Bochum. Abgeordnete der Linken müssen Teile ihrer Bezüge an die Partei abgeben. Sevim Dagdelen und manche Bochumer Ratsmitglieder haben das nicht getan.
Es brodelt gewaltig hinter den Kulissen der Bochumer Linken. Und das nicht erst seit das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in der vergangenen Woche berichtet hatte, die Bochumer Linken-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen (47) zahle die vereinbarte Mandatsträgerabgabe nicht mehr. Jetzt will sie offenbar doch zahlen.
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Zur Darstellung im Spiegel erklärt die 47-jährige Bundestagsabgeordnete: „Ich führe seit Beginn meiner Abgeordnetentätigkeit im Deutschen Bundestag 2005 Mandatsträgerbeiträge an die Bundespartei ab. Es befremdet mich deshalb sehr, dass jetzt seitens der Parteispitze über die Medien der Eindruck erweckt wird, ich hätte diese Zahlungen absichtlich beendet. Mir ist weder vorab eine Nachfrage noch eine Zahlungsaufforderung der Partei zugegangen. Ich überweise die ausstehenden Beiträge.“
Fragen zu ihrem Wahlkreisbüro
Dabei betont Dagdelen in ihrer schriftlichen Mitteilung auch, dass sie kaum Hoffnung habe, „dass die Gelder dazu genutzt werden, wieder eine wirklich konsequente Friedenspolitik zu verankern, die sich gegen Waffenexporte und Wirtschaftskrieg stellt“.
Auf ihrer Homepage erklärt sie unter dem Stichwort „Transparenz“, für jedermann nachlesbar, dass sie monatlich 1312,50 Euro an den Bundesverband und 650 Euro an den Landesverband der Linken spende, hinzu kämen demnach jedenfalls weitere kleinere Spenden.
Doch es gibt weitere Kritik. Seitdem sie bereits vor Monaten ihr Wahlkreisbüro auf der Alleestraße aufgegeben hatte, weil es einem Hotelneubau weichen musste, gab es kein eigenes Wahlkreisbüro mehr. Der Versuch, gemeinsam mit der Kreispartei Räumlichkeiten in Bochum anzumieten, scheiterte aus Kostengründen. Zum 1. März habe Sevim Dagdelen nun in der Rottstraße an der Adresse des Internationalen Kulturvereins Föderation demokratischer Arbeitervereine (DIDF) ihr neues Wahlkreisbüro bezogen. Mit einem Aufkleber an der Glastür wird das dokumentiert.
Aus der Parteispitze in Bochum heraus wird dazu allerdings gefragt, ob diese Räumlichkeiten tatsächlich die Bedingungen für ein Wahlkreisbüro erfüllten, das kommunikationstechnisch und auch räumlich deutlich von anderen Mietern, in diesem Fall die DIDF, getrennt sein müsse.
Innerparteiliche Solidarität bröckelt
Überhaupt bröckelt die innerparteiliche Solidarität mit Sevim Dagdelen. Ihre Gefolgsleute in der Kreispartei sehen sich ebenfalls massiver Kritik ausgesetzt. „Wir sind ihr lange gefolgt, doch jetzt rücken viele von ihr ab“, sagt ein Mitglied der Linken, das lieber nicht genannt werden möchte.
Nach dieser Redaktion vorliegenden Informationen zahlen einige Rats- und Bezirksfraktionsmitglieder der Linken entweder gar keine oder deutlich weniger als die vereinbarten Spenden an die Kreispartei. Dabei haben alle Mandatsträger sich verpflichtet, 50 Prozent der Aufwandsentschädigung für die Ausübung des Mandats an die Partei zu spenden.
Daten und Fakten zu den Linken in Bochum
Die Partei die Linke hat in Bochum noch ungefähr 270 Mitglieder. Die innerparteilichen Querelen lassen sich bei der Mitgliederentwicklung im Kreisverband ablesen: Vor Jahresfrist gehörten der Partei in Bochum noch rund 300 Männer und Frauen an.
Der aktuelle Negativtrend lässt sich ebenfalls an den letzten Wahlergebnissen ablesen. Gaben bei der Kommunalwahl 2020 noch 6,1 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihre Stimme für die Linken ab, waren es bei der Bundestagswahl ein Jahr später nur noch 5,2 Prozent. Gerade einmal 3,1 Prozent erreichte die Partei in Bochum bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr.
Der Vorstand des Kreisverbands hat sich am vergangenen Freitag damit beschäftigt, nachdem schon auf der letzten Mitgliederversammlung deutlich gemacht worden sei, dass diese Gelder nachzuzahlen seien. Klare Worte findet dazu Kreissprecher Moritz Müller: „Die Partei benötigt dieses Geld für die politische Arbeit vor Ort. Es gibt klare Regeln. Wenn jemand nicht in der Lage sein sollte, seine Spende zu leisten, kann er das ansprechen.“ Vorstandsmitglied Sven Ratajczak wird deutlicher: „Wir fordern diese Leute auf, dass jetzt nachgezahlt wird.“
Hohmeier: Ich mache mir Sorgen um unsere Partei
Der Linken-Fraktionsvorsitzende im Rat und ehemaliger OB-Kandidat seiner Partei, Horst Hohmeier, der den Linken in Bochum seit ihrer Gründung angehört, schüttelt über die derzeitige Auseinandersetzung nur den Kopf: „Ich mache mir Sorgen um unsere Partei.“
Zuletzt hatte Sahra Wagenknecht öffentlich darüber spekuliert, in den nächsten Monaten eine Entscheidung über die Gründung einer neuen Partei zu treffen. Die Gefahr einer Spaltung sieht Horst Hohmeier derzeit vor Ort allerdings nicht. „Hier in Bochum geht es doch um konkrete Sachprobleme. Da spielen ideologische Dinge nur eine untergeordnete Rolle.“