Bochum. An der Ruhr-Uni Bochum wird über deutlich erhöhte Bleiwerte im Trinkwasser gerätselt. Nur eine Gebäudereihe ist betroffen. Was jetzt passiert.
Grenzwerte für Blei im Trinkwasser sind an der Ruhr-Universität Bochum um das Fünffache überschritten worden. Betroffen sind alle Gebäude der sogenannten I-Reihe bei den Ingenieurwissenschaften. Das Wasser dort darf seit dem 22. Juni „nicht zum Trinken oder zur Zubereitung von Speisen verwendet werden“, heißt es auf der Homepage der Universität.
Bleiwerte im Trinkwasser an der RUB sind bei Routinekontrolle aufgefallen
Aufgefallen seien die kritischen Werte bei einer Routinekontrolle, teilt RUB-Sprecher Jens Wylkop auf Anfrage mit. „Die Trinkwasserverordnung schreibt eine regelmäßige Kontrolle des Trinkwassers vor. Die erhöhten Bleikonzentrationen wurden bei einer solchen turnusmäßigen Kontrolle entdeckt.“
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Zuletzt seien die Werte im August 2022 geprüft worden. Wylkop: „Dabei waren die Werte im Normbereich.“ Der zulässige Grenzwert für Blei im Trinkwasser beträgt laut Umweltbundesamt seit 2013 0,01 Milligramm pro Liter. Ende der 1990er Jahre lag er noch bei 0,04 mg/l.
Der aktuelle Grenzwert sei bei Trinkwasser, das durch Bleirohre fließe „vermutlich nicht einzuhalten. Im Stagnationswasser wird er sogar oft um ein Vielfaches überschritten. Daher gibt es zum vollständigen Austausch der Bleileitungen keine Alternative“, heißt es beim Umweltbundesamt.
Ursache für erhöhte Bleiwerte ist unklar – Raum für Spekulationen
Die Ursache der erhöhten Bleiwerte im Trinkwasser der I-Reihe steht noch nicht fest. Das öffnet Raum für Spekulationen und beunruhigt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ebenso wie Studierende. „Hier herrscht große Verunsicherung“, sagt eine Person, die aus Angst vor negativen Folgen ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
Auch der für die Gebäude zuständige Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) tappt im Dunkeln. „In den Gebäuden der I-Reihe befinden sich keine Wasserleitungen aus Blei. Auch die Rohrleitungen im zentralen Versorgungskanal, über die die Gebäude mit Wasser versorgt werden, bestehen nicht aus Blei. Der Grund für die Auffälligkeit der aktuellen Beprobung steht noch nicht fest. Im Rahmen einer derzeit laufenden Sanierung des Versorgungskanals werden ohnehin auch die Trinkwasserleitungen erneuert. Diese Arbeiten werden innerhalb der kommenden Monate abgeschlossen“, heißt es.
Ruhr-Uni reagiert unmittelbar auf die neue Situation
In einem Frage-und-Antwort-Text der RUB indes gibt es immerhin eine Hypothese. Das Blei könnte demnach durch einen „Defekt an einer Leitung im Versorgungskanal in die I-Reihe gelangt“ sein. Mitte nächster Woche soll es weitere Erkenntnisse geben. Als Interimslösung könnte eine Umgehungsleitung verlegt werden, „so dass das Wasser nicht mehr durch den Leitungsabschnitt im Versorgungskanal fließt“.
Die RUB hat eigenen Angaben zufolge unmittelbar nach Bekanntwerden der Werte reagiert. Noch am Abend des 22. Juni seien Mitarbeitende und Studierende informiert worden, am 23. Juni die Stadt Bochum. Die erhöhten Werte sind meldepflichtig.
Da das Wasser in den I-Gebäuden nicht mehr getrunken werden darf, verteilt die RUB seit vergangenem Freitag Trinkwasser. Die Nachfrage war so groß, dass mittlerweile darum gebeten wird, „nach Möglichkeit Wasser von zu Hause mitzubringen“. Etwas entspannt hat sich die Situation zur Versorgung mit Lebensmitteln und Speisen. Mittlerweile bietet das Akademische Förderungswerk (Akafö) in einer der beiden unmittelbar geschlossenen Cafeterien wieder Brötchen, Salate und Softdrinks an.
Bluttests für Schwangere, Stillende und Frauen mit Kinderwunsch
Obwohl laut RUB alle gemessenen Werte, der Spitzenwert beträgt 0,064 mg/l im IB-Gebäude, unter dem Bereich liegen, bei dem eine akute Bleivergiftung möglich wäre, bietet die Uni besonders vulnerablen Personengruppen Blutuntersuchungen auf Blei an. Dieses Angebot richtet sich insbesondere an Schwangere, Stillende sowie Frauen mit aktuellem Kinderwunsch.
„Sobald diese Blutwerte vorliegen, werden diese betriebsärztlich ausgewertet, bewertet – Abgleich mit Blutgrenzwerten und -Referenzwerten – und diese Personen informiert. Die Bleiblutwerte werden zusätzlich anonymisiert ausgewertet. Abhängig hiervon wäre dann zu entscheiden, ob und welchen anderen Personengruppen ebenfalls Blutuntersuchungen auf Blei angeboten werden sollen“, so Jens Wylkop.
Auch Stadt Bochum sieht aktuell niemanden gefährdet
Auch die Stadt Bochum sieht keine akute Gefährdung für Personen, die das Wasser in den I-Gebäuden in der Vergangenheit getrunken haben: „Da der gesundheitliche Leitwert für kurze Expositionen deutlich über den vorgefundenen Messwerten liegt, wird aktuell von keiner akuten Gefährdung ausgegangen.“