Bochum. Erfreulich ist: Die Zahl der Firmeninsolvenzen in Bochum sinkt weiterhin – trotz Corona und anderer Widrigkeiten. Allerdings trügt der Schein.
Corona, Ukraine-Krieg, Inflation. Das alles kann den Unternehmen in Bochum offenbar so viel nicht anhaben. Denn: Die Zahl der Insolvenzen ist weiterhin rückläufig. Nur 92 Firmen sind im Vorjahr in die Pleite gerasselt, so wenige wie schon lange nicht mehr und nur halb so viele wie etwa 2015 (Grafik). Allerdings trügt der reine Blick in die Statistik offenbar.
Pleiterisiko in Bochum: Staatshilfen verzerren das Bild
Denn: „Durch die Staatshilfen ist das Bild komplett verzerrt“, sagt Philipp Böhme, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittleres Ruhrgebiet und Geschäftsführer von Creditreform Bochum. „Unternehmen haben in dieser Zeit sicherlich auch ein wenig gesunden können.“ Da es weiterhin mehrere negative Einflussfaktoren gibt, angefangen von hohen Energiekosten über gestörte Lieferketten bis hin zum weiter wachsenden Arbeitskräftemangel, sieht er „dunkle Wolken aufziehen“.
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Und anders als in der vom Statistischen Landesamt IT.NRW erfassten Insolvenz-Statistik spiegeln die Zahlen von Creditreform diese schwierige Gesamtlage auch wieder. So ist in Bochum die Ausfallrate im vergangenen Jahr von 1,65 auf 1,87 Prozent gestiegen. Berücksichtigt werden dabei nicht nur Firmenpleiten, sondern auch „massive Zahlungsverzüge“, die über wenige Wochen hinausreichen. Die Creditreform-Zahl basiert dabei auf Zahlen von 8248 in der Datenbank registrierten Firmen.
Auch einige große Firmen sind 2022 in Bochum in Schieflage geraten
Zum Vergleich: Auch in der gesamten Wirtschaft ist das Ausfallrisiko gestiegen, allerdings auf einem niedrigeren Niveau und mit einem weniger deutlichen Anstieg, nämlich von 1,08 auf 1,17 Prozent.
Aus Sicht von Creditreform Bochum sind es 154 Firmen, die im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden mussten oder aber, die mit ihren Zahlungen massive in Rückstand geraten sind. Dazu gehören wenige ganz große Unternehmen, wie der Autoteile-Großhändler Hess in Hiltrop und Breuer Elektromotoren aus Riemke. Aber es sind vor allem kleine und kleinste Firmen, die in eine Schieflage geraten sind. „Die sind weniger kapitalstark und anfälliger“, so Philipp Böhme.
Betroffen sind häufig kleinere Firmen und Einmann-Betriebe
Dass 16 von insgesamt 265 Firmen aus dem Bereich „Verkehr und Lagerei“ betroffen sind, und damit ein Anteil von mehr als sechs Prozent, ist angesichts der wachsenden Bedeutung auch der Logistik in Bochum nur auf den ersten Blick verwunderlich. Betroffen davon seien nämlich nicht große Logistiker, sondern vor allem kleine Betriebe, mitunter Ein-Personen-Firmen, die als Subunternehmer für Große wie etwa Amazon die Logistik auf der letzten Meile übernehmen.
Überdurchschnittlich stark betroffen sind auch das Gastgewerbe sowie wirtschaftliche, technische und sonstige Dienstleistungen.
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Forderungen allein für 2022 betragen 84 Millionen Euro
Die ausstehenden Forderungen haben dabei eine beträchtliche Höhe. Allein bei den von IT.NRW für das Jahr 2022 erfassten 92 Insolvenzen geht es um Forderungen in Höhe von etwa 84 Millionen Euro. Zum Vergleich: Bei allen weiteren etwa 550 Insolvenzen in Bochum – von Verbrauchern und ehemaligen Selbstständigen – geht es um Forderungen von etwa 33 Millionen Euro.
Im laufenden Jahr scheint der Trend anzuhalten. Zahlreiche Firmen haben in den vergangenen Monaten beim Amtsgericht einen Antrag auf Insolvenz gestellt. Immerhin geht auch Creditreform davon aus, dass die Zahl der Ausfälle wieder eher zurückgeht. Für Bochum wird in diesem Jahr „nur“ noch mit 1,81 Prozent gerechnet. Das wäre gegenüber 2022 immerhin eine leichte Verbesserung.