Bochum-Mitte. Floristin Rita Reichstein verkauft seit 50 Jahren Pflanzen in Bochum, war Inhaberin von „Blumen von Marlene“. Jetzt geht sie in den Ruhestand.

„120 Deutsche Mark“ steht fein säuberlich und von Hand geschrieben im Lohnkontenbuch von 1972 des Bochumer Blumenladens „Blumen von Marlene“. Monat: August. Mitarbeiterin: Rita Baltruweit.

„Mein erster Lohn als Auszubildende. Verrückt, oder, dass ich tatsächlich dieses historische Andenken besitze?“, freut sich Rita – mittlerweile verheiratete Reichstein – über den Kellerfund. Ein Zeitzeuge in Buchform, der den Anfangspunkt ihres beruflichen Lebens zwischen Allium und Amaryllis, Klatschmohn und Kornblume oder Zimbelkraut und Zwergflieder markiert. Im August 1972 erhielt sie ihr erstes Gehalt als Floristin, im Mai 2023 bekommt sie ihr letztes – und geht dann in den wohlverdienten Ruhestand.

Ausbildung in Bochums Blumenladen „Blumen von Marlene“

„Ich wollte immer nur Floristin werden“, sagt Rita Reichstein und findet das auch wenig verwunderlich. Schon ihre Großmutter habe einen Blumenladen geführt und dort sei sie bereits als Kind sehr oft gewesen – und liebte es. „Später, als ich älter wurde, habe ich da auch mitgeholfen und etwa Moosgestecke mitgestaltet“, blickt die 66-Jährige zurück.

Mit 16 ging sie dann in die Lehre – und zwar bei „Blumen von Marlene“, dem Bochumer Ur-Gestein der Blumenläden. Namensgeberin war die – bis heute – einzige deutsche „Miss Universe“ von 1961, Marlene Schmidt, denn deren Mutter Charlotte Schmidt gehörte damals der Laden.

Rita Reichstein blieb Blumen und Bochum immer treu

Nach ihrer Ausbildung ging Reichstein erst einmal zurück in den Familienbetrieb „Trinkhalle und Blumen am Stadtpark“, der ihre Eltern gehörte, blieb etwa sechs Jahre, wechselte dann zu „Blumen Herker“ – ebenfalls in Bochum – und wechselte von dort nach etwas mehr als 10 Jahren zurück in ihren Ausbildungsbetrieb.

Ihr erster Lohnkontenbuch hat Rita Reichstein aufgehoben. Damaliger Lohn ihn ihrem Bochumer Ausbildungsgeschäft: 120 Deutsche Mark.
Ihr erster Lohnkontenbuch hat Rita Reichstein aufgehoben. Damaliger Lohn ihn ihrem Bochumer Ausbildungsgeschäft: 120 Deutsche Mark. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Denn der damalige Inhaber Wolfgang Treppe, der bei „Blumen von Marlene“ einst die Nachfolge von Charlotte Schmidt angetreten hatte, gab die Geschäftsaufgabe bekannt. „Und da dachte ich, ach, das wäre doch schön, wenn ich den Laden übernehme, der mich ausgebildet hat“, sagt Reichstein. Und das tat sie. Gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Dirk Boutter führte sie seit 1999 den Bochumer Blumenladen.

Dekoration für den Bochumer VfL und Dortmunder Spielbank

„Floristin bedeutet übrigens so viel mehr als nur Schnittblumen verkaufen“, erklärt Reichstein. Es geht dabei um Kreativität, Stilgefühl, die neuesten Modetrends – „schließlich sind Blumen ein tolles Accessoire und sollten zu allen angesagten Styles passen“ – um Online-Versandhandel und auch um die Ausstattung von Events. So war Reichstein etwa verantwortlich für die floralen Dekorationen bei der Eröffnung der Dortmunder Spielbank Hohensyburg, bei Bällen des VfL Bochum oder auch eines Davies-Cups im Tennis.„Am liebsten war mir dabei, wenn ich viel Trubel und immer etwas zu tun hatte“, verrät die Wiemelhauserin.

Wie wird das denn dann nun im Ruhestand? „Ach“, sagt Reichstein, „da lasse ich es erst einmal ruhig angehen, ich reise ein bisschen und unternehme etwas mit meinen Enkelinnen.“ Aber für danach, deutete die Bochumer Floristin an, könne sie sich nebenbei vielleicht etwas in Richtung Stil- oder Einrichtungsberatung vorstellen. Mit Blumen, versteht sich.