Bochum. Kabeldiebe haben einmal mehr den Zugverkehr von und nach Bochum lahmgelegt. Dabei setzt die Bahn schon einen Videoturm ein. Die Hintergründe.

  • Zum zweiten Mal binnen einer Woche stand der Bahnverkehr von und nach Bochum still. Am Dienstagmorgen läuft er wieder an – früher als erwartet.
  • Grund für die Störung waren Kabeldiebstahl und Kabelschäden nahe dem Bahnhof Bochum-Ehrenfeld
  • Die Deutsche Bahn überwacht die Linie nahe dem Tatort mit einem Videoturm

Kabeldiebe haben erneut den Zugverkehr von und nach Bochum lahmgelegt. Nichts ging mehr am Montag seit den frühen Morgenstunden, die Strecke zwischen Hauptbahnhof und Wattenscheid war gesperrt. Erst seit dem frühen Dienstagmorgen läuft der Verkehr wieder an – etwas früher als erwartet. Alles hing davon ab, wie schnell das Reparaturteam der Deutschen Bahn (DB) die Leitungen flicken kann.

Diebe haben es auf Kupfer abgesehen – Schaden ist größer als vor einer Woche

Ein Dutzend DB-Techniker war gestern seit dem Morgen draußen an der Strecke. Mehrere Hundert Meter vom Bahnhof Ehrenfeld in Richtung Wattenscheid entfernt hatten sie an der Südseite der sechsgleisigen Bahnstrecke zu tun. Einige Meter Kupferkabel mussten ersetzt werden, die die Diebe hatten mitgehen lassen oder beschädigt haben. Fast noch schlimmer: Repariert werden mussten auch Lichtwellenleiter-Kabel (Glasfaserkabel), die die digitale Kommunikation der Stellwerke untereinander sicherstellen.

Sie zu reparieren, scheint geradezu eine Sisyphus-Arbeit zu sein. Dutzende von Adern, die gemeinsam in einem armdicken Kabel verlaufen, wurden händisch neu miteinander verbunden. Und das dauerte. Nach Auskunft der DB waren mehrere sogenannte „Stammkabel“ mit bis zu 200 Adern betroffen, die viele Komponenten in Hauptbahnhof Bochum steuern. „Der Schaden ist im Vergleich zur vergangenen Woche größer und die Instandsetzung wird aufwändiger“, so ein Bahnsprecher.

Beschädigt wurden die Glasfaserleitungen vermutlich bei der Suche der Täter nach den Kupferkabelsträngen. Beide Stränge liegen in Kabelschächten entlang der Bahnlinie unter Schotter vergraben.

DB überwacht die Strecke seit Februar mit Videokameras

Dabei gehen die Täter offenbar ein hohes Risiko ein. Denn: Seit Februar hat die DB nahe dem Bahnhof Ehrenfeld zwischen dem Parkplatz einer Kleingartenanlage und der Bahnlinie einen mobilen Überwachungsmast aufgebaut. Mehrere Kameras, darunter offenbar auch eine 360-Grad-Kamera, sind dort angebracht. „Natürlich werden die Bilder daraus bei den Ermittlungen herangezogen“, so eine Sprecherin der Bundespolizei. Sie kündigt außerdem verstärkte Streifengänge entlang der Bahnlinie an.

Einen mobilen Überwachungsmast mit mehreren Kameras hat die Deutsche Bahn an der Bahnstrecke Essen-Bochum in der Nähe des Bahnhofs Ehrenfeld aufgestellt.
Einen mobilen Überwachungsmast mit mehreren Kameras hat die Deutsche Bahn an der Bahnstrecke Essen-Bochum in der Nähe des Bahnhofs Ehrenfeld aufgestellt. © Andreas Rorowski

Der Zugang zur Bahnstrecke ist kinderleicht. Den Schotterweg zwischen Bahngleisen und der „Gartenanlage Bahn-Landwirtschaft Unterbezirk Bochum Hbf“, der von der Bessemerstraße bis zur Hüttenstraße führt, ist für jedermann erreichbar. Täter können sich mit Fahrzeugen in beide Richtungen entfernen oder aber den Weg durch die Bahn-Kleingartenlage und die des benachbarten Kleingartenvereins Bergmannsheil nehmen.

DB Sicherheit will 500 zusätzliche Stellen besetzen

Besser schützen lassen sich die Bahnanlagen nach Auskunft der DB nicht. „Bei einem Streckennetz von rund 34.000 Kilometern mit rund 2600 Stellwerken ist eine flächendeckende und lückenlose Überwachung trotz aller Maßnahmen nicht zu gewährleisten“, so ein Bahnsprecher auf Anfrage. Das Tochterunternehmen DB Sicherheit werde 500 zusätzliche Stellen besetzen, allein 100 in diesem Jahr, jeweils weitere 200 dann 2024 und 2025. „Sie sollen vor allem an Diebstahlschwerpunkten eingesetzt werden“, so der Sprecher. Außerdem werde der Einsatz moderner Technik vorangetrieben, dazu gehören Videotürme wie der an der Bochumer Bahnstrecke sowie Wärmebildgeräte. Auch verdeckte Einsätze von Sicherheitsleuten seien möglich.

Kabeldiebstahl: Bundespolizei hofft auf Beobachtungen von Zeugen

Vor einigen Tagen hat ein ähnlicher Vorfall bereits zur eintägigen Sperrung der gesamten Bahnstrecke geführt. Bochum war mit dem Zug nicht erreichbar. „Natürlich untersuchen wir auch, ob zwischen beiden Taten ein Zusammenhang besteht“, so die Sprecherin der Bundespolizei. Wer Angaben zu möglichen Tatverdächtigen machen kann, die sich in der Nacht von Sonntag auf Montag, 8. Mai, zwischen 2.45 Uhr und 3.30 Uhr nahe den Kleingartenanlagen aufgehalten haben, soll sich bei der Bundespolizeiinspektion Dortmund unter der kostenfreien Servicenummer 0800/ 6 888 000 oder an jede andere Polizeidienststelle wenden.

Dutzende von Adern des Signalkabels müssen wieder miteinander verbunden werden. Den ganzen Montag lang konnte kein Zug von und nach Bochum fahren.
Dutzende von Adern des Signalkabels müssen wieder miteinander verbunden werden. Den ganzen Montag lang konnte kein Zug von und nach Bochum fahren. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

387 Fälle von Kabeldiebstahl allein im vergangenen Jahr

Die Schäden, die durch Kabeldiebe entstehen, sind immens: 387 Fälle wurden im vergangenen Jahr bundesweit gezählt. Der höchste Wert seit fünf Jahren. „Für Reisende der DB ergaben sich daraus rund 111.000 Verspätungsminuten. Betroffen waren 4876 Züge.“ Im überwiegenden Teil der Fälle seien dabei die Leit- und Sicherungstechnik beschädigt worden. „Obwohl die DB massiv Opfer von Buntmetalldieben wird, geht von den Diebstählen und der damit verbundenen Zerstörungen keine Gefahr für Reisende aus.“ Das System sei sicher und sorge dafür, dass Züge zum Stehen kommen.

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Der Diebstahl von Buntmetall ist offenbar sehr lukrativ; die Preise seien in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen, heißt es. Und: Die Suche nach den Tätern und dem Diebesgut gestaltet sich offenbar schwierig. „Oft wird das Diebesgut direkt ins Ausland transportiert“, so der Bahnsprecher.