Bochum. Friedrich Kurz holte den Starlight Express vor 35 Jahren nach Bochum. Der Produzent sagt: Ohne einen Mann würde es das Musical heute nicht geben.

Zehn Jahre werde der Starlight Express in Bochum laufen. „Mindestens“, prophezeite Friedrich Kurz, als er 1988 sein Musicaltheater eröffnete. Der Schwabe lag falsch. Seit 35 Jahren strahlt der Sternenhimmel am Stadionring. Stolz sei er auf diese einmalige Wegmarke, sagt der 74-Jährige im WAZ-Gespräch und freut sich zum Starlight-Geburtstag noch immer, es allen Zweiflern gezeigt zu haben.

Für 24 Millionen Mark baute die Stadt Bochum in den 80er Jahren die Starlight-Halle am Stadionring. Sie ist bis heute maßgeschneidert für das Rollschuh-Musical von Andrew Lloyd Webber.
Für 24 Millionen Mark baute die Stadt Bochum in den 80er Jahren die Starlight-Halle am Stadionring. Sie ist bis heute maßgeschneidert für das Rollschuh-Musical von Andrew Lloyd Webber. © Stadt Bochum

35 Jahre Starlight Express: Mit „Cats“ begann der Musical-Boom

Die Karriere des Friedrich Kurz ist ebenso schillernd wie die Branche, in der er als Musical- und Theaterproduzent tätig war. 1986 holte er „Cats“ nach Hamburg. Das Meisterwerk seines langjährigen Freundes Andrew Lloyd Webber markierte den Beginn des Musical-Booms in Deutschland. Fast 15 Jahre füllten die singenden und tanzenden Katzen das Operettenhaus auf der Reeperbahn.

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Über den Erfolg sei niemand überraschter gewesen als Starkomponist Lloyd Webber, erinnert sich Friedrich Kurz, der 1990 mit dem „Phantom der Oper“ einen weiteren Kassenknüller in Hamburg etablierte. „Andrew hatte immer geglaubt, die Deutschen hassen Musicals.“ Siehe oben: So kann man sich irren.

Oberstadtdirektor: Können Sie so etwas nach Bochum bringen?

Und wie kam der Starlight Express ins Ruhrgebiet? Friedrich Kurz nennt zu allererst einen Namen: Herbert Jahofer, von 1976 bis 1990 Oberstadtdirektor in Bochum. „Ein ganz feiner Mann“, so Kurz. Und offenbar ein Musical-Fan der ersten Stunde. „Gleich zum Start 1986 hatte Jahofer ,Cats’ in Hamburg gesehen. Danach rief er mich schätzungsweise zehnmal in London an und fragte: ,Können Sie so etwas nach Bochum bringen? Wenn Sie das schaffen, bauen wir Ihnen das passende Theater.’“

Die Starlight-Rollschuhbahn (hier im Bau) musste kurz vor der geplanten Premiere „entschärft“ werden. Sie war stellenweise zu steil, Darsteller kamen zu Fall.
Die Starlight-Rollschuhbahn (hier im Bau) musste kurz vor der geplanten Premiere „entschärft“ werden. Sie war stellenweise zu steil, Darsteller kamen zu Fall. © WAZ Bochum

Zwar hätten weder sein Kumpel Andrew noch er „anfangs genau gewusst, wo Bochum eigentlich liegt“. Doch schnell war eine kühne Idee geboren. In London (Uraufführung 1984) und später am Broadway in New York fuhr Lloyd Webbers Starlight Express ordentliche Zahlen ein. Jahofers beständige Nachfragen zeigten Wirkung: „Wir gewannen die Überzeugung, dass die Metropolregion Rhein-Ruhr als Starlight-Spielstätte in Deutschland Potenzial haben könnte“, schildert Kurz.

Friedrich Kurz: Bochum war immer die einzige Option

In einem Neubau sahen Produzent und Komponist gleichsam einen entscheidenden Vorteil. Anders als in den bestehenden Theatern in England und den USA sollten die Lokomotiven-Rennen auf Rollschuhen hierzulande quer durchs Publikum führen. Auf eigenen Bahnen. Ganz nah dran an den Besuchern. Weltweit einzigartig. „Das ist für mich bis heute der Erfolgsgarant“, sagt Kurz.

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Jahofer flog zu Verhandlungen nach London. Bochum erhielt den Zuschlag. Dass Düsseldorf damals mit im Rennen gewesen sei, bezeichnet Kurz als „Märchen. Bochum war immer die einzige Option. Herr Jahofer hatte einen wesentlichen Anteil an dem Deal. Ohne ihn gäbe es Starlight in Bochum nicht.“

Im Januar 1988 übergab Oberbürgermeister Heinz Eikelbeck (rechts) symbolisch den Schlüssel des Starlight-Theaters an den Produzenten Friedrich Kurz (links). Ein halbes Jahr später ging die erste Show über die Bühne.
Im Januar 1988 übergab Oberbürgermeister Heinz Eikelbeck (rechts) symbolisch den Schlüssel des Starlight-Theaters an den Produzenten Friedrich Kurz (links). Ein halbes Jahr später ging die erste Show über die Bühne. © Stadt Bochum

Bahn war zu steil: Premiere musste um 14 Tage verschoben werden

Was folgt, ist Geschichte.

Die Stadt Bochum investiert 24 Millionen Mark in den maßgeschneiderten Bau der Musical-Halle. Kurz steuert als Produzent zwölf Millionen Mark für die Ausstattung und Technik bei. Investitionen, die in Bochum längst nicht nur Freude auslösen. Skeptiker warnen: Broadway in Bochum – passt das? Ein, zwei Jahre, dann werde der sündhaft teure Bau leer stehen. Über „Schrott auf Rädern“ lästern Kulturschaffende im Dunstkreis des Schauspielhauses. „Von einer ,Verblödungsmaschinerie’ war die Rede. Eine ungeheure Verunglimpfung des Publikums“, ärgert sich Friedrich Kurz.

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Kaum ist der Bau fertig, gibt’s eine Panne. Bei den ersten Proben stürzen mehrere Darsteller. Die Bahn ist stellenweise so steil, dass Rusty, Pearl und Co. den Halt verlieren. Ein Umbau ist nötig. „Dafür musste ich mir noch mal zwei Millionen Mark bei der Deutschen Bank leihen. Die Eröffnung musste um 14 Tage verschoben werden“, berichtet Kurz.

Bochumer Musical ist jetzt zweifacher Weltrekordhalter

Am 12. Juni 1988 ist es so weit. Im Beisein von NRW-Ministerpräsident Johannes Rau wird (Eigenwerbung)„Das rasanteste Musical im Universum“ auf die Strecke geschickt. 35 Jahre später ist der Starlight Express zweifacher Weltrekordhalter. Nach dem letzten Vorhang für das „Phantom der Oper“ im April in den USA (gleichfalls seit 1988) ist die Rollschuh-Revier-Revue aus dem Ruhrgebiet nicht nur das erfolgreichste, sondern nun auch das älteste Musical an einem Standort. Mehr als 12.850 Vorstellungen und 16 Millionen Besucher sind weltweit ungeschlagen.

Friedrich Kurz lebt heute auf der Schwäbischen Alb. Im WAZ-Gespräch erzählt er, wie er den Starlight Express nach Bochum holte.
Friedrich Kurz lebt heute auf der Schwäbischen Alb. Im WAZ-Gespräch erzählt er, wie er den Starlight Express nach Bochum holte. © Kurz

Friedrich Kurz hat den Aufstieg in Bochum nur drei Jahre begleitet. 1991 verkaufte er seine Anteile an der Produktionsgesellschaft Stella an seinen damaligen Geschäftspartner Rolf Deyle. Von einer „feindlichen Übernahme“ spricht Kurz in der Rückschau. 2002 musste die Stella AG Insolvenz anmelden und ging in der Stage Entertainment GmbH (Hamburg) auf. Starlight in Bochum wird von Mehr BB Entertainment (Düsseldorf) produziert.

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Starlight-Geschichte ist ein wichtiger Teil der Autobiografie

Am 14. Juni wird der 35. Geburtstag gefeiert. Friedrich Kurz wird daheim auf der Schwäbischen Alb einen Gruß gen Bochum entsenden. In Kürze will er seine Autobiografie veröffentlichen und hat ein Hörbuch aufgenommen. Seine Starlight-Geschichte ist ein wichtiger Bestandteil.