Bochum. Der Betrugsfall Medican in Bochum beschäftigt weiter die Justiz. Viele Monate nach der Verurteilung zu sechs Jahren Haft ist der Angeklagte frei.
Auch achteinhalb Monate nach der Verurteilung zu sechs Jahren Haft ist der verurteilte Bochumer Geschäftsmann (49) im Betrugsfall Medican weiterhin auf freien Fuß. Grund ist, dass er gegen das Urteil trotz eines vorherigen Deals zwischen Staatsanwaltschaft, Landgericht und der Verteidigung Revision eingelegt hatte, so dass der Bundesgerichtshof in Karlsruhe das Urteil auf mögliche Rechtsfehler prüfen muss. Dies ist bisher nicht abschließend geschehen.
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Laut Urteil hatte der Angeklagte zahlreiche Corona-Teststellen betrieben und im Frühjahr 2021 fast eine Million „Bürgertests“ gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abgerechnet, die gar nicht durchgeführt worden waren. Betrugsschaden: 24,5 Millionen Euro. „Er handelte mit einer Selbstbedienungsmentalität, die ihresgleichen sucht“, sagte der Richter damals.
Staatsanwaltschaft Bochum wehrte sich heftig gegen die Freilassung
Bis zum Urteil hatte er gut ein Jahr lang in U-Haft gesessen, danach kam er gegen den heftigen Widerstand der Staatsanwaltschaft Bochum vorläufig frei. Allerdings muss er seitdem Auflagen erfüllen: Er muss in Deutschland einen festen Wohnsitz nehmen, sich dreimal pro Woche bei einer Polizeiwache melden, darf Deutschland nicht verlassen und muss Personalausweis und Reisepass abgeben.
Der Angeklagte hatte erst sehr spät in dem siebenmonatigen Prozess ein Geständnis abgelegt. Nach WAZ-Informationen soll er in der Begründung der Revision später unter anderem angeführt haben, dass er sich von der Justiz zu dem Geständnis gedrängt oder gar genötigt gefühlt habe. Mit einer Entscheidung des BGH – muss der Fall am Landgericht Bochum noch einmal ganz neu verhandelt werden oder wird das Urteil bestätigt? – wird erst in einigen Monaten gerechnet.
Die Generalstaatsanwaltschaft in Karlsruhe hat vor kurzem bereits beantragt, die Revision zu verwerfen.