Bochum. Als Hersteller von Spezialkehrmaschinen hat sich Brock aus Bochum einen Namen gemacht. Nun will das Unternehmen in neue Dimensionen vorstoßen.
Als Autostadt ist Bochum Teil der Geschichte – 13,7 Millionen Opel wurden hier in 52 Jahren produziert. Mit der Werksschließung 2014 war diese Kapitel beendet. Jetzt schickt sich eine noch vergleichsweise kleine Manufaktur für Spezialfahrzeuge an, ein neues Bochumer Kapitel im großen Buch der Mobilität zu schreiben: der Kehrmaschinenhersteller Brock.
Brock wurde 1993 in Bochum gegründet, nun steht die Firma vor einem Quantensprung
Mit dem Bau von jährlich etwa 150 Spezialkehrmaschinen vor allem für den Straßenbau und für Flughäfen hat sich die Firma mit ihren 180 Beschäftigten in ihrem Segment international weit über Deutschland hinaus in mehr als 25 Ländern einen Namen gemacht. Bekannt ist das Unternehmen, das 1993 von Ingo Nowakowski als Reparaturwerkstatt in Bochum gegründet wurde und das in diesem Tagen seinen 30. Geburtstag feiert, bislang aber nur Insidern. Das könnte sich schon bald ändern.
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Nach der Rückkehr aus Witten beginnt für Brock in der vor gut zwei Jahren fertiggestellten Fabrik auf dem früheren Zechengelände Robert Müser im Stadtteil Werne ein neues Zeitalter. „Man kann schon von einem Quantensprung sprechen“, sagt Thorsten Laß, einer der beiden Geschäftsführer. Denn noch in diesem Jahr wird aus dem Aufbauhersteller, der auf Modellen von Mercedes, MAN, Volvo, Isuzu und anderen großen Herstellern von Nutzfahrzeugen seine Kehrtechnik setzt, ein Komplettanbieter.
E-Kehrmaschinen werden künftig in Werne in Serie gebaut
Brock-Kehrtechnik wird künftig vor allem auf eigens dafür entwickelten Elektrofahrzeuggestellen des chinesischen Mutterunternehmens Beiqi Foton Motors gebaut. „Das hat den Vorteil, dass der teure Umbau des Lkw entfällt“, erklärt Thorsten Laß. Einer der markanten Unterschiede: Die mächtigen Batterien sind hochkant hinter der Fahrzeugkabine angebracht, dahinter bleibt genügend Platz für die technische Ausrüstung – je nach Bedarf als Kehrmaschine, Lastfahrzeug oder für andere Anwendungen. Brock könne seine Kehrmaschinenfahrzeuge damit deutlich günstiger anbieten als die Konkurrenz – und vor allem eigene Modelle in dem demnächst zentralen Markt für elektrisch angetriebene Nutzfahrzeuge anbieten.
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„Damit wollen wir auf den kommunalen Markt“, sagt Manfred Lenhart, ebenfalls Geschäftsführer von Brock. Ja mehr noch: „Wir wollen die Preis-Leistungs-Benchmark in diesem Bereich sein.“ Und sein Geschäftsführerkollege ergänzt: „Wir können Leistungsdaten abrufen und anbieten, die hat niemand im Moment am Markt. Ob die anderen dies erreichen, lassen wir mal dahingestellt.“ Das ist eine Kampfansage an etablierte Lieferanten von kommunalen Nutzfahrzeugen wie Faun und Bucher. Gegenüber ihnen wähnen sich die Bochumer nun um einige Jahre voraus.
Kommunen und ihre Firmen schaffen künftig viele E-Fahrzeuge an
Brock sucht Ingenieure und Azubis
Mit einem Marktanteil von mehr als 20 Prozent in Deutschland und etwa zehn Prozent in der EU ist Brock Kehrtechnik einer der größten Hersteller von Kehrmaschinen für die Bereiche Straßen- und Spezialbau sowie von Fahrzeugen mit Sonderlösungen, so das Unternehmen kurz nach dem Zusammenschluss mit Foton.
Um die strategische Entwicklung des Unternehmens voranzutreiben, hat Brock bereits neues Personal eingestellt. Und es will weiter wachsen. Gesucht werden Ingenieure sowie Azubis im Bereich Mechatronik und Elektronik. „Auch für das laufende Ausbildungsjahr stellen wir noch Azubis ein“, sagt Geschäftsführer Manfred Lenhart.
2017 hat Foton den deutschen Spezialanbieter gekauft. Schon ein Jahr zuvor hatte die Entwicklung einer vollelektrischen Großkehrmaschine begonnen. Seit drei Jahren wird ein Prototyp in Hamburg genutzt und zugleich auf Herz und Nieren getestet. Weitere zwei Fahrzeuge werden demnächst an die Hansestadt ausgeliefert. Viele weitere Foton Brock made in China und Bochum sollen in alle Teile der Republik folgen, derzeit nimmt Brock an der Ausschreibung von 20 Kommunen teil, die elektrisch betriebene Nutzfahrzeuge anschaffen wollen. Und: Da nicht nur die Kommunen mit ihren Technischen Betrieben, ihren Feuerwehren und anderen Bereichen, sondern auch deren Tochterunternehmen gehalten sind künftig auf saubere E-Technologie statt auf Verbrenner zu setzen, bieten sich große Absatzmöglichkeiten.
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Die technischen Voraussetzungen dafür sind am neuen Standort mit seiner hellen, 14 Meter hohen und 15.300 Quadratmeter großen Produktionshalle in Werne gelegt. Hier ist nicht nur Platz für die Lkw-Manufaktur, in der weiter vor allem Großmaschinen auf Basis diversere Herstellerfahrzeuge als Einzelstücke produziert werden, sondern sind auch zwei Linien für die E-Fahrzeugproduktion geschaffen worden. Die Serienherstellung ist die Grundlage, um die ehrgeizigen Unternehmensziele zu realisieren. „Angesichts von Lieferfristen und Konventionalstrafen bei Nichteinhaltung dieser Fristen wäre etwas andere gar nicht möglich“, so die Geschäftsführer.
Brock schickt E-Kehrfahrzeuge auf eine Road Show
Beim Gang durch die neue Halle zeigt der Geschäftsführer auf eine der beiden Straßen für die Serienproduktion. Hier rollen demnächst auch die ersten „eigenen Nutzfahrzeuge“ von Foton Brock aus der Halle. Die Bochumer werden sie im Sommer im Rahmen einer Road Show Kommunen in ganz Deutschland zeigen und hoffen, sie als Auftraggeber zu gewinnen. „Wir werden in diesem Jahr die ersten drei Modelle anbieten“, so Manfred Lenhart; „einen Sechstonner, einen 16-Tonner und einen 18-Tonner.“ Während er das sagt, surrt draußen vor der Halle ein Pritschenwagen mit den drei markanten Querstreifen des chinesischen Herstellers auf dem Frontblech vorbei.
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Brocks bisheriges Kerngeschäft, im eigenen Haus entwickelte Kehrtechnik auf Lkw-Gestelle zu setzen, bleibt; wenngleich die sogenannte Hochzeit, das Verbinden beider Elemente, künftig vor allem mit Foton-E-Fahrzeugen geschehen soll. Dazu kommt ein weiteres Standbein: Brock wird Generalimporteur für E-Chassis von Foton für die DACH-Region, d.h. für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Von hier sollen die Lastwagen made in China verkauft, Ersatzteile gelagert und der Service organisiert werden. In Werne entsteht aktuell ein Kompetenz-Service- und Schulungscenter im Bereich der Elektrifizierung von Nutzfahrzeug-Chassis. „Das ist viel Arbeit“, sagen die beiden Firmenchefs. „Aber es steckt auch enorm viel Potenzial darin.“