Bochum. Am Amphibienschutzgebiet am Tippelsberg sorgen Naturschützer für sicheres Geleit für hunderte von Kröten über die Straße zu ihrem Laichplatz.
Sie sind Geburtshelfer der etwas anderen Art: Mit orangen Eimern und Plastikhandschuhen durchkämmen Diana Ostwald und Yvonne Mittelberg die Wiese an der Stembergstraße. Sie sind auf der Suche nach Kröten, die die Straße überqueren wollen, um zu ihrem Laichplatz zu gelangen. Das ist gefährlich, jederzeit könnte ein Auto kommen.
Von Mitte März bis Mitte April hat die Bergkröte Laichsaison. Das heißt, dass jeden Abend hunderte von Kröten vom nahe gelegenen Wald in den Zillertaler Teich kriechen, um dort ihre Eier zu legen. Deshalb hat eine Gruppe Ehrenamtlicher in Kooperation mit der Stadt Bochum einen Schutzzaun errichtet, um den Kröten sicheres Geleit zu bieten.
Kröten können nicht springen
Entlang der Straße hat die Stadt eine Barriere errichten lassen, um die Kröten davon abzuhalten, auf die Straße zu kriechen. „Der Zaun“ ist eine etwa 30 Zentimeter hohe grüne Stoffbahn, die mit Metallstäben befestigt ist. Im Abstand von zwei bis drei Metern sind Plastikeimer in den Boden eingelassen. Bemerkt eine Kröte das Hindernis, kriecht sie so lange weiter, bis sie in einen Eimer fällt, aus dem sie am nächsten Morgen bequem in den Teich getragen werden kann.
„Der größte Unterschied zwischen Kröten und Fröschen ist, dass Kröten nicht hüpfen können“ erklärt Diana Ostwald. Die 23-jährige studiert Biologie und Geografie an der Uni Bochum. Von der „Rettungsaktion“ hat sie über die Instagramseite ihres Studiengangs erfahren. Seitdem hilft sie mehrmals die Woche am „Zaun“ aus. „Kröten kommen nicht über die Barriere und aus den Eimern. Frösche schon.“
Diana holt eine Flasche Desinfektionsspray aus ihrem Rucksack. Vor dem Betreten der Wiese muss jeder der Anwesenden seine Schuhsohlen damit einsprühen. Damit soll verhindert werden, dass sie unabsichtlich den Bsal-Pilz ins Schutzgebiet tragen. Der Pilz hat in den vergangenen Jahren große Teile der Salamander-Population dahingerafft.
Nachts ist die Stembergstraße gesperrt
Der Einsatz beginnt jeden Abend mit dem Aufstellen einer Straßensperre. Kein Auto soll hier passieren, um Frösche oder Kröten, die über den Zaun geschafft haben, gefährlich zu werden. „Die Kröten überwintern im Wald, beispielsweise unter umgefallenen Baumstämmen. Im Frühjahr müssen wir ihnen zu ihren Laichplätzen helfen. Das ist wichtig, um die Population zu erhalten, da sie sonst stark schrumpfen würde“, sagt Alexandra Welp, Sprecherin der Nabu-Hochschulgruppe, die die Organisation des Zauns übernimmt.
Zwar ist es schon vorgekommen, dass die Straßensperre ignoriert wird, aber die Anwohnerinnen und Anwohner reagieren vor allem positiv. „Manche helfen sogar mit. Einmal, als besonders viele Kröten da waren, hat ein Nachbar das Auto stehen lassen, um mit uns die Kröten über die Straße zu tragen“ erzählt Yvonne Mittelberg.
Die 37-Jährige hilft jetzt schon seit einigen Jahren mit und weiß, wie viele Frösche man hier erwarten kann. „Es gab Tage, da haben wir fast tausend Frösche transportiert. Dann sind die Eimer bis oben voll.“ Auch dieses Jahr merkt man, dass der Schutz Früchte trägt: Fast 700 Kröten wurden täglich gezählt. Kurios ist, dass es wesentlich mehr Männchen als Weibchen sind – das ist bei Amphibien normal.
Aktion läuft noch bis zum 13. April
Die Schutzaktion läuft noch bis zum 13. April. Bis dahin werden auch weiterhin jeden Morgen und jeden Abend Umweltschützer die Eimer an der Stembergstraße kontrollieren. Für dieses Jahr ist die Laichsaison fast vorbei, aber im nächsten Jahr werden wieder helfende Hände gesucht und auch für andere Projekte sind Freiwillige gerne gesehen. Gerade wird beispielsweise versucht, eine Gruppe für Naturfotografie zu gründen. Deswegen kann sich jeder, dem der Schutz der heimischen Natur am Herzen liegt, bei der Gruppe melden und selbst zum Naturschützer werden. Kontaktiert werden kann sie über die Instagram-Seite der Nabu-Hochschulgruppe oder per E-Mail unter nabu-hochschulgruppe@rub.de.