Bochum. 3500 Euro für eine LP? Bei der Schallplattenbörse am Sonntag im Ruhrcongress wurde dieser Rekordpreis aufgerufen. Vinyl ist wieder im Kommen.
„The Klansmann“? Da muss selbst Ulrich Lauber passen. „Nie gehört“, sagt der 71-Jährige. Und das will ‘was heißen. Seit 35 Jahren veranstaltet Lauber Schallplattenbörsen. So auch am Sonntag im Bochumer Ruhrcongress, wo die „Klansmann“-LP mit 3500 Euro zu den teuersten angebotenen Sammlerstücken gehörte.
Die Schallplatte ist tot. So hieß es in den 90er Jahren, nachdem die CD ihren Siegeszug angetreten und die gute alte „Scheibe“ weitgehend verdrängt hatte. Ulrich Lauber hat den Niedergang miterlebt. „Die Leute haben damals reihenweise ihre Plattensammlungen zu Ramschpreisen verkauft oder ganz weggeschmissen – und den Plattenspieler gleich hinterher“, erinnert sich der Düsseldorfer.
Schallplattenbörse in Bochum: Vinyl auf dem Vormarsch
Auf seinen jährlich 35 Sammlerbörsen zwischen Saarbrücken und Oldenburg kauften damals nur noch eingefleischte Fans und Freaks ein. Presswerke wurden weltweit dichtgemacht. DVD und MP3, später Streaming- und Downloaddienste schienen dem Nischenprodukt Langrille vollends den Garaus zu machen.
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Doch vor knapp zehn Jahren geschah etwas Wundersames. Vinyl kehrte zurück. Von einer „Renaissance“ spricht Ulrich Lauber. Vor allem jüngere Konsumenten, die LPs und Singles allenfalls noch von den Eltern oder Großeltern kannten, haben Vinyl neu für sich entdeckt. Die Musikindustrie hat reagiert. „Viele Labels bringen ihre Neuerscheinungen auch als Platte heraus, längst vergriffene Vinyl-Veröffentlichungen werden wieder aufgelegt, limitierte Sondereditionen in besonders hochwertigen Pressungen angeboten“, berichtet das Branchenportal Concert Lounge. Der Marktanteil von Vinyl wird auf inzwischen sechs Prozent geschätzt.
50 Händler bieten Musik von Roy Black bis Iron Maiden
Am Sonntag finden sich unter den 800 Besuchern im Ruhrcongress entsprechend viele jüngere Musikliebhaber. Doch auch zahlreiche Oldies begeben sich auf die Suche nach ebensolchen LPs und Singles. Das Angebot der 50 Händler aus ganz Deutschland – Profis ebenso wie Hobbysammler – ist riesig. Vom Schlager bis zu Heavy Metal, von Pop bis zu Progressive, vom Krautrock bis zur Klassik werden alle Geschmäcker zehntausendfach bedient.
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Holger Warring (62) stöbert im schwarzen Leder-Outfit in einem Hardrock-Karton. Fünf LPs für zehn Euro verheißen manche Schnäppchen. Bei „Iron Maiden“ und „Saxon“ greift Warring zu. „So billig kommt man da sonst nicht ran. Da hat man die fünf Euro Eintritt schnell wieder raus.“
Dass Sgt. Pepper-Album der Beatles gibt’s für 32 Euro
Dicht umlagert sind auch die meisten anderen Stände. Auf einem Single-Cover strahlen Roy Black & Anita: „Schön ist es auf der Welt zu sein.“ Kostet zwei Euro, ebenso wie Massenware aus der LP-Kramkiste Marke „Santa Esmeralda“ und „Baccara“. Bis zu 30 Euro werden für Alben von Frank Zappa, The Who, Jethro Tull, Cream, Genesis oder den Doors aufgerufen.
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Dass originalverpackte Sgt. Pepper-Album der Beatles gibt’s für 32 Euro. Dabei haben gebrauchte LPs und Singles ihren eigenen Reiz, findet Melanie Sieg (48), eine der wenigen Frauen im Ruhrcongress-Foyer. „Ist doch herrlich, wenn’s aus den Boxen knackt. Wie früher im Partykeller der Eltern.“ Oder bis heute im Brinkhoffs im Bermudadreieck.
Geschäftsmodell soll auch in den nächsten Jahren funktionieren
Für Ulrich Lauber steht fest: Sein Geschäftsmodell wird auch in den nächsten Jahren funktionieren. 2024 will er mit seiner Börse nach Bochum zurückkehren. Vielleicht weiß er bis dahin, was es mit der 3500 Euro teuren „Klansmann“-LP auf sich hat.