „Fünf Euro halte ich auch bei uns für angemessen“, sagt SPD-Fraktionschef Jentsch auf WAZ-Anfrage. Die Betreiber würden durch die Abgaben dazu angehalten, die Zahl ihrer Tretroller auf ein wirtschaftlich vernünftiges Maß zu drosseln. Bei den jetzigen Flottengrößen flössen jährlich 132.000 Euro in die Stadtkasse.

Immer wieder werden E-Scooter nach einer Fahrt achtlos auf Gehwegen zurückgelassen. Zentrale Abstellplätze und zusätzliche Parkverbotszonen sollen das Problem bannen.
Immer wieder werden E-Scooter nach einer Fahrt achtlos auf Gehwegen zurückgelassen. Zentrale Abstellplätze und zusätzliche Parkverbotszonen sollen das Problem bannen. © FUNKE Foto Services | Julian Heppe

Stadt will zentrale Abstellplätze und Parkverbotszonen ausweiten

Dabei soll es in der neuen Scooter-Satzung nicht nur ums Geld gehen. Die Anbieter müssten auch weitere Auflagen erfüllen. Ziel: Für die Roller zusätzliche zentrale Abstellplätze zu schaffen, etwa am Hauptbahnhof, auf dem Rathausvorplatz und im Bermudadreieck. Die Stadt nennt sie „Oasen-Standorte“. Im Gegenzug sollen die vereinzelt bereits vorhandenen „No-Parking-Zonen“ ausgeweitet werden.

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Die Anbieter zeigen sich auf WAZ-Anfrage zurückhaltend und schließen Preisanpassungen nicht aus. „Grundsätzlich wollen wir Gebühren nicht auf unsere Nutzerinnen und Nutzer umlegen“, erklärt ein Sprecher von Tier (400 Roller in Bochum). Aktuell werden 1,20 Euro Entsperrgebühr und 22 Cent pro Minute fällig. Weil Wirtschaftlichkeit für das Unternehmen unabdingbar sei, könne die Einführung einer Sondernutzungsgebühr „zu einer Erhöhung der Preise oder einer schlechteren Verfügbarkeit der Fahrzeuge in den Außenbezirken führen“, heißt es bei Tier.

Betreiber: Gebühr soll sich am Platzverbrauch orientieren

Künftige Gebühren, so Tier-Sprecher Patrick Grundmann, sollten sich am Platzverbrauch der E-Scooter orientieren. „Als Gebührenhöhe empfehlen wir, dass rund ein Zehntel des ortsüblichen Anwohnerparkausweises (22 Euro jährlich in Bochum, die Red.) gerechtfertigt wäre. Das entspricht in etwa dem Platzverbrauch eines E-Scooters gegenüber einem Auto.“

Lime (ein Euro Entsperrgebühr, 18 Cent pro Minute) macht keine Angaben zur Flottengröße in Bochum. Die E-Scooter hätten sich aber etabliert: nicht nur in der Innenstadt, sondern auch in Querenburg und Langendreer, sagt Sprecher Christoph Lapczyna.

Lime: Zahlungen sollen in die Infrastruktur der Städte fließen

Man sei bereit, Sondernutzungsgebühren zu bezahlen und damit „in angemessenem Rahmen die Kosten einer Mobilitätswende mitzutragen“, so Lime. Das gelte insbesondere dann, wenn die Gebühren zweckgebunden in den Ausbau der Infrastruktur der Städte fließen.

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Als Jahresgebühr, die die Wirtschaftlichkeit der Anbieter nicht gefährdet, nennt Lime jährlich 30 bis 50 Euro pro Fahrzeug. Bei möglichen Preiserhöhungen für die Nutzer gebe es eine Schmerzgrenze. Christoph Lapczyna: „Stellen Sie sich vor, eine Autofahrt ist kostengünstiger als eine Fahrt mit einem Zweirad. Für welche Fahrt würden Sie sich entscheiden, wenn auch der Inhalt Ihres Portemonnaies Grenzen hat?“