Bochum. Eltern-Taxis sind ein Dauerproblem an Bochumer Schulen. Wer sein Kind bis vors Tor kutschiert, gefährdet aber nicht nur andere. Ein Kommentar.
Unterstellen wir einmal das Gute. Kein Vater steigt ins Auto mit dem Gedanken: „Heute bringe ich die Freunde meiner Tochter schön in Gefahr.“ Keine Mutter macht sich auf den Weg mit dem Vorsatz: „Jetzt zeige ich meinem Kind mal, wie man andere Verkehrsteilnehmer behindert!“ Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Aber: Es mit dem Auto bis zum Schultor zu karren, ist eben genau das nicht.
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Ja, der Alltag ist in vielen Familien eng getaktet. Wer berufstätig ist, hat für gemütliche Spaziergänge mit Verkehrserziehung am Morgen keine Ruhe. Wer erst ein Kind in die Schule und dann das nächste in der Kita abliefern muss, ehe er selbst zur Arbeit hetzt, sucht Effizienz. Das ist verständlich.
Der Preis fürs Eltern-Taxi: Andere bleiben auf der Strecke
Aber: Wenn jeder an sich selbst denkt, ist längst nicht an alle gedacht. Wer mit dem Familienauto Bürgersteig und Radweg vor der Schule zustellt, wer Feuerwehrzufahrten oder Verkehrsinseln blockiert, nur damit das eigene Kind möglichst wenig zu Fuß gehen muss – der handelt egoistisch, nicht fürsorglich. Der Preis fürs Eltern-Taxi bis zum Schulhof: Die anderen Verkehrsteilnehmer – die schwächsten zumal! – bleiben auf der Strecke. Die eigene Vorbildfunktion sowieso.
Die üblichen Ausreden sind so dünn. „Ich bin ja gleich wieder weg“ – hilft den Kindern, die sich in diesem Augenblick am Auto vorbeischlängeln müssen, nicht. „Ist nur eine Ausnahme“ – passiert aber gerade. „Laufen ist zu gefährlich“ – ja, warum denn nur?
Zu Fuß zur Schule: Wichtige Schritte zur Selbstständigkeit
Kinder können nur dann lernen, sich im Straßenverkehr sicher zu bewegen, wenn sie auch aktiv an diesem teilnehmen. Vom Rücksitz im SUV aus gewinnt man keine Übersicht. Früher war der Fußweg zur Grundschule selbstverständlich. Wer seinem Kind diese Erfahrung nimmt, nimmt ihm auch bedeutende Schritte zur Selbstständigkeit.
Also: Lasst die Eltern-Taxis stehen, ihr Mütter und Väter! Und wenn es ganz ohne Auto nicht geht, dann nehmt euch die Zeit, ein Stückchen entfernt von der Schule legal und sicher zu parken, um den Nachwuchs die letzten paar Hundert Meter zu Fuß gehen zu lassen. Zehn Minuten. Gut investierte Zeit – fürs eigene Kind und für alle anderen.
Hinweis der Redaktion: Dieser Kommentar ist im März 2023 erstveröffentlicht worden. Aus aktuellem Anlass haben wir ihn erneut publiziert.