Bochum. Bühnenbild, Solisten und Chor: Für „Prisoner of the State“ scheuen die Bochumer Symphoniker keine Mühe. Selbst der Dirigent singt kräftig mit.
So bunt und lebendig das Kulturleben in Bochum auch sein mag: Wer gerne in die Oper geht, muss dafür die Fahrt zu den umliegenden Musiktheatern in Essen, Dortmund und Gelsenkirchen antreten. Da verwundert es nicht, dass eine der ganz seltenen Gelegenheiten eines Opernbesuchs mitten in der Stadt vom Publikum zahlreich und interessiert angenommen wurde. „Prisoner of the State“ heißt das Werk des amerikanischen Komponisten David Lang, dessen deutsche Erstaufführung im Musikforum mit teils stehenden Ovationen gefeiert wird.
Jubel für Opernaufführung im Musikforum Bochum
Deutlich ist zu spüren, dass unser Konzerthaus zwar eine wunderbare Akustik und ein schmuckvolles Ambiente besitzt, für eine stattliche Opernaufführung aber sichtlich nicht gebaut wurde. Das imposante Bühnenbild, das hohe graue Gefängnismauern mit Stacheldraht zeigt, wirkt etwas in den Saal gequetscht. Das Bühnenpodest wird über die ersten Sitzreihen montiert, damit die vier Sänger überhaupt etwas Platz zum Spielen haben. Die Bühne mit Orchester und Flämischem Radiochor platzt aus allen Nähten.
Das Fehlen eines Orchestergrabens kaschieren die Symphoniker auf charmante Weise. Wie es sich für eine Opernaufführung gehört, sind die Musikerinnen und Musiker bereits auf der Bühne und spielen sich warm, während das Publikum in den Saal kommt. Mitten unter ihnen auch der frühere GMD Steven Sloane, der das Konzert im Sitzen dirigiert, damit ihn das Orchester und die Sänger gleich gut sehen können, und sichtliche Freude dabei hat.
Oper basiert auf Beethovens „Fidelio“
„Prisoner of the State“ (also Staatsgefangener) ist eine moderne und mit 75 Minuten Spieldauer recht knapp gehaltene Überschreibung von Beethovens Oper „Fidelio“. Beide Werke eint, dass sie in einem Gefängnis spielen, doch während Beethoven opulent zu Werke ging und zahlreiche Handlungsfäden miteinander verknüpfte, wirkt Langs Fassung komprimierter. Die Konflikte sind (auch in englischer Sprache) recht gut zu durchschauen und zum Klang einer wehmütigen Solotrompete schnell gelöst.
Dabei ist es vor allem der stimmstarke Gefangenenchor im Hintergrund, der das Spiel energisch nach vorn treibt. Bei einer wunderbaren Hymne im zweiten Akt schrauben sich Chor und Orchester in immer größere Höhen, während Sloane auf seinem Stuhl kräftig mitsingt. Einigen Eindruck hinterlassen auch die Solisten, die mit dem Chor eine bewundernswert geschlossene Einheit bilden. Herausragend: Alan Oke als Gouverneur und Davóne Tines als Gefängniswärter.
Das aufwendige Experiment Oper, das nur einen Abend dauerte, hat die Symphoniker in den Tagen zuvor mächtig in Wallung gebracht. Es gibt kräftigen Applaus und den Wunsch, solch ein Abenteuer bei Gelegenheit mal wieder zu versuchen.