Bochum. Die Farbschmierereien im Bochumer Stadtgebiet sind ein Dauerärgernis. Wegen ihrer Vielzahl und Anspruchslosigkeit. Jetzt traf es das Musikforum.
Diesmal hat es auch das Bochumer Musikforum erwischt. Die rötliche Fassade, die bisher verschont blieb von Farbschmierereien. Mehrere Täter besprühten in der Nacht des 14. Januar (0.20 Uhr) die Front zur Viktoriastraße mit einem großen gelben Kreuz und dem Schriftzug „Lützi“. Beides sind Solidaritätsbekundungen für den Protest in Lützerath.
Zwei Tage später rückten im Auftrag der Stadt Gebäudereiniger mit einem Hubsteiger an und entfernten die Farbe. „Aufgrund der kalten Witterung und durch den Einsatz von Steigertechnik war die Entfernung aufwendig. Die Maßnahme hat Arbeitsmittel/Personalkosten in Höhe von circa 3000 Euro verursacht“, teilt Stadtsprecherin Kirsten Ilk auf WAZ-Anfrage mit. „Es werden alle politischen und beleidigenden Schmierereien, sofern möglich, innerhalb von zwei Werktagen nach Meldung beseitigt.“
Polizei erwischt einen 23-jährigen Tatverdächtigen aus Bochum
Die Polizei hatte zeit- und tatortnah einen 23-jährigen Bochumer als Tatverdächtigen erwischt. „Aufgrund der aufgesprühten Graffiti ergibt sich ein Zusammenhang zu den aktuellen Klimaprotesten“, erklärt Polizeisprecher Marco Bischoff. Er meint Lützerath. Die Stadt hat mittlerweile einen Strafantrag gestellt und wird nach eigenen Angaben auch Schadensersatzansprüche geltend machen.
Dass ein Farbsprüher ermittelt wird, ist selten. Und dass die Sprühereien schnell wieder entfernt werden, ist ebenfalls die Ausnahme, denn vor allem private Gebäudeflächen werden besprüht. Je nach Größe des Schadens könne das mehrere Tausend Euro kosten, sagt Stephanie Vornholz, Geschäftsführerin des rund 4800 Mitglieder zählenden Vereins „Haus und Grund“ in Bochum. „Die Eigentümer ärgern sich.“
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Nur selten geht es um echte Graffiti, die einen künstlerischen Anspruch haben. Überwiegend geht es um sogenannte Tags, persönliche Signaturen von Sprühern und wahlloses Herumschmieren mit der Dose – auf Türrahmen, Garagentoren, Säulen, Stromkästen, Säulen, Brücken, Geländern… fast überall.
„Desolates und verkommenes Stadtbild“
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Ein WAZ-Leser spricht deshalb von einem „desolaten und verkommenen Stadtbild“. „Ich finde es erschreckend, dass im gesamten Innenstadtbereich, im Ehrenfeld und auch an dem prestigeträchtigen Ausbau der A 448 an nigelnagelneuen Lärmschutzwänden täglich neue großspurige Graffitischmierereien hinzukommen“, schrieb er in einem Beschwerdebrief an die Stadtspitze. „Es handelt sich hierbei um Zerstörung öffentlichen Eigentums, das mehrere Hundert Millionen Euro gekostet hat.“ Angesichts der häufigen Schriftzüge „ACAB“ („All Cops are bastards – zu Deutsch „Alle Polizisten sind Bastarde“) ärgert er sich über „linksradikale Verbrecher“ und ihren „Hass auf die Polizei“.
„Im Bereich der Oskar-Hoffmann-Straße im gesamten Ehrenfeld und auch in der Innenstadt“ gebe es „das
gleiche erbärmliche Bild“. Im Westpark treffe man sonntags Personen an, „die hemmungslos und alle Mauern und Geländer besprühen.“ Hier habe die Politik versagt. Ebenso die Justiz und die Polizei.
Haus-und-Grund-Geschäftsführerin Stephanie Vornholz berichtet von einer Hauseigentümerin in der südlichen Innenstadt, die ihr Haus vor kurzem habe renovieren lassen – und bald darauf schon wieder besprüht worden sei.
Polizei Bochum: Fallzahlen haben zugenommen
Die Polizei sagt, dass die Fallzahlen im vergangenen Jahr zugenommen hätten, allerdings auch die Aufklärungsquote. Konkrete Zahlen werden erst in einigen Wochen veröffentlicht. Im Jahr 2021 gab es auf Bochumer Stadtgebiet 587 Fälle von Sachbeschädigung durch gesprühte oder per Edding aufgetragene Farbe. Die Aufklärungsquote lag bei 11,07 Prozent.
Polizeisprecher Bischoff: „Jedes Graffiti, sofern es nicht auf besonders dafür freigegebenen Flächen gesprüht wird, erfüllt den Straftatbestand der Sachbeschädigung und wird, sofern es zur Anzeige gebracht wird, strafrechtlich verfolgt. Dazu gehören auch die ACAB-Sprühereien.“ Die Täter sind überwiegend zwischen 16 und 30 Jahre alt.
Echte Graffiti mit handwerklich-künstlerischem Anspruch sind in weiten Teilen der Bevölkerung durchaus beliebt, ja geschätzt. Deshalb will die Stadt mit dem Projekt „Hin und weg – Graffitikunst statt Schmierereien“ – ein Teil des Zukunftskonzepts „Bochum Strategie“ – weitere geeignete Flächen im gesamten Stadtgebiet finden und Graffiti-Projekte in Zusammenarbeit mit Künstlerinnen und Künstlern aus ganz Deutschland umsetzen.
Stadt Bochum sucht weitere Flächen für echte künstlerische Graffiti
Täter sprühen Nazi-Symbole in der Innenstadt
Unbekannte haben in der Zeit vom 23. bis 24. Januar an der Brückstraße, der Kortumstraße, der Massenbergstraße und dem Husemannplatz in Bochum den Gehweg und Wände mit verfassungswidrigen Symbolen besprüht. Das berichtet die Polizei.
Es handelt sich im Hakenkreuze und SS-Runen. Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt. Die Täter benutzten rosa Sprühfarbe. Die Polizei bitte um Hinweise: 0234 909 4505 oder-4441 (Kriminalwache).
Dabei handelt es sich um Flächen von städtischen Gebäuden. Dort können gezielt Motive mit einem direkten Bezug zum Umfeld entstehen und/oder eigene Ideen der Künstler einfließen. Als Beispiele nannte Stadtsprecherin Kirsten Ilk die Projekte am U-Bahnhof Bermudadreieck/Musikforum sowie an der Poststraße, der Universitätsstraße und am Konrad-Adenauer-Platz.
Gleichzeitig will die Stadt mit „Strategien und Maßnahmen“ der Zunahme von Schmierereien im öffentlichen Raum entgegenwirken und sie „schnellstmöglich entfernen, um so das Stadtbild nachhaltig aufzuwerten“. Dabei soll auch gezielt der „Mängelmelder“ der Stadt Bochum genutzt werden.