Bochum. Seit fünf Jahren besteht Quaz.Ruhr, die einzigartige Ausbildungsstätte für Geflüchtete in Bochum. Ob und welche Zukunft sie hat, ist ungewiss.

Angehende Elektriker, Maler und Lackierer, Maurer, Pflegekräfte und Lageristen. Etwa 4000 Frauen und Männer aus aller Herren Länder haben bislang im Sprach- und Qualifizierungszentrum „Quaz.Ruhr“ in Bochum einen – mitunter großen – Schritt in Richtung Berufsleben gemacht. Am Freitag, 16. Juni, feiert die Einrichtung – verspätet – ihren fünften Geburtstag. Ihre Zukunft indes ist noch ungewiss.

Politiker haben sich bei Quaz.Ruhr die Klinke in die Hand gegeben

Es gab Zeiten, da haben sich Politiker in der ehemaligen Opel-Ausbildungswerkstatt in Langendreer die Klinke in die Hand gegeben. Nicht zuletzt der Besuch des damaligen NRW-Integrationsministers Joachim Stamp (FDP) hat dazu beigetragen, dass die 2017 aus der Taufe gehobene Aus- und Fortbildungsstätte für Geflüchtete eine Perspektive bekommen hat. Bald danach war die Finanzierung bis 2023 gesichert.

Und nun? „Ich weiß noch nicht, wie es weitergeht“, sagt Peter Lübbert, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Gesellschaft für berufsbezogene Bildung. Sie ist eine von vier Trägern des Zentrums, das bis zum Vorjahr durch den Verein zur Unterstützung der Qualifizierung und Ausbildung von Zugewanderten (Quaz) unterstützt wird. Der Verein wurde mittlerweile aufgelöst, weil er sein Ziel erreicht habe, wie es bei der IHK Mittleres Ruhrgebiet heißt. Deren früherer Hauptgeschäftsführer Eric Weik stand an der Spitze des Vereins.

Anschubfinanzierung mit zehn Millionen Euro

Zehn Millionen Euro hatte der Bund für das zunächst auf drei Jahre angelegte Programm zur Verfügung gestellt. Weitere 1,3 Millionen Euro kamen danach vom Land NRW. Geld, das der Ausbildung und Integration vor allem von Flüchtlingen dient. Das Besondere daran: Sprach- und Berufsausbildung gehen Hand in Hand. Ein Konzept, das nach Einschätzung von Quaz-Chef Lübbert auch heute noch genau richtig ist. Ausgebildet wird in insgesamt sieben Bereichen: Pflege, Hotel und Gastronomie, Bauen, Farbe, Elektro, Metall und Logistik. „Das ist einzigartig in Deutschland“, so Quaz-Initiator Weik damals.

Bunte Geburtstagsfeier

Am Freitag, 16. Juni, wird beim Quaz.Ruhr – in eigener Sache – gefeiert: von 12 bis 18 Uhr, Sombornerstraße 84. Das Quaz wird fünf Jahre alt.

„Eingeladen sind alle, die sich für die Integration von Zugewanderten interessieren, wie auch Nachbarn, Angehörige von Mitarbeitenden und Teilnehmenden, Arbeitgeber, Politiker und Menschen, die sich nur an der Musik erfreuen möchten“, sagt Peter Lübbert. Geboten wird ein internationales Bühnenprogramm mit internationaler Musik.

„Angesichts aktueller Krisen zeigt sich, dass das Konzept des Quaz – die Kombination von Sprache lernen in differenzierten Kleingruppen und einem Einstieg in berufliche Qualifizierung – richtig war und weiter notwendig ist“, sagt Britta Anger, Bochums Sozialdezernentin. Das Quaz gehörte ursprünglich zu einer der vielen sogenannten Kernaktivitäten der Stadt, wurde aber mittlerweile, wie es heißt, „in die Eigenständigkeit entlassen“. Auch die IHK äußert sich positiv: Aus ihrer Sicht „ist die Etablierung von Quaz.Ruhr ein echter Erfolg“.

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Stadt hat Quaz „in die Eigenständigkeit entlassen“

Die Agentur für Arbeit Bochum sowie die Jobcenter Bochum und Jobcenter Herne machen sich stark für eine Fortsetzung des Programms. Alle drei „befürworten die kombinierte Maßnahme der Sprach- und Berufsförderung für unsere Kunden sehr und haben dies auch bereits formuliert“, so Anja Greiter, Sprecherin der Arbeitsagentur Bochum. Derzeit laufe ein offizielles Ausschreibungsverfahren. Diese Verfahren werden vom Regionalen Einkaufszentrum der Bundesagentur für Arbeit in Düsseldorf betreut, geprüft und durchgeführt. „Inwieweit die Maßnahme weiter besteht und welcher Maßnahmeträger dann mit der Aufgabe betreut wird, hängt von den Angeboten ab und steht somit noch nicht fest“, so Greiter.

„Gerade in der aktuellen Situation eines Fach- und Arbeitskräftemangels einerseits und gestiegener Migrationszahlen andererseits unterstützt die Landesregierung den Ansatz, Potenziale und Kompetenzen von Menschen mit Flucht- und Migrationserfahrung stärker in den Arbeitsmarkt einzubinden“, heißt es dazu im Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) des Landes Nordrhein-Westfalen. Bis zum 31. August läuft die Förderung aus Düsseldorf noch. „Im Hinblick auf eine mögliche weitere Förderung der Maßnahme steht das MKJFGFI in Kontakt mit Quaz.Ruhr“, so Sprecher Hennig Severin.

Sprache und Beruf werden gleichzeitig gelehrt

Mittlerweile werden in der Werkstatt nicht mehr nur Geflüchtete ausgebildet. Auch Zugewanderte, die mitunter schon seit vielen Jahren in Bochum und Umgebung leben, die deutsche Sprache aber nur bedingt beherrschen, gehören zu den Teilnehmern der mehrmonatigen Kurse. „Bewährt hat sich vor allem auch, dass alles bei uns unter einem Dach stattfindet“, so Lübbert. Auch das Jobcoaching sowie eine sozialpädagogische Betreuung, die Partner aus der freien Wohlfahrtspflege übernehmen, werden in Langendreer angeboten.