Bochum-Stiepel. Weit und breit einmalig dürfte eine Ausstellung mit Miniaturporträts auf Haus Kemnade sein. Eine Bochumer Sammlerin hat sie zusammengetragen.

Auf viele neugierige Besucher stößt eine kleine, feine Ausstellung auf Haus Kemnade in Bochum: Die Bochumer Sammlerin Inge C. Rudowski zeigt hier ihre beeindruckende Kollektion von Porträtminiaturen, die sie in den letzten Jahrzehnten in mühevoller Kleinarbeit auf Auktionen und Kunstmärkten in halb Europa zusammengetragen hat. Über 400 dieser teils winzigen, aber ungeheuer detailreich gezeichneten Malereien finden sich in ihrem Besitz, den sie dem interessierten Publikum dauerhaft zur Ansicht überlassen möchte: „Jeder soll etwas davon haben“, meint sie.

Haus Kemnade in Bochum zeigt bemerkenswerte Ausstellung

Für Menschen, die sich für Geschichte und insbesondere für europäische Adelshäuser interessieren, ist diese Dauerausstellung ein Fest. Seit rund einem Jahr ist sie mittlerweile geöffnet. Regelmäßig sind Inge C. Rudowski und ihr Mann Werner vor Ort und tauschen die Artefakte in den Vitrinen gegen neue Miniaturen aus ihrer Sammlung aus, damit bei wiederkehrender Betrachtung keine Langeweile aufkommt.

Die Bochumer Kunstsammlerin Inge C. Rudowski hat im Laufe vieler Jahre eine beeindruckende Anzahl von Miniaturporträts zusammengetragen.
Die Bochumer Kunstsammlerin Inge C. Rudowski hat im Laufe vieler Jahre eine beeindruckende Anzahl von Miniaturporträts zusammengetragen. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Die Reaktionen der Besucher sind positiv, berichtet Christoph Schlierkamp vom städtischen Kulturbüro. „Viele sind überrascht von der Vielfalt und dem Detailreichtum der Ausstellungsstücke und halten sich dann viel länger in den Räumen auf als ursprünglich geplant“, erzählt er. „Eine solche Sammlung gibt es weit und breit nirgendwo zu sehen, daher kommen viele Besucher auch von weiter her.“

Zeugnisse einer vergangenen Zeit

Porträtminiaturen sind Zeugnisse einer vergangenen Zeit: Wo heute jeder die Fotos seiner Liebsten auf dem Smartphone hütet, ließen die wohlhabenden Menschen früherer Epochen winzige Malereien anfertigen. Die meisten Arbeiten stammen aus dem 16. bis 20. Jahrhundert. Oft kaum größer als ein paar Zentimeter, verzierten die Porträts schmuckvolle Ketten, Medaillons und Tabakdosen, manche wurden mit Wasserfarbe auf Elfenbein gemalt, andere mit Bleistift und Tusche auf Papier oder Porzellan. Frauen werden gern mit zierenden Broschen oder Perlenketten dargestellt, Männer mit Epauletten.

„Die Miniaturen wurden nicht gemalt, um in den großen Sälen eines Hauses präsentiert zu werden“, sagt Inge C. Rudowski. „Es sind kleine, fein gezeichnete Bildnisse von großer Intimität.“ Während diese Art von Kleinst-Kunst in Deutschland eher wenig verbreitet war, erfreute sie sich insbesondere in Großbritannien einiger Popularität.

Eine Dame in blauem Samtkleid: gemalt von Louis Francois Aubry (1767-1851).
Eine Dame in blauem Samtkleid: gemalt von Louis Francois Aubry (1767-1851). © CHISWICK

Leidenschaft für eine besondere Kunstform

Bei zahlreichen Reisen auf die britische Insel entdeckte Rudowski ihre Leidenschaft für diese besondere Kunstform: „In den dort ansässigen Auktionshäusern kommt man der Kunst oft viel näher als in den Museen, auch das Flanieren über die Antik- und Trödelmärkte ist stets eine große Freude.“

Vor fast 40 Jahr erwarb sie die erste Miniatur in London: Es war das schlichte Porträt eines Herren in schwarzem Holzrahmen. Der Maler ist unbekannt. Später ersteigerte sie im Auktionshaus Christie‘s das Porträt einer gewissen Mrs. Lane Fox: „Ich wollte mehr über Porträtminiaturen wissen, mir gefällt ihr klarer Stil.“ Viele weitere Exemplare folgten, nur bei Ebay oder anderen Internetanbietern kaufte sie nie.

Porträts von William Shakespeare und Graf Ostermann

Heute dürfte Inge C. Rudowski eine der bemerkenswertesten Sammlungen dieser wenig bekannten Kunstform weit und breit besitzen – und sie freut sich darüber, sie jetzt dauerhaft im Haus Kemnade gut aufgehoben zu wissen. Wer mit etwas Muße (und einer ausliegenden Lupe) durch die Ausstellung geht, entdeckt Porträts etwa von William Shakespeare und von dem Bochumer Heinrich Graf Ostermann, der am Zarenhof Peters des Großen in Moskau lebte.

Führungen durch die Ausstellung auf Haus Kemnade

Inge und Werner Rudowski können viel Wissenswertes über ihre Sammlung erzählen. Jetzt bieten sie erstmals Führungen durch die Ausstellung auf Haus Kemnade (An der Kemnade 10, Hattingen) an: am Sonntag, 11. Juni, sowie am Sonntag, 9. Juli, jeweils um 15 Uhr.

Zur Ausstellung ist ein großer Bildband mit zahlreichen Texten und Abbildungen erschienen, der im Haus Kemnade erhältlich ist (135 Seiten, 20 Euro). Geöffnet: Dienstag bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr, Eintritt frei.