Bochum. Eine kuriose Aktion plant das Regieduo Hofmann & Lindholm: Innerhalb eines Jahres wollen sie ins Kunstmuseum Bochum einbrechen. Wer macht mit?
Die Idee klingt kurios: Das Bochumer Künstlerduo Hofmann & Lindholm sucht Freiwillige für ein Langzeitprojekt im Kunstmuseum in Bochum. Für die Dauer von zwölf Monaten planen die Teilnehmer gemeinsam einen Einbruch ins Museum. Die Tat soll in allen Einzelheiten vorbereitet und am Ende tatsächlich durchgeführt werden.
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Künstler wollen ins Museum Bochum einbrechen
„Wir meinen das ernst und werden es durchziehen“, verspricht der Regisseur Sven Lindholm. Wann und wie genau die Sache über die Bühne gehen soll, wird während der kommenden Treffen ausgetüftelt. Bekannt ist bislang nur: „Eines Tages werden wir hier eindringen.“
Erstes Treffen der „Provisorischen Gesellschaft“
Wer bei dem Einbruch mitmischen möchte: Das erste Treffen findet am Mittwoch, 19. April, von 19 bis 21 Uhr im Kunstmuseum (Kortumstraße 147) statt. Eine Teilnahme ist auch beim zweiten Termin am Mittwoch, 31. Mai, um 19 Uhr möglich.
Die Teilnahme ist kostenlos und ab 18 Jahren möglich. Sie erfordert keine Vorkenntnisse oder besonderen Fähigkeiten. „Jeder Erfahrungsschatz ist eine Bereicherung“, sagt Sven Lindholm.
Wer Näheres zu den Arbeiten von Hofmann & Lindholm erfahren möchte, kann dies noch bis 23. April im Forum des Kunstmuseum tun. Dort sind Videos zu „Serie Deutschland“, „Basler Unruhen“ und „Familie Weiß“ zu sehen.
Hinter dieser verwegen klingenden Kunstaktion stecken die beiden Theater- und Filmemacher Hannah Hofmann und Sven Lindholm, die seit über 20 Jahren weit über Deutschland hinaus Projekte realisieren, die nicht selten für einige Aufmerksamkeit sorgen. Ihre Arbeiten sind oft gewollt provokativ und funktionieren meist unter tatkräftiger Mithilfe von freiwilligen Helfern.
Demos und Ausschreitungen in Basel
Für Schlagzeilen sorgten etwa die „Basler Unruhen“: Im Jahr 2010 riefen Hofmann & Lindholm die Bürger in Basel dazu auf, sich unter ihrer Regie über mehrere Monate hinweg an Demonstrationen, Fackelzügen und sogar Ausschreitungen zu beteiligen. „Wir haben damals eine richtige Revolte angezettelt, inklusive Straßenblockaden und einer Besetzung des Rathauses“, erzählt Hannah Hofmann.
Der Witz dabei: Die Aktionen und Proteste richteten sich gegen gar nichts und waren komplett frei von jeglichem Inhalt. Zeitungen und Fernsehsender stürzten sich auf die „Basler Unruhen“: „Es ging nur um die Bilder in unseren Köpfen. So wurde die Aktion letztlich zu Medienkritik“, sagt Hofmann.
Künstler ließen imaginäre Familie in einer Wohnung leben
Fünf Jahre später führt das Projekt „Familie Weiß“ die beiden Kölner Künstler, die seit wenigen Jahren in Bochum leben, ins Zentrum von Stuttgart. Dort mieteten sie eine hellhörige Altbauwohnung an und ließen die dreiköpfige Familie Weiß dort einziehen. Was keiner der Nachbarn ahnte: Die Familie gab es gar nicht.
Über einen Zeitraum von zweieinhalb Monaten simulierten über 400 eingeweihte Fremde das Leben von Vater, Mutter und Kind. Ihre Geräusche etwa beim Kochen, Duschen und Verlassen der Wohnung waren exakt geplant, aber komplett fingiert. „Das war ein riesiges Täuschungsmanöver, und keiner der Nachbarn hat etwas bemerkt“, sagt Sven Lindholm, der im Studiengang „Szenische Forschung“ an der Ruhr-Uni lehrt. „Das stellte sich für uns auch die bittere Frage, wie anonym wir eigentlich mit anderen Menschen zusammenleben.“
Jetzt folgt das neue Projekt unter dem Titel „Die provisorische Gesellschaft“: In einem Jahr wird ins Kunstmuseum eingebrochen, an dem die Künstler zum ersten Mal zu Gast sind. Dass sich beide damit möglicherweise in einer strafrechtlich relevanten Zone bewegen, ist ihnen völlig klar: „Unser Ziel ist aber, dies deutlich als Kunstaktion und Performance auszuweisen und mit allen Beteiligten im Vorfeld abzustimmen“, sagt Hannah Hofmann. „Wir werden am Ende hoffentlich nicht vorbestraft sein.“
Kühnes Einbruchsprojekt hat auch einen tieferen Sinn
Die Teilnehmer treffen sich regelmäßig, um sich ganz praktisch mit der Frage zu beschäftigen, wie man sich auf unorthodoxe Weise Zugang ins Innere des Museums verschaffen könnte. „Es gilt, Observationen durchzuführen, die Lage vor Ort zu sondieren und Fluchtwege zu erkunden“, sagt Lindholm. Über allem steht die Frage, was ein Museum den Menschen heutzutage bedeutet: „Es geht auch um das Wahren und Bewahren von Kunst und darum, neue, interessante Wege ins Museum aufzuzeigen.“
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Die Museumsleitung ist über das kühne Vorhaben informiert: „Es wird sich dabei um eine symbolische und choreographierte Aktion handeln“, betont Sprecherin Leonie Böhmer. „In einem ersten Schritt suchen wir jetzt Menschen, die Lust haben, sich mit Fragen der Zugänglichkeit zum Museum zu beschäftigen. Welche Menschen kommen ins Museum und welche werden unabsichtlich ausgeschlossen?“
Dass sich möglicherweise Nachahmer an der Aktion beteiligen könnten, um später einen ganz realen Bruch ins Museum zu planen, glaubt die Sprecherin nicht: „Während der Workshops werden keine wichtigen Sicherheitsmaßnahmen verraten, die dies ermöglichen würden.“