Bochum. Der Betrugsfall um die ehemalige Bochumer Corona-Test-Firma Medican beschäftigt erneut die Justiz. Eine Ex-Mitarbeiterin steht vor Gericht.
Gut zwei Jahre nach der Verhaftung des damaligen Chefs der Bochumer Corona-Schnelltest-Firma Medican ist am Freitag ein neuer Prozess gestartet. Vor dem Bochumer Schöffengericht ist eine frühere Mitarbeiterin (28) von Medican angeklagt. Vorwurf: uneidliche Falschaussage und versuchte Strafvereitelung.
Der Fall um falsch abgerechnete „Bürgertests“ hatte seit Bekanntwerden im Juni 2021 Schlagzeilen in ganz Deutschland gemacht. Mehr als 24 Millionen Euro Schaden hatte der damalige Medican-Chef angerichtet, indem er der Kassenärztlichen Vereinigung fast eine Million Tests in Rechnung stellte, die gar nicht stattgefunden hatten, wie es im Urteil des Landgerichts vom 24. Juni 2022 hieß. Strafe: sechs Jahre Haft.
Nach dem Urteil kam der Hauptangeklagte auf freien Fuß
Seitdem ist der heute 50-jährige Geschäftsmann unter Auflagen auf freiem Fuß, nachdem er zuvor gut ein Jahr in U-Haft gesessen hatte. Gegen das Urteil hatte er trotz Geständnisses und eines Deals zwischen Staatsanwaltschaft, Landgericht und der Verteidigung Revision eingelegt, so dass der Fall bis heute beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe liegt. Dieser prüft das Urteil auf mögliche Rechtsfehler. Dies ist bisher nicht abschließend geschehen.
Der Prozess damals dauerte mehr als ein halbes Jahr und war äußerst zäh. Unter den vielen Zeugen, die von den Richtern befragt wurden, befand sich auch eine frühere Mitarbeiterin von Medican, die am Hauptsitz in Wattenscheid an der Isenbrockstraße gearbeitet hatte. Laut Anklage soll sie bewusst wahrheitswidrig, ein falsches Datum genannt habe, an dem eine sechsstellige Menge an Schnelltests angeliefert worden sei. Damit habe sie eine Aussage ihres ehemaligen Chefs „stützen“ wollen. Der Betrugsschaden wäre dann um 7,36 Millionen Euro niedriger ausgefallen.
Prozess wegen mutmaßlicher Falschaussage beginnt bald von vorn
Die Angeklagte wird sich aber „bestreitend einlassen“, wie ihr Verteidiger sagt. Die Richterin erklärte: „Dann müssen wird das groß aufziehen.“ Sie wird jetzt Zeugen laden und einen neuen Prozesstermin festsetzen. Als Zeuge in Betracht käme auch der Ex-Medican-Chef. Solange das Urteil gegen ihn aber nicht rechtskräftig ist, hat er ein Aussageverweigerungsrecht.
Der gewaltige Betrugsschaden ist großteils schon beglichen worden, auch weil die Staatsanwaltschaft fast 13 Millionen Euro aus der Medican-Kasse beschlagnahmt hatte. Zum Zeitpunkt des Urteils waren noch sieben Millionen Euro offen. „Ich werde jeden Cent zurückzahlen“, hatte der 50-Jährige versprochen. Inwieweit dies schon geschehen ist, teilte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage nicht mit. Nur so viel, dass da „Bewegung drin“ sei.
Ermittelt hatte sie auch gegen einen Verwandten des Haupttäters. Dieser Mann sollte sich mit 2,6 Millionen Euro aus der Tatbeute in die Türkei abgesetzt und das Geld großteils ausgegeben haben. Die Restsumme von 715.000 Euro wurde an die Gerichtskasse überweisen. Greifbar ist der Mann bis heute aber nicht, weshalb die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen ihn „wegen unbekannten Aufenthalts“ eingestellt hat, wie sie der WAZ mitteilte.